Augenzeugen
vielleicht, aber immer darum bemüht, nichts zu übersehen. Wie oft schon waren scheinbare Nebensächlichkeiten zum Knackpunkt geworden.
Die Geldek’schen Firmen schrieben, so weit er das überblicken konnte, schwarze Zahlen. Eugen Geldek besaß ein Unternehmen in Kleve mit dem Namen ‹Swan›, das Sportartikel herstellte. Offenbar hatte Geldek vor sieben Jahren eine örtliche Sportschuhfabrik übernommen, die Pleite zu gehen drohte. Mit einer ordentlichen Finanzspritze und der neuen Produktpalette hatte er die Firma wieder rentabel gemacht, sogar neue Arbeitsplätze geschaffen. Weiter gab es da ein Reiseunternehmen, ‹Landlord›, das Ferien auf dem Lande anbot, und zwar nicht nur am Niederrhein, sondern auch in Belgien und England, und schließlich war da noch eine Spielhallen GmbH mit über fünfzig Läden im Ruhrgebiet.
Die dicksten Gewinne schienen vier Hoch- und Tiefbaufirmen einzufahren, jeweils eine in Kleve, Duisburg, Düsseldorf und Köln. Zumindest hatten sie in den letzten Jahren an vielen sehr großen, renommierten Objekten mitgearbeitet. Diese vier Unternehmen gehörten Martina Geldek, die übrigens Architektin war.
Wieso liefen die nicht, wie alles andere auch, auf ihren Mann? Das konnte interessant sein. Auf alle Fälle war die Frau nicht arm. Wenn sie was mit dem Mord zu tun hatte, konnte Geldgier kaum das Motiv gewesen sein.
Cox blätterte und fand Geldeks jüngstes, ambitioniertes Projekt, die Stiftung, die Opfer von Gewalttaten betreute, und dann zwei weitere Stiftungen, die etwas mit Klever Museen zu tun hatten.
Stiftungen? Was bedeutete das? Er zögerte nur kurz, dann suchte er Günthers Handynummer heraus. Warum nicht? Schließlich wurde der oft als Wirtschaftsstaatsanwalt eingesetzt und musste sich auskennen. Und wenn er schon erwartete, dass sie am Wochenende arbeiteten, musste er sich auch ein paar Fragen gefallen lassen.
«Ja!», bellte es aus dem Hörer.
Cox war es nur recht, dass er sich nicht mit Artigkeiten aufhalten musste.
Offenbar hatte sich auch Günther bereits mit Geldeks Unternehmen beschäftigt, und es war ihm gelungen, die Struktur auseinander zu tüfteln. Sein Erfolg schien ihn zu beflügeln, denn er gab für seine Verhältnisse fast schon geschwätzig seine Ergebnisse weiter und ließ sich am Ende des Gesprächs sogar zu einem Kichern hinreißen.
Peter Cox schaute auf die Uhr und stellte fest, dass er völlig aus dem Zeitplan geraten war. Er zwang sich zur Ruhe, aß sein Mittagsbrot, die täglichen zwei Stücke Toblerone-Schokolade, rauchte eine Zigarette und setzte sich dann erst an das Diagramm des Geldek’schen Imperiums. Nach drei Anläufen sah das Ganze endlich so aus, wie er es sich vorgestellt hatte. Er ging hinaus zum Kopierer, vergrößerte den Plan und war gerade dabei, ihn sorgsam an ihre Tafel zu heften, als van Appeldorn zurückkam, einen Ausdruck grimmiger Zufriedenheit im Gesicht.
«Ich zuerst diesmal», beeilte sich Cox.
«In Ordnung.» Van Appeldorn rollte seine Hemdärmel hoch; der Sommer hatte sich entschlossen, doch noch ein Intermezzo einzulegen.
«Schau dir das hier mal an.» Cox zeigte auf seine Skizze. «Günther hat mir eben die Konstruktion erklärt. Das hier sind Geldeks Firmen, das sind die Firmen seiner Frau, und dies hier sind Stiftungen, eine fürs Haus Koekkoek, eine fürs Museum Kurhaus, und eine dritte ist diese Opfergeschichte, über die wir neulich gesprochen haben. Da überall buttert Geldek Knete rein.»
Van Appeldorn betrachtete stirnrunzelnd das Diagramm und versuchte, daraus schlau zu werden. «Ohne, dass dabei was rumkommt? Das macht doch keinen Sinn. Warum sollte Geldek in Zuschussunternehmen investieren? Schließlich war er Geschäftsmann.»
«Reputation», antwortete Cox. «Ihr habt doch selbst erzählt, wie viel ihm an einer weißen Weste lag. Außerdem sind das doch nur scheinbar Zuschussunternehmen. Was meinst du, wie viel geschäftliche Kontakte man in diesen Stiftungskreisen knüpfen kann? Von den guten Beziehungen zur Stadt mal ganz abgesehen. Die bringen einem dann wieder die entsprechenden Bauaufträge für die Firmen. Und steuerlich rechnet sich so was allemal. Aber das ist alles nicht so wichtig.» Cox tippte mit dem Zeigefinger auf sein Diagramm. «Hier wird’s interessant. Da gibt es nämlich noch diese Stiftung in Liechtenstein.»
«Hat Geldek da etwa auch ein Bauunternehmen?»
«Nein, nein, das ist was ganz anderes. Günther hat mir erklärt, wie das funktioniert. Geldek ruft eine Stiftung in
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