Augenzeugen
machen.» Eigentlich war es zum Baden zu kalt.
Katharinas Augen verdunkelten sich, und sie fing an, die Marmelade vom Brötchen zu lecken. «Nein», meinte sie schließlich bestimmt. «Ich will zu Niko!»
Toppe nahm ihr das Brötchen weg. «Entweder du isst die Marmelade mit dem Brot oder du kriegst gar nichts!»
Sie legte den Kopf schief. «Okay», sie lächelte und streckte die Hand aus.
Er gab ihr das Brötchen zurück. «Du möchtest also lieber zum Ponyhof?»
«Ja, ich will zu Niko. Mit Oma und Opa!»
Toppe köpfte sein Ei.
«Gut», sagte er dann und räusperte sich. «Wenn Mama zurückkommt, fahren wir zum Ponyhof. Niko muss doch endlich mal deinen Papa kennen lernen, meinst du nicht?»
«Stimmt!» Sie strahlte, dann überlegte sie. «Niko kennt die Katharina und die Mama und die Oma und den Opa und den Clemens. Wir sind Freunde. Ponys müssen Freunde haben, ne?»
«Da hast du Recht, das glaub ich auch.»
«Clemens ist jetzt auch mein bester Freund, hat er gesagt.»
Toppe schaute alarmiert hoch. «Arbeitet Clemens auf dem Ponyhof?»
Aber Katharina plapperte schon weiter. «Melanie ist meine beste Freundin im Kindergarten und dann noch Tobias und Meike und Clemens. Aber der ist schon groß. Und die Mama ist deine beste Freundin, ne?»
Dann spitzte sie plötzlich die Ohren, ein Auto hielt vor dem Haus. «Mama!», jubelte sie, rutschte vor bis an die Stuhlkante, ließ sich zu Boden gleiten und flitzte in den Flur.
Toppe hörte den Schlüssel im Türschloss, den erstickten Aufschrei seiner Tochter: «Mami!», und ein Wimmern.
Er sprang auf, blieb aber sofort wie angewurzelt stehen.
«Meine Mama», schluchzte Katharina.
Astrid ging in die Hocke, drückte das Kind an sich und sah ihn an, Tränen in den Augen.
Er hatte ihr langes Haar geliebt, war verrückt danach gewesen.
«Ich will meine Mama!»
«Mäuschen, ich bin doch deine Mama! Das sind doch nur neue Haare. Komm, fühl mal.»
Astrid nahm Katharinas Händchen und fuhr damit über den streichholzkurzen Garçonschnitt. «Schön weich, nicht?»
«Nein! Ich will meine Mama!»
Toppe nahm seine Tochter auf den Arm, und sie versteckte ihr Gesicht in seiner Halsbeuge. Astrid hob hilflos die Hände.
«Du siehst gut aus», sagte er und trug das Kind in die Küche zurück.
«Nicht da?», rief Cox ungläubig. «Wieso ist Korten nicht da? Sie wussten doch, dass wir mit ihm sprechen wollten!»
«Falsch», erwiderte der Justizbeamte stur. «Sie haben einen Termin mit dem Sicherheitsinspektor vereinbart, und der bin ich. Davon, dass Sie auch mit Korten sprechen wollten, war nicht die Rede. Das wäre ja auch gar nicht möglich, denn Korten ist schon gestern Mittag in Urlaub gegangen. Sein Ausgang war seit langem genehmigt, und wir hatten keinen Grund, ihn zu streichen.»
«Das kann doch wohl nicht wahr sein!» Cox stieg die Zornröte ins Gesicht. «Ich erkläre Ihrem Kollegen am Telefon lang und breit, worum es geht, und der sagt mir nicht mal, dass Korten gar nicht da ist!»
«Tja, was Sie am Telefon gesagt haben, weiß ich nicht. Ich war ja nicht dabei», entgegnete der Beamte spitz.
Van Appeldorn machte eine ungeduldige Handbewegung. «Komm, lass stecken, ich hab keine Lust, mich über eure Pappnasen hier aufzuregen, jetzt ist es eh zu spät. Wann kommt Korten zurück?».
«Morgen Abend.»
Kurt Korten war noch nicht allzu lange Freigänger. Er hatte die Anstalt bisher nur an wenigen Wochenenden verlassen und war am letzten Mittwoch definitiv nicht draußen gewesen. Als Mörder und Langzeithäftling stand er in der Knasthierarchie ziemlich weit oben und war auch kein Duckmäuser, aber er hielt sich meist an die Regeln, es hatte nie grobe Verstöße gegeben. Über seine Außenkontakte gab es nicht viel zu berichten. Die freien Wochenenden verbrachte er bei seiner Mutter in Duisburg, einer anständigen Frau, die sich nie etwas zuschulden hatte kommen lassen. Theoretisch bestand natürlich die Möglichkeit, dass Korten einen früheren Mithäftling mit Geldeks Ermordung beauftragt hatte, meinte der Beamte, und sie könnten sich ja auch gleich mal die möglichen Kandidaten aufschreiben, aber im Grunde glaube er nicht daran.
«Als Korten gehört hat, dass Geldek über die Klinge gesprungen ist, war er völlig schockiert. Der hat Rotz und Wasser geheult.»
«Ach, kommen Sie», meinte van Appeldorn ungeduldig. «Der muss doch einen Riesenhass auf Geldek gehabt haben. Schließlich hat der ihn damals fallen lassen wie eine heiße Kartoffel, ihn quasi
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