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Augenzeugen

Augenzeugen

Titel: Augenzeugen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hiltrud Leenders , Michael Bay , Artur Leenders
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Haar, das er zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden hatte, war, bis auf eine schwarze Strähne über dem linken Auge, schlohweiß. Im Ohrläppchen funkelte ein Brillie.
    Auch Katharina nahm ihren Vater nicht wahr. Sie hatte heiße Backen und vibrierte vor Aufregung und Grusel – das Krokodil hatte sich gerade auf die Bühne geschlichen –, und Astrid nahm sie ganz fest in die Arme.
    Es war der Typ, der Toppe zuerst entdeckte. «Hej Assi, wenn mich nicht alles täuscht, kommt hier dein werter Lebensabschnittsgefährte.» Mit sportlichem Schwung kam er auf die Füße und tätschelte Toppe den Rücken. «Geht’s gut? Jörg Hellinghaus, wir hatten noch nicht das Vergnügen. Ihre Freundin und ich kennen uns schon seit Ewigkeiten, quasi seitdem bei uns beiden die Säfte eingeschossen sind.» Er wieherte anzüglich.
     
    Der Tag zog in einem einzigen Strudel von Bildern an Toppe vorbei: Pferde, Clowns, Kinder, Ponys, Hellinghaus, Zauberer, Clemens Böhmer, Katharina mit Niko, mit Zuckerwatte, mit einem Negerkuss auf der Nase, völlig überdreht.
    Dazwischen Astrid: «Was ist bei Escher rausgekommen?» – «Noch nichts.»
    Und er: «Was hat Eberhard gesagt?» – «Kein Wort.»
    Abends dauerte es ewig, bis Katharina endlich eingeschlafen war.
    «Ich weiß wirklich nicht, ob wir ihr das morgen nochmal antun sollen», meinte Toppe matt.
    «Aber morgen ist doch das Turnier! Meine Eltern haben für die Kleinen ganz süße Preise gestiftet, und Katharina weiß das.»
    «Schon gut.»
    «Ist was mit dir?»
    «Was soll denn sein?»
    «Ich weiß nicht, du bist irgendwie komisch. War’s denn schön mit deinen alten Freunden?»
    «Ging so. Ich glaube, ich kann so was nicht mehr, ich hab immer noch einen Brummschädel. Ist was mit dir ?»
    «Wie kommst du darauf?»
    «Mit dir und diesem Hellinghaus?»
    « Um Himmels willen, nein!»
    «Gut.»
    Sie standen im Flur mit hängenden Armen.
    Er war froh, als sie sagte: «Ich guck noch irgendwas Blödes im Fernsehen, und dann leg ich mich schlafen. Morgen wird’s nochmal turbulent.»
    «Ich gehe jetzt schon hoch, okay? Schlaf gut.»
    Sie nickte.
     
    Als Toppe sich in Eschers alte Fälle vertiefte, fiel alle Müdigkeit, alle Unruhe und Scham von ihm ab.
    Langsam kristallisierte sich ein Muster heraus. Das milde Strafmaß, das Escher für Geldek gefordert hatte, fiel keineswegs aus dem Rahmen. Menschen wie Geldek, Macher, die etwas auf die Beine stellten, halbseiden oder nicht, kamen in der Regel gut bei ihm weg. Es waren die kleinen Verbrecher, die Schwachen, die in ihrem Leben nichts auf die Reihe bekamen, gegen die Escher offenbar eine heftige Abneigung hatte.
    Toppe machte sich ein paar Notizen, blätterte um und spürte, wie sein Herzschlag ins Stolpern geriet.
    Fahrig huschte sein Blick über die Seiten, dann stürmte er die Treppe hinunter ins Wohnzimmer und brüllte: «Wusstest du, dass dein Freund gesessen hat?»
    Astrid blinzelte verwirrt. «Welcher Freund denn?»
    «Dein lieber Clemens Böhmer!»
    Sie schnappte empört nach Luft. «Er ist weder mein Freund noch mein Lieber, verdammt nochmal! Wieso überprüfst du den überhaupt?»
    «Ich hab ihn nicht überprüft. Böhmer ist in den Alina-Akten. Er gehörte zum Kreis der Verdächtigen.»
    «Was? Das kann doch nicht sein!»
    «Oh doch!»
    Sie setzte sich auf und schaltete den Fernseher aus. «Also gut, Clemens war im Knast. Und weshalb hat er gesessen? Hat er sich tatsächlich an kleine Mädchen rangemacht?»
    «Nein, nichts in der Art.» Toppe merkte, dass sein Pulsschlag sich langsam wieder normalisierte. «Böhmer war wohl mal Teilhaber in einer Gebrauchtwagenfirma. Leider hatten die sich auf geklaute Autos spezialisiert.»
    Astrid nahm sich eine Zigarette. «Und mit der Entführung kann Clemens ja wohl nichts zu tun gehabt haben, sonst liefe er heute nicht frei rum, oder? Also, was ist jetzt? Was erwartest du von mir? Soll ich Katharina von Clemens fern halten, bloß weil der irgendwann mal Mist gebaut hat?»
    «Hältst du mich wirklich für so spießig?»
    Sie zuckte die Achseln, und er knallte die Tür.
    Aus dem Kühlschrank nahm er eine Flasche Wasser mit und setzte sich wieder an den Schreibtisch. Böhmer war ein Verlierer, wie er im Buche stand. Zwei Unternehmen hatte er nach kurzer Zeit in den Sand gesetzt. Finanziert hatte er die, indem er Hypotheken auf das Haus seiner Frau aufgenommen hatte, das sie von ihrer Großmutter geerbt hatte und das danach bis unters Dach verschuldet gewesen war. Schließlich hatte Böhmer

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