Augenzeugen
Sie. Haben Sie auch Fremdenzimmer?»
«Wenn’s sein muss.»
«Ich glaube schon. Ich fürchte, ich bin nicht mehr fahrtüchtig. Also dann, ein Einzelzimmer für heute Nacht.»
«Wir haben bloß Doppel.»
«Auch gut. Wo ist das Telefon?»
«Vorm Klo.»
«Danke, und bringen Sie mir nochmal dasselbe, jetzt ist es auch schon egal.»
Astrid meldete sich nach dem ersten Klingeln. «Wo steckst du denn? Und wieso hast du dein Handy nicht eingeschaltet?»
«Ui, das hab ich gar nicht gemerkt! Hör zu, Süße, ich komm heute nicht mehr zurück. Ich übernachte hier.»
«Helmut, was ist los? Du klingst, als wärst du schrecklich betrunken.»
«Na ja», meinte er kleinlaut. «Ich hab ein paar alte Freunde getroffen. Wir sitzen in einer Kneipe, haben viel zu erzählen, ganz gemütlich. Du bist doch nicht sauer? Ich komme morgen früh gleich zum Ponyhof. Muss doch sehen, wie toll meine Kleine reitet.»
Das nächste Bier trank er in einem Zug aus, aber es half nicht viel gegen den schalen Geschmack im Mund.
Am Tresen saß jetzt eine Frau und kippte einen Weinbrand. Sie war nicht mehr ganz jung, sah aber nicht schlecht aus mit dem hüftlangen Haar, das sie mit zwei roten Kämmen zurückgesteckt hatte. Vielleicht war die Bluse ein wenig zu eng und zu tief ausgeschnitten, der Rock ein bisschen zu kurz, aber sie hatte pralle Brüste und glatte, gebräunte Beine.
Sie musterte ihn, und er erwiderte sanft ihren Blick.
Sie ließ sich vom Wirt ihr Glas wieder auffüllen, rutschte vom Barhocker und kam zu ihm herüber. «Helmut? Helmut Toppe, bist du das wirklich?»
«Ja, bin ich, aber …»
«Ich bin die Erika, weißt du nicht mehr? In der Schule war ich zwei Klassen unter dir. Und ich fand dich unheimlich süß, damals schon. Du warst so ’n ganz stiller, dunkler. Schrecklich romantisch!» Sie leckte sich die Lippen und heftete ihren Blick auf seinen Mund.
Toppe stellte irritiert fest, dass sein Körper reagierte, als sie sich jetzt dicht neben ihn setzte.
«Erzähl doch mal, was ist aus dir geworden? Wohin hat es dich verschlagen? Was machst du hier?»
«Ich wohne jetzt am Niederrhein, in Kleve.» Er spielte mit seinem Bierfilz. «Und ich bin bei der Kripo.»
«Du? Das gibt’s ja wohl nicht! So ein richtig harter Bulle. Du bist doch nicht etwa bei der Mordkommission?»
«Genau da!»
«Huch, wie gruselig! Und ich hab immer gedacht, du würdest mal Dichter oder so was. Jetzt erzähl doch!»
Er redete irgendwas, wusste, dass er lahm klang, lahm und langweilig, und merkte, dass sein Blick immer wieder zu ihrem Ausschnitt schweifte.
Sie lächelte und legte ihm unterm Tisch die Hand auf den Oberschenkel. «Du ahnst gar nicht, was ich mir damals alles so ausgemalt habe. Wie du meine Träume beflügelt hast. Du weißt schon, schwüle, feuchte Jungmädchenträume, sehr feucht manchmal …»
Toppe legte den Arm um ihre Taille und zog sie noch näher heran. Sie roch gut.
Mit einem leisen Lachen ließ sie ihre Hand ein Stück höher gleiten. «Soll ich sie dir erzählen, meine Träume?»
Er nickte und spürte, dass er alle Kontrolle verlor.
«Dann musst du mich aber erst ein bisschen in Fahrt bringen.»
Ihr Gesicht war auf einmal ganz nah. Er küsste sie. Ihre wilde Zunge schob sich sofort in seinen Mund und sie presste sich an ihn. Sie trug keinen BH.
Er küsste sie drängender und strich über ihre hart aufgerichteten Brustwarzen. Sie stöhnte auf, hielt ihn mit einer Hand zurück, während ihre andere intensiv mit seinem Schritt beschäftigt war.
«Nicht hier», flüsterte sie und rieb dabei höchst effektiv. «Hast du nicht eben ein Zimmer genommen?»
«Doch!» Wieder küsste er sie und fuhr ihr unter den Rock. Sie trug auch kein Höschen.
«Dann hol den Schlüssel. Ich geh schon mal vor. Warte!» Ihre Zunge flatterte über seine Zähne. «Beeil dich! Ich bin so scharf, dass es mir jetzt schon fast kommt.»
Vierzehn
Er hatte zweimal erbrochen, aber ihm war immer noch übel. Seine Kleider stanken nach billiger Absteige. So konnte er nicht auf dem Reiterhof erscheinen.
Also fuhr er zuerst in die Schröderstraße – das Haus war leer –, duschte, putzte die Zähne, rasierte sich und schaffte es, sich dabei nicht in die Augen zu sehen.
Astrid bemerkte seine Ankunft auf dem Hof nicht. Sie hockte, Katharina zwischen den Knien, auf dem Rasen vorm Kaspertheater und lachte ausgelassen. Der Mann neben ihr hatte seinen Arm locker um ihre Schultern drapiert. Ein Yuppietyp in T-Shirt und Leinenjackett. Sein langes
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