Augenzeugen
ruhig weiter», sagte der.
Stein machte das alles offensichtlich Freude. «Da gab es, und vermutlich gibt es den leider immer noch, einen Ring von kroatischen Menschenhändlern, der junge Frauen aus dem Ostblock, vor allem aus Rumänien und Bulgarien, an Bordelle am unteren Niederrhein verkauft hat. Der vermeintliche Drahtzieher war ein Herr Vuckovic, der in Moers-Kapellen lebt. Aufgeflogen ist die Geschichte durch einen gewitzten Standesbeamten in Kleve, dem aufgefallen war, dass er ungewöhnlich viele Eheschließungen hatte zwischen deutschen Männern und Damen aus dem Ostblock, die kein Wort Deutsch sprachen. Der Verdacht der Scheinehe lag also auf der Hand. Ein äußerst tüchtiger Kollege von Ihnen aus Wesel hat für uns die Sache wasserdicht gemacht, sodass wir den ehrenwerten Herrn Vuckovic am Wickel hatten. Dessen Anwalt, ein ziemlicher Hochkaräter, würde ich sagen, hat von Anfang an darauf bestanden, den Fall in Moers zur Verhandlung zu bringen, sodass wir den Eindruck hatten …» Stein grinste. «Drücken wir es mal so aus, dass der ein oder andere Moerser Kollege von der Bande nicht ganz unbeeinflusst war. Gernot hat natürlich mit allen Mitteln versucht, den Fall in Kleve zu behalten.»
Toppe holte seine Zigaretten aus der Tasche. «Darf ich?»
«Aber immer!» Stein schob ihm einen Zinnaschenbecher hinüber.
«Kann ich mir eine bei Ihnen schnorren?», fragte Escher. «Danke! Interessant ist übrigens: Der Fall ist später tatsächlich nach Moers gegangen und bis heute nicht zur Verhandlung gekommen.»
Toppe stutzte. «Aber wieso haben Sie ihn doch noch abgegeben?»
«Das geht auf meine Kappe», gab Stein zu. «Wir hatten zu wenig Leute. Gernot ist zwei Tage nach Alinas Verschwinden vom Dienst suspendiert worden, zwei weitere Kollegen waren krank, und wir hatten die Entführung. Wir hatten einfach nicht die Möglichkeit, ein so großes Verfahren ordentlich zu bearbeiten.»
«Und wann haben Sie den Fall abgegeben?», fragte Toppe.
«Vierzehn Tage nach Gernots Suspendierung.»
«Da lief die Rufmordkampagne in der Zeitung schon», meinte Toppe nachdenklich. «Es passt alles zusammen. Der Entführer ruft an, verlangt Geld, denn es soll wie eine echte Entführung aussehen. In Wirklichkeit will der Mann, dass Herr Escher den Fall nach Moers abgibt, weil die Bande dort einen Staatsanwalt gekauft hat. Nach zwei Tagen wird Herr Escher suspendiert und ist damit nicht mehr für die Verteilung der Verfahren zuständig, und als dieses Schmierentheater in der Presse losgeht, dürfte denen klar gewesen sein, dass er auch nicht mehr ans Gericht in Kleve zurückkehren würde.»
«So haben wir uns das auch gedacht», bestätigte Stein. «Es war sinnlos geworden, Gernot zu erpressen, deshalb kamen keine weiteren Anrufe. Ich könnte mir vorstellen, dass sie als Nächstes mich in die Mangel genommen hätten, aber anscheinend haben die nicht so schnell herausgefunden, dass ich Gernots Aufgabe übernommen hatte.»
«Und dann kam denen der Zufall zu Hilfe, Ihr personeller Engpass nämlich», schloss Toppe.
«Es gibt bei unserer schönen Konstruktion nur zwei Probleme», wandte Escher mit rauer Stimme ein. «Erstens, wenn ich für diese Kerle nicht mehr interessant war, wieso haben die dann unser Kind nach drei Tagen nicht einfach freigelassen?»
Unbehagliches Schweigen machte sich breit.
«Und zweitens, in den gesamten Unterlagen zum Frauenhandel taucht kein Deutscher auf, und der Anrufer hat Hochdeutsch gesprochen, ohne jeglichen Akzent.»
Toppe sah ihm in die Augen. «Beide Probleme werden wir lösen.»
Stein lachte leise. «Das schätze ich so an Ihnen, Herr Toppe. Ich wünschte wirklich, Sie hätten in der Soko gesessen, vielleicht wäre die Sache dann anders gelaufen.»
Toppe winkte verlegen ab. «Kann ich die Unterlagen mitnehmen?»
«Ich bitte darum! Wir haben die vollständige Akte in Moers angefordert. Sobald die kommt, schicke ich sie Ihnen per Kurier.»
Das Ehepaar Schönfelder wohnte im ersten Stock eines Vierfamilienhauses in Rindern. Der Mann war nicht zu Hause, er arbeitete als Maler und Lackierer. Frau Schönfelder war ein wenig pummelig, hatte einen blonden Pagenkopf, und ihr rundes Gesicht verriet, dass sie normalerweise gern lachte. Jetzt sah sie ein bisschen erschrocken aus, wie die meisten Leute, wenn unerwartet die Kripo bei ihnen auftauchte.
Die Wohnung erinnerte an eine Puppenstube, zierliche Möbel, bestickte Deckchen, Seidenblumen und jede Menge bunter Nippes.
Frau
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