Augenzeugen
Wehr gesetzt haben, und zwar effektiv, denn ein Biss als Abwehr hat etwas ziemlich Verzweifeltes.»
«Wenn du auf Gewebespuren unter den Fingernägeln hinauswillst, ich habe sie genommen.»
Toppe sah auf. «Danke, das ist gut, aber das meinte ich gar nicht. Ich versuche einfach nur, mir ein Bild zu machen.»
Bonhoeffer stellte sein Glas ab. «Gott sei Dank ist das nicht meine Aufgabe. Aber lass uns das hier zu Ende bringen. Du siehst ziemlich fertig aus.»
Toppe ging nicht darauf ein. Er folgte seinem Freund zum Mikroskop und ließ ihn hantieren.
«Ein Stein», meinte Bonhoeffer schließlich. «Die Tatwaffe könnte ein Stein sein. Das passt zum Frakturmuster und zu dem, was wir hier in der Wunde gefunden haben: Sandkörner, Pollen, Gras.»
«Verdammter Mist! Und ich habe den Tatort nicht bewachen lassen, keine Absperrung über Nacht, nichts!»
«Heißt das, du musst jetzt noch arbeiten?»
«Sieht ganz danach aus.»
Astrid schob die Decke zur Seite. Als sie ins Bett gegangen war, hatte sie gefroren und sich deshalb ein langes T-Shirt angezogen, aber jetzt war ihr heiß.
Viertel nach eins.
Toppe hatte angerufen, er käme später, Geldek sei offenbar erschlagen worden. Das war vor drei Stunden gewesen. Egal, er würde sie nicht wecken, heute würde er sicher in seinem eigenen Zimmer schlafen.
Sein Zimmer, ihr Zimmer, beide für gegenseitige Besuche mit ausreichend breiten Betten ausgestattet. Auf dem Hof damals, mit ihnen allen, war ihr das ganz normal erschienen, jedenfalls bis Katharina kam. Aber hier in diesem kleinen Einfamilienhaus kamen ihr die getrennten Schlafzimmer absurd vor.
Alle Häuser die sie sich angesehen hatten, waren Familienhäuser gewesen, und verdammt nochmal, warum auch nicht?
Sie fröstelte und zog sich die Decke wieder über die Schulter. Was sie aus diesem, ihrem, Zimmer machen sollte, wusste sie noch nicht. Ihr Bett stand jetzt drin, ein Kleiderkoffer, alle anderen Sachen steckten noch in den Umzugskartons im Keller.
Sie musste endlich schlafen. Um zehn vor sechs würde der Wecker klingeln, wie jeden Tag, und an den freien Wochenenden stand spätestens um halb sieben Katharina vor ihrem Bett und verlangte vollen Einsatz.
Sie drehte sich auf den Bauch. Katharinas Pony – sie musste sich morgen darum kümmern, dass jemand vom Reiterhof die Pflege übernahm. Billig war das bestimmt nicht, aber wahrscheinlich würde Papa sich das sowieso nicht nehmen lassen. Am Wochenende allerdings …
Warum sollte sie eigentlich nicht selbst wieder reiten? Zehn war sie gewesen, als sie damit angefangen hatte, und für die nächsten fünf Jahre waren Pferde ihre Welt gewesen. Durften Dreijährige eigentlich schon reiten? Sie hatte doch mal was darüber gelesen, oder? Morgen, irgendwann zwischendurch, würde sie den Kinderarzt anrufen und ihn fragen, beruhigte sie sich.
Und jetzt musste sie wirklich schlafen. Ab morgen würde sie vermutlich vor Arbeit nicht mehr wissen, wo ihr der Kopf stand. Geldek war ermordet worden. Eugen Geldek, der hatte damals auch einen Ponyhof aufmachen wollen.
Ihr allererster Fall beim KI war das gewesen, und sie hatte fast nur mit Helmut zusammengearbeitet, wochenlanges Puzzlen und Improvisieren, alles neu. Und sie hatte sich ziemlich schnell verliebt in ihren sensiblen, ernsten und sehr einsamen Chef und ihn gewollt wie nichts zuvor.
Vielleicht würde ein Glas Wasser helfen. Sie tastete nach dem Lichtschalter und verhedderte sich dabei in ihren Haaren. Es ziepte. Durch den dunklen Flur stolperte sie ins Bad, schaltete die Lampe über dem Spiegel ein und betrachtete sich nüchtern. Wenn sie morgen beim Friseur anrief, bekam sie vielleicht noch einen Termin am Samstag.
Das Wasser kam lauwarm aus der Leitung. Sie wartete ein Weilchen, füllte dann den Zahnputzbecher und setzte sich damit auf den Wannenrand. Der so sauber geputzt war. Sie lächelte. Ein Auto hielt vorm Haus, Schlüsselklirren. Leise huschte sie in ihr Zimmer zurück, schloss die Tür und legte sich wieder ins Bett.
Drei
Schon gestern Nachmittag waren vereinzelt Reporter an der Unfallstelle aufgetaucht, aber heute wartete ein ganzer Pulk von Journalisten und Fotografen auf dem Parkplatz am Präsidium, als van Appeldorn zum Dienst kam, und umringte sofort sein Auto. Er stieg aus und wandte sich entschieden dem Eingang zu, aber das beeindruckte die Leute wenig.
«Handelt es sich um einen Unfall mit Fahrerflucht?» – «Warum ist Geldek in die Pathologie gebracht worden?» – «Schildern Sie uns
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