Aura – Verliebt in einen Geist: Band 1 (German Edition)
seine Mappe zurück und zog den Reißverschluss zu. »Dann wünsche ich Ihnen viel Glück bei allem, was Sie in der nächsten Zeit so vorhaben. Besonders vor Gericht.« Er stand auf. »Bitte richten Sie Logan Keeley schöne Grüße von uns aus, wenn Sie ihm unsere Botschaft überbringen.«
Ich verstand nicht. »Welche Botschaft?«
»Entweder verschwindet er freiwillig«, Falk neigte den Kopf und lächelte freudlos, »oder wir werden ihn verschwinden lassen.«
Die nächste halbe Stunde verbrachte ich damit, nach Logan zu rufen, aber er erschien nicht. Als ich heiser zu werden begann, rief ich Dylan an.
Er meldete sich beim zweiten Klingeln. »Hey, Aura. Wie geht’s?«
»Sag Logan, dass er hinüberwechseln muss.«
»Was? Aber warum …«
»Spätestens nach dem Prozess, egal wie er ausgeht«, unterbrach ich ihn. »Wenn er sich weigert, werden die Obsidians ihn wegen des begründeten Verdachts, dass er zum Schatten mutieren wird, festnehmen.«
Am anderen Ende blieb es einen Moment lang still. »Woher wissen sie das?«
»Sie überwachen sein Vibrationsprofil. Ich habe gerade schon versucht, Logan zu erreichen, aber er hat mich nicht gehört oder will mich nicht hören. Also musst du ihn warnen.« Ich gab ihm eine stark gekürzte Fassung von Agents Falks Besuch bei mir wieder.
»Wie sahen die Typen aus?«, fragte Dylan. »Hatten sie schwarze Uniformen an und völlig beknackte Ponyfrisuren?«
»Ja, genau. Woher weißt du das?«
»Sie stehen vor unserer Haustür.«
Mein Herz machte einen Satz. »Ist Logan bei euch?«
»Nein. Ich bin allein.«
»Dann lass sie rein. Bestimmt wollen sie dir das Gleiche sagen wie mir. Aber bleib ruhig und provozier sie nicht, okay?«
»Verstanden.« Dylans Stimme klang plötzlich so erwachsen und vernünftig, dass ich richtig stolz auf ihn war.
»Und … sag Logan bitte, dass ich ihn liebe.«
»Mache ich«, versprach er und verabschiedete sich.
Ich legte das Telefon vor mich auf den Tisch und starrte es an, wie ich es früher immer getan hatte, wenn ich darauf gewartet hatte, dass Logan anrief.
An manchen Abenden war er so sehr mit seiner Musik beschäftigt gewesen, dass er es vergessen hatte, und dann hatte ich lange wach gelegen und mich gefragt, ob er mir überhaupt jemals ganz gehören würde.
Bald würde er niemandem mehr gehören.
Zweiundzwanzigstes Kapitel
Ich saß im Zeugenstand und konnte mich nur mit Mühe beherrschen, einen Kuli unter meinen Knieverband zu schieben und mich ausgiebig zu kratzen. Die langsam verheilenden Schürfwunden juckten wie verrückt. Um mich abzulenken, sah ich mich in dem Saal um, in dem ich in den vergangenen Jahren unzählige Male am Dolmetscherpult gesessen hatte.
Aber diesmal war ich hier, um für mich selbst zu sprechen.
Ein rotes Licht über den Türen zeigte an, dass die BlackBox aktiviert war. Sie würde erst am nächsten Tag ausgeschaltet werden, wenn Logan mit seiner Aussage dran war. Ich schlüpfte aus meinem rechten Schuh und tastete mit dem großen Zeh nach der runden Vertiefung im Boden, in die morgen die Quarzscheibe des Lokalisators eingesetzt werden würde, um ihn in den Gerichtssaal zu rufen.
Dylan hatte mir erzählt, dass Logan sehr bestürzt reagiert und sich in sein altes Zimmer zurückgezogen hätte, nachdem er die Warnung der Obsidians an ihn weitergegeben hatte. Ich selbst hatte ihn seitdem nicht mehr gesehen oder gesprochen.
Der Richter nickte Tante Gina zu, die aufstand und zum Zeugenstand trat, um mich zu befragen. Sie trug ein lindgrünes Kostüm und lächelte mich freundlich, aber zugleich distanziert an. Da der Richter und die Geschworenen wussten, dass ich ihre Nichte war, wollte sie auf gar keinen Fall den Eindruck erwecken, sie würde mich deswegen mit Samthandschuhen anfassen. Ich war nervös. Zwar hatte ich sie bei Gericht schon oft in ihrer Rolle als Kreuzritterin der Gerechtigkeit erlebt, aber als Zeugin von ihr befragt zu werden, war eine komplett neue Situation für mich.
»Ich würde gern mehr über das erfahren, was sich am frühen Abend des achtzehnten Oktober ereignet hat. Hast du Logan Keeley an dem betreffenden Freitag unmittelbar nach dem Konzert gesehen?«
Ich holte tief Luft und versuchte auszublenden, dass in dem bis auf den letzten Stuhl besetzten Gerichtssaal zahlreiche Journalisten und Blogger saßen, die nur darauf warteten, irgendwelche schlüpfrigen Details verbreiten zu können. Den Geschäftsführer von Warrant Records, der in seinem teuren Anzug neben seinen Anwälten saß
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