Aura – Verliebt in einen Geist: Band 1 (German Edition)
Schatten nie wieder freigelassen werden?«
»Nach allem, was wir bislang über Schatten wissen, stellen sie eine Gefahr für die Allgemeinheit dar, weshalb beschlossen wurde, dass eine zeitlich unbegrenzte Sicherungsverwahrung im Moment die beste Lösung für das Problem ist.«
»Das bedeutet, dass sie für immer verschwinden«, flüsterte ich und sah den anderen Agenten an. »Ist es so?«
Seine Augen blickten so kalt und klar wie der Kristall, den er in der Hand hielt. »Wir müssen unsere Kinder schützen.«
Die Stimme sickerte wie eisiges Wasser in jede Pore meines Bewusstseins.
»Ich weiß, dass Schatten gefährlich sind«, fuhr ich an Agent Falk gewandt fort. »Aber was wäre, wenn wir ihnen helfen könnten, wieder zu Geistern zu werden?«
»Sie glauben, dass man sie resozialisieren kann?« Falk zog skeptisch die Brauen hoch. »Das wäre, als würde man versuchen, einem tollwütigen Hund beizubringen, einen Blinden zu führen.«
»Was haben Sie denn schon für eine Ahnung von Geistern oder Schatten?«, gab ich aufgebracht zurück. »Ohne uns Post-Shifter wüssten Sie doch nicht einmal, dass sie überhaupt existieren!«
»Das mag sein, aber Tatsache ist nun mal, dass wir mittlerweile über sie Bescheid wissen und eigene Möglichkeiten entwickelt haben, um mehr über sie herauszufinden. Und das werden wir – ob mit oder ohne Hilfe der Post-Shifter.« Er kniff seine eng stehenden braunen Augen zusammen. »Wenn Logan Keeley friedlich hinüberwechselt, stellt er keine Bedrohung mehr dar, insofern würden wir es sehr begrüßen, wenn Sie ihn dahingehend beeinflussen würden.«
»Da überschätzen Sie meinen Einfluss auf ihn. Wenn seine Familie den Prozess gewinnt, wird er hinüberwechseln, wenn nicht …«
»Wenn nicht, wird er zu dem, was wir behördenintern als ›gefährdetes Objekt‹ bezeichnen. Seine Schattenmutation ist bereits zu weit fortgeschritten, als dass wir es ihm gestatten könnten, sich weiterhin frei zu bewegen.«
Ich stellte mir vor, wie Logans Geist in ein schwarzes Kästchen gesperrt in irgendeinem versiegelten Gewölbe des DMP vor sich hin vegetierte. Jahrelang, Jahrzehntelang, vielleicht sogar für immer. Der Gedanke erfüllte mich mit einer solch ohnmächtigen Wut, dass ich fast selbst das Gefühl hatte, zum Schatten zu mutieren.
»Bitte …«, flehte ich mühsam beherrscht. »Logan ist ein guter Mensch. Er würde niemals jemandem gefährlich werden. Er ist manchmal nur ein bisschen aufbrausend, das ist alles.« Ich wandte mich noch einmal an den anderen Agenten. »Stellen Sie sich vor, er wäre Ihr Sohn oder Ihr Bruder, würden Sie ihm dann nicht auch eine Chance geben wollen?«
»Herrgott, das ist doch genau das, was wir mit diesem Besuch bei Ihnen tun«, brauste Falk auf. Er räusperte sich und glättete eine unsichtbare Falte in seiner schwarzen Uniform, bevor er in ruhigerem Tonfall hinzufügte: »Wir möchten Sie bitten, positiv auf ihn einzuwirken und davon zu überzeugen, dass es besser für ihn ist, hinüberzuwechseln.«
»Aber warum?« Ich war verwirrt und hatte Angst. »Warum nehmen Sie ihn nicht gleich fest, wenn Sie der Meinung sind, dass er ein Sicherheitsrisiko darstellt? Warum helfen Sie mir und ihm?«
»Nun.« Agent Falk zog das Tablet zu sich, und ich widerstand nur mit Mühe dem Impuls, danach zu greifen, um mir das Foto von Logan noch ein letztes Mal anzusehen. Als hätte er es gespürt, faltete er die Hände und legte sie vor sich auf den Computer. »Der Fall hat in den Medien bereits genug Aufmerksamkeit erregt. Wenn wir Ihren Freund vor dem Prozess in Gewahrsam nehmen würden, wäre das für das Image unserer Behörde sicher nicht gerade förderlich und würde außerdem das Projekt der unbegrenzten Sicherungsverwahrung unnötig in den Fokus der Öffentlichkeit rücken. Ich will ganz offen mit Ihnen sein, Ms Salvatore. Wir können uns jetzt, wo die ersten Post-Shifter bald volljährig werden, keine negative Presse leisten. Die Rekrutierung von Nachwuchskräften gehört derzeit zu unseren obersten Prioritäten, um uns in Zukunft in die Lage zu versetzen, Geister noch besser verstehen zu können.«
»Sie meinen, um sie noch besser kontrollieren zu können.«
Falk hob die Hände und zuckte mit den Schultern, als wolle er sagen: Wenn Sie das so sehen möchten …
Ohne den Blick von ihm zu nehmen, griff ich nach meinem Mathebuch. »Ich muss noch für die Schule lernen. Wenn Sie mich jetzt entschuldigen.«
»Aber selbstverständlich.« Er schob das Tablet in
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