Aura – Verliebt in einen Geist: Band 1 (German Edition)

hätte ich mich in diese Leere hineinfallen lassen und all die Gedanken an eine Glück versprechende gemeinsame Zukunft, die uns nicht mehr vergönnt war, in der ewigen Dunkelheit versenkt. Wir hatten verloren. Für immer.
    Als Logan das Lied, das er für mich geschrieben hatte, beendet hatte, blieb er noch ein paar Minuten stumm neben mir sitzen, während denen ich nichts als meinen eigenen bebenden Atem hörte.
    Dann sagte er: »Das war es, was ich dir noch geben wollte.«
    Und verschwand.

Dreiundzwanzigstes Kapitel
    Am nächsten Tag setzte ich mich mit Megan im Gerichtssaal in die letzte Reihe.
    »Ich bin echt froh, wenn das alles vorbei ist.« Megan fächelte sich mit dem magentafarbenen Flyer, den Dylan für Logans »Übergangsshow« hatte drucken lassen, Luft zu. »Mickey ist fix und fertig mit den Nerven. Ich verstehe wirklich nicht, warum seine Eltern unbedingt diesen Prozess anzetteln mussten. Dadurch machen sie es für alle noch schlimmer und reißen die Wunde noch einmal auf. Ich hätte echt nie gedacht, dass sie so geldgeil sind.«
    »Mit Geld hat das nichts zu tun. Gina sagt, dass es ihnen vor allem darum geht, andere Nachwuchsmusiker vor Logans Schicksal zu bewahren.« Ich warf einen Blick auf die Uhr an der Wand. Zwei Minuten vor neun.
    Megan schnaubte. »Als ob man mit so einem Prozess die Welt verändern oder Plattenlabel dazu bringen könnte, sich in wohltätige Unternehmen zu verwandeln, die kein Interesse an kommerziellem Erfolg haben und naive Dummköpfe wie Logan nicht mit Versprechungen und Drogen ködern und so ihr Leben zerstören.«
    »Logan ist nicht dumm.«
    »Dass jemand intelligent ist, heißt nicht, dass er nicht auch dumm sein kann.«
    Ich seufzte bloß, weil ich viel zu müde war, um mich auf Megans Schimpftirade einzulassen. Nachdem Logan gestern verschwunden war, hatte ich die ganze Nacht grübelnd wach gelegen und war mehrmals kurz davor gewesen, ihn zu rufen. Dadurch dass der Gerichtssaal völlig überheizt war, fühlte ich mich noch ausgelaugter und erschöpfter.
    Als der Gerichtsdiener um Punkt neun die Tür öffnete und der Richter eintrat, erhoben sich alle von ihren Plätzen. Ich brauchte mit meinem steifen Knie so lange, dass die anderen Anwesenden sich bereits wieder setzten, als ich endlich stand. Nachdem ich ebenfalls wieder Platz genommen hatte, sah ich, wie der suchende Blick meiner Tante durch den Saal schweifte, hob kurz die Hand und nickte ihr mit einem schwachen Lächeln zu.
    Der erste Zeuge, den Harriet Stone aufrief, war ein Toxikologe, laut dessen Gutachten die Menge und die Reinheit des in Logans Blut gefundenen Kokains im Normalfall nicht ausgereicht hätten, um einen gesunden jungen Mann seines Alters zu töten. Selbst wenn er den gesamten Inhalt des Tütchens, das der Mitarbeiter der Plattenfirma ihm gegeben hatte, konsumiert hätte, hätte das lediglich einen kurzen, wenn auch intensiven Rausch zur Folge gehabt.
    Das Problem bestand darin, dass Logan zu dem Zeitpunkt, zu dem er das Kokain geschnupft hatte, bereits eine ziemlich große Menge Alkohol im Blut gehabt hatte, was in Kombination mit der Droge ein Kammerflimmern (das, was Logan als »Würmer in der Brust« beschrieben hatte) verursacht und zum Herzstillstand geführt hatte.
    Im anschließenden Kreuzverhör hob Gina erneut hervor, dass Logan noch leben könnte, wenn er kein Kokain genommen hätte. »Ist es nicht so, dass Kokain – ganz gleich in welcher Menge – im Zusammenspiel mit Alkohol potenziell tödlich sein kann?«
    »Es hat sicherlich Fälle gegeben, in denen die Mischung tödlich war«, räumte der Mediziner ein. »Besonders, wenn die Betroffenen unter einer bis dahin nicht diagnostizierten Herzschwäche litten. Doch wie hätte unser Mandant, als er Logan Keeley die Substanz gab, damit rechnen sollen, dass …«
    »Womit ein Drogendealer rechnen oder nicht rechnen muss, wenn er einem Jugendlichen Drogen zusteckt, habe ich Sie nicht gefragt, Doktor. Ich möchte nur von Ihnen wissen, ob Kokain in Kombination mit Alkohol einen plötzlich Herztod zur Folge haben kann. Ja oder Nein.«
    Der Wissenschaftler zögerte kurz. »Ja.«
    Ich ließ niedergeschlagen den Kopf hängen und wünschte mir, ich könnte diese Aussage in einen Karton packen und in eine Zeitmaschine stecken, um sie Logan als Geschenk zu seinem siebzehnten Geburtstag zu überreichen. Dieses Wissen hätte ihm das Leben retten können.
    Nachdem noch weitere Zeugen der Verteidigung gehört worden waren, wurde die Verhandlung für