Aura – Verliebt in einen Geist: Band 1 (German Edition)
plötzlich wieder einfiel, dass ich ja mit einem Jungen redete. »Ach … vergiss es. Es ist bescheuert.«
»Erzähl es mir trotzdem.«
Ich betrachtete meine Fingernägel mit dem abgekratzten schwarzen Nagellack. »Ich weiß auch nicht. Die sehen alle immer absolut perfekt aus. Von Kopf bis Fuß gestylt, als wären sie einer Modezeitschrift entsprungen. Meine Cousine Gabi ist erst zwölf, schminkt sich aber jetzt schon tausendmal professioneller als ich.« Ich sah ihn an und verdrehte die Augen. »Siehst du, ich hab dir gesagt, dass es bescheuert ist.«
»Kann es sein, dass du mich für bescheuert hältst? Ich habe nämlich den Eindruck, dass du nicht ernst nimmst, was ich sage.«
»Ich verstehe nicht, worauf du hinauswillst.«
Er öffnete das Mäppchen mit den Stiften. »Hast du vergessen, was ich zu dir gesagt habe, als wir das erste Mal bei Eowyn waren? Auf dem Parkplatz, meine ich?«
Ich errötete. »Ich habe gedacht, das würdest du nur sagen, damit ich mich besser fühle.«
Zachary sah mich nicht an, während er die Zeichenutensilien zwischen uns arrangierte. »Kann sein, aber das bedeutet nicht, dass ich es nicht auch genauso gemeint habe.«
Die Stille zwischen uns war fast körperlich spürbar, während ich über eine Antwort nachgrübelte. Wir waren hier, um an unserem Projekt zu arbeiten, und abgesehen davon, wollte ich auf gar keinen Fall mit Zachary flirten, weil ich das niemals mit meinem Gewissen hätte vereinbaren können. Logan war immer noch mein Freund, auch wenn wir nie mehr richtig zusammen sein konnten.
»Dann wohnen eure Verwandten also fast alle in Philadelphia?«, fragte Zachary.
Ich nickte, erleichtert darüber, dass er das Thema wechselte. »Sogar im selben Stadtteil. Alle außer mir und meiner Tante. Die dich übrigens kennenlernen möchte. Na ja, sie will gern wissen, mit wem ich mich nachts so herumtreibe.«
»Verstehe.« Zachary schlug das Astronomiebuch auf und knipste die rot bemalte Taschenlampe an. »Du sprichst nie über deine Eltern.«
»Meine Mutter ist kurz nach meinem dritten Geburtstag gestorben. Krebs. Meinen Vater habe ich nie kennengelernt«, erwiderte ich betont nüchtern, während ich die Mappe öffnete und einen frischen Zeichenkarton herausnahm. »Ich weiß nicht mal, wie er hieß … oder heißt, falls er noch am Leben ist.«
»Du weißt wirklich gar nichts über ihn?«
»Nein, nur dass er braune Augen hatte.« Ich klemmte den Karton auf die Unterlage.
»Woher weißt du das?«
»Ich habe braune Augen und meine Mutter hatte blaue. Braun setzt sich genetisch gegen blau durch, also muss er braune Augen gehabt haben – oder immer noch haben. Ach, egal.« Ich legte mir die Unterlage auf die Knie. »Und es könnte sein, dass er Ire war.«
»Tatsächlich?« Zachary zog überrascht die Brauen hoch.
»Ja. Ich glaube, meine Mutter wurde mit mir schwanger, als sie in Irland war.« Ich deutete auf mein Gesicht. »Ich weiß schon, dass ich nicht gerade wie eine Irin aussehe. Die haben doch oft rote Haare, oder? Meine Großmutter sagt, ich würde italienischer aussehen als alle anderen aus unserer Familie zusammen. Ihre Eltern kamen aber auch aus der Toskana, und das ist in Norditalien, wo die Leute nicht ganz so dunkel sind.« Mir war es ein bisschen peinlich, so einen langen Monolog gehalten zu haben. »Aber als Europäer weißt du das wahrscheinlich.«
»Was hat deine Mutter in Irland gemacht?«
Ich hatte schon viel zu viel erzählt. »Sie ist einfach nur herumgereist. Aber jetzt haben wir genug über mich geredet. Was ist mit dir? Ich weiß, dass ihr Thanksgiving in Europa nicht feiert, aber hast du während der Feiertage irgendwas Schönes gemacht?«
Oh Gott. Ich hörte mich an wie Ginas Kollegen aus der Kanzlei, die sich immer gegenseitig fragten, wie ihr Wochenende gewesen war, obwohl man ihnen genau anmerkte, dass es sie in Wirklichkeit kein bisschen interessierte. Aber wenigstens war es ein unverfängliches Thema.
»Mein Vater hat uns einen Truthahn gebraten. Ein ziemlich kläglicher Versuch, uns den hiesigen Gebräuchen anzupassen«, erzählte Zachary. »Das Fleisch war total trocken. Dafür hat der Kürbisauflauf richtig gut geschmeckt.«
»Ach, das hätte ich fast vergessen.« Ich beugte mich über meine Tasche und zog eine weiße Pappschachtel heraus, die mit einer Schleife zugebunden war. »Ich habe dir was mitgebracht.«
Zachary sah erst die Schachtel und dann mich an, bevor er danach griff. »Was ist das?«
»Gefährliche Giftschlangen. Frag
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