Auracle - Ein Mädchen, zwei Seelen, eine Liebe (German Edition)
ich könnte stundenlang zuhören. Nach ungefähr 15 Minuten wird Taylor zappelig. Fünf Minuten später fragt sie, ob er auch andere Lieder kennt. Irgendetwas mit Text. Er schrammt ein paar Mal über die Saiten – so als wolle er die Musik vertreiben. Dann legt er seine Hand darauf und stoppt die Vibration.
»Ich kenne viele Songs«, sagt Rei. »Ich kann mir nur nicht vorstellen, dass sie dir gefallen.«
»Okay.« Taylor steht auf, nimmt ihm die Gitarre aus der Hand und lehnt sie gegen die Vordertür. »Dann lass uns was anderes machen.«
Sie geht auf ihn zu wie ein Barrakuda auf seine Beute.
Ich bin hin- und hergerissen. Ein Teil von mir will bleiben und sichergehen, dass sie am Ende nicht auch Rei beschuldigt, mehr getan zu haben, als seinen ersten Kuss zu überleben. Ein anderer Teil von mir will nach oben gehen und ihn alleine leiden lassen.
Ich entscheide, dass ich besser bleiben sollte, auch wenn es mir schwerfällt. Nach dem, was ich über Taylor weiß, könnte er vielleicht Zeugen brauchen.
Rei hat recht. Es ist so absolut seltsam, ihm dabei zuzusehen, wie er mich küsst oder besser gesagt, wie er von mir geküsst wird. Ich bin mir nicht einmal sicher, ob das, was sie machen, wirklich als Kuss gelten kann. Es sieht eher so aus, als ob sie ihren Mund an seinem Gesicht festklebt und ihm die Seele heraussaugt. Na ja, er hat nicht gewürgt oder so, als muss sie sich zumindest meine Zähne geputzt haben.
Was er jetzt wohl denkt? Er fühlt sicher, wie sie sich auf ein Bein stützt und das andere über ihn legt – als ob sie ein Pony besteigen würde. Jupp, er hat ganz sicher gespürt, wie ihr Hintern auf seinem Schoß gelandet ist. Er sieht ein bisschen panisch aus, als sie sich weiter auf seine Hüfte zubewegt. Dabei rutscht er die ganze Zeit nervös auf der Holzschaukel hin und her. Oh mein Gott! Ich fühle mich wie ein perverser Spanner!
»Au!« Rei reißt seinen Kopf zur Seite und ihre Lippen rutschen an seiner Wange ab. »Was war … hast du dir deine Zunge piercen lassen?« Er klingt gequält.
Na toll! Das sind dann wie viele? Sie hat acht Löcher in meinen Kopf gestochen?
Taylor streckt ihre Zunge heraus und wackelt mit ihr verspielt hin und her, um ihre neue Hardware zu präsentieren. Dabei sieht sie Rei mit ihrem Schlafzimmerblick an. »Habe ich. Gefällt es dir?«
»Kannst du bitte versuchen, mir damit nicht die Zähne auszubrechen?«
Sie kichert und saugt sich wieder an seinem Mund fest.
Das ist mehr, als ich ertragen kann. Vier Eier liegen im Nest der Finken, die in dem Übertopf unter dem Vordach brüten. Auf der Westseite der Veranda unter dem Wasserhahn spannt sich das fast symmetrische Netz einer Radnetzspinne. Ein Käfer hängt gut verpackt in dem Netz und wartet darauf, von der Spinne verspeist zu werden. Da ist …
»Hör auf«, sagt Rei in Taylors Mund hinein.
Was macht sie jetzt schon wieder? Sie versucht seine Hand auf meiner relativ flachen Brust zu platzieren. Aber er zieht sie zurück und legt sie wieder auf ihren Rücken.
Wo war ich gerade? Ach genau: Ein Streifenhörnchen lebt unter der Veranda. Saya und ich haben es heimlich mit Sonnenblumenkernen gefüttert, obwohl …
»
Hör sofort damit auf!
«, sagt Rei, dieses Mal ist seine Stimme lauter. Und zum tausendsten Mal zieht er seine Hand zurück.
»Rei, das macht echt keinen Spaß mit dir«, schmollt sie, während sie nach hinten greift und die Träger von ihrem Top entknotet. Jetzt hält sie die Träger nur noch in einer Hand. Während Rei sich noch von dem Schock erholt, kichert sie und fängt an, Reis Jeans aufzuknöpfen.
»HÖR AUF, TAYLOR!«
28
»Wie hast du mich gerade genannt
?
«
Sie hüpft von der Schaukel und fingert an den Trägern ihres Tops herum. Dabei weicht sie von ihm, als wäre er mit Milzbranderregern bedeckt.
Rei nimmt sich Zeit, um seine Jeans zuzuknöpfen. Offensichtlich versucht er, Zeit zu gewinnen, bevor er antwortet. »Ich habe gesagt, dass du aufhören sollst.«
Taylor schüttelt den Kopf und verknotet ihre Träger wieder. »Du Hurensohn«, zischt sie. »Wie lange weißt du schon Bescheid?«
»Ich weiß nicht, wovon du redest, Anna … «
»Hör mit dem Scheiß auf, Rei. Hast du mich nur gebeten herzukommen, um Jason von deiner kleinen Freundin fernzuhalten? Netter Versuch.« Sie dreht sich um und stürmt die Treppe hinunter.
»Warte!« Rei läuft ihr hinterher und packt sie an der Schulter.
»Fass mich nicht an.« Sie schlägt seine Hand weg. »Außer, du willst zusammen mit deinem
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