Aurora Komplott (Thriller) (German Edition)
der Welt zu Hause schien. Das Gebärdenspiel
der feingliedrigen Hände sollte wohl Erfolg im Geschäftsleben signalisieren.
Die raffinierte Durchtriebenheit ließ sich in diesem Outfit wunderbar kaschieren,
die abgrundtiefe Gefährlichkeit war diesem Kerl nicht anzusehen. Offensichtlich
war er aber nicht der Experte, sich rechtzeitig aus der Schusslinie zu bringen.
Sei es wie es sei, er war es. Dieselbe Visage, die Hanson von der Videografie
des Sonnenstudios her kannte. Keine Frage, Hanson stand seinem Widersacher Aug´
in Aug´ gegenüber. Endlich. Es war Hansons Stunde, es war die Stunde des
Jägers, süß und erregend zugleich.
Das Drehbuch der Festnahme war mit den
benachbarten Polizeikräften und seinen Leuten detailliert besprochen worden.
Hingegen ist die gesamte Choreographie des Einsatzes seit Jahren immer die
gleiche. Sie ist eingebettet in die bundeseinheitliche Polizeidienstvorschrift
(PDV) und somit festgeschrieben. Im Hotelfoyer würden in wenigen Minuten zivile
Kräfte aufgezogen sein und sich unauffällig postieren. Mit Blick auf seine
Armbanduhr war Hanson sich sicher, dass inzwischen auch die äußere Absperrung
stand und das Hotel hermetisch vom öffentlichen Verkehrsraum abgeriegelt worden
war. Umliegende Straßen und Nebenstraßen waren abgesperrt. Die innere
Absperrung in den einzelnen Hoteletagen war sicherlich ein etwas größeres
Problem für die eingesetzten Mannschaften. In einem Hotel diskret und
unauffällig die Etagen gegeneinander abzuriegeln ist fast unmöglich. Aber im
letzten Moment hatte Frau Einemann noch eine Nachricht auf Hansons Handy
gesimst, dass sich die Zielperson in der Bar aufhalte. Mit viel Glück würde man
von den Aktivitäten der Polizeikräfte im Hotel nichts merken. Den Einsatz der
SEK-Beamten konnte Hanson erst nach langer Diskussion mit den Berliner
Polizeiführern abbiegen. Mit einer Kavallerieattacke
das Hotel zu stürmen, wäre fast noch
unauffälliger, als der Einsatz dieser bis an die Zähne bewaffneten und
vermummten Rambotypen. Der Einsatzlehre war mehr als genüge getan. Darauf
hatten die Berliner Kollegen bestanden, bevor sie auf ihrem Hoheitsgebiet die
Regie und Verantwortung an Hanson abtraten.
Wo bleiben denn nur Haller und Pelka?, sorgte
sich Hanson. Sie mussten schon längst da sein. In Abständen von zwei bis drei
Minuten sollten sie folgen, sich wie zufällig einen Tisch in unmittelbarer Nähe
der Tür suchen, sich setzen und die Szenerie beobachten, um bei Gefahr
eingreifen zu können.
Hanson ging zur Theke und winkte den Barkeeper
zu sich. „Zwei Pils bitte“.
„Zwei?“, fragte dieser skeptisch zurück, als
hätte er sich verhört.
„Eins für mich, das andere für den Herrn neben
mir“.
Schukow runzelte die Stirn. Es war der Tonfall
des neuen Gastes, der ihn beunruhigte, ein Tonfall, der nur eines war:
Inquisitorisch. Schukow antwortete hohntriefend: “Können Sie mir einen Grund
nennen, warum ich dieser plumpen Einladung folgen sollte“.
„Ja, natürlich. Trinken Sie ihr Bier in aller
Ruhe, es wird für lange Zeit das letzte sein, das Sie in Freiheit genießen
können“.
Schukows Augen verengten sich zu Schlitzen, als
wollten sie herauszufinden versuchen, was der neue Gast wollte und wusste. War
er von der Polizei? Die Formulierung „ ... wird für lange Zeit des letzte
sein, das Sie in Freiheit genießen können“, hallte wie ein Echo in seinem Kopf.
Keine Frage, der Typ war von der Polizei. Vorsicht, jetzt war Vorsicht geboten,
allergrößte Vorsicht. „Wie bitte?“
Hansons Stimme wurde geschäftsmäßig. „Oberst
Schukow, Sie sind festgenommen, vorläufig festgenommen“.
„Mein Name ist nicht Schukow, sondern Wagner und
Oberst bin ich auch nicht“.
Seine Stimme klang weniger selbstbewusst als
seine Worte es sein sollten, stellte Hanson befriedigt fest. „Lassen Sie diese
Spielchen, sie liegen weit unter Ihrem Niveau, sie sind Ihrer nicht würdig. Sie
sollten erkennen, wann ihr Versteckspiel keinen Sinn mehr macht, oder wollen
Sie sich selbst zu einer tragischen Figur machen. Lassen Sie uns die
Angelegenheit wie Profis durchziehen. Ich möchte Ihnen ein Lichtbild zeigen und
erfahren, wann Sie in Kiel waren“.
Schukow fühlte Schweiß auf seiner Stirn. „Was
wollen Sie von mir? Kiel,? dort war ich noch nie in meinem Leben“, stieß er
hervor und wusste bereits, bevor seine Worte in der Bar verhallt waren, dass es
ein Riesenpatzer war, diesem ausgebufften Bullen mit einer solchen dummen Lüge
zu kommen.
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