Aurora Komplott (Thriller) (German Edition)
Gegen ein Foto ließ sich nicht argumentieren.
So, das war dein erster Fehler, dachte Hanson
erfreut. Dieses Verhaltensrepertoire ist nicht das eines Geheimdienstlers, es
passte nicht in Hansons Erwartungsraster über einen Ex-KGBler. Sollte ich
diesen Menschen überschätzt haben, dachte Hanson, ist der KGB-Mythos größer als
die Realität? Hat der Oberst noch nichts von Vernehmungstaktiken gehört? Erstes
Semester Kriminologie, wird so etwas nicht beim KGB gelehrt?
Hanson hörte Schritte hinter sich. Aus den
Augenwinklehn sah er Haller und Pelka in die Bar kommen.
„Herr Oberst, sich dumm zu stellen ist ein
Luxus, den Sie sich nicht leisten können. So können Sie sich gegen meine
Zweifel, die ich hege, nicht verteidigen. Sie sollten in Ihrer Lage mit uns
kooperieren“.
Kooperieren? Dieses Wort war kaum verklungen,
wirkte aber schon wie ein Hoffnungsanker. Schukow sah einen Silberstreif am
Horizont. War dieser Kerl doch nicht von der Polizei, sondern von der
Spionageabwehr oder irgendeinem anderen Abschirmdienst. Wollte man ihn
abschöpfen? Gut, er würde mitspielen, das war allemal besser als eine
Mordanklage. Seine linke Hand entspannte sich, der Derringer glitt wieder in
die Tiefe der Manteltasche zurück.
Hanson bedachte sein Gegenüber mit einem
verächtlichen Blick und sah wie sich der Oberst in den Kragen fasste, um seinen
Schlips zu öffnen. Doch dieser Griff brachte ihm keine Erleichterung. Dicke,
fette Schweißperlen glänzten auf seiner Stirn.
Er ist schuldig, dachte Hanson, schuldig wie die
Sünde selbst. „Oberst, Sie fangen an zu schwitzen, Schweißgeruch des Lügens
macht sich breit. Es interessiert mich schon, warum Sie es für nötig erachten,
mich bei einer solchen unverfänglichen Frage zu belügen und behaupten, noch nie
in Kiel gewesen zu sein“.
Hanson machte eine wirkungsvolle Pause. „Ich
frage mich natürlich nach der Motivation einer solchen Lüge, es bringt mich ins
Grübeln“.
Schukow nötigte sich zur Ruhe und überspielte
seine Angst mit einem smarten Lächeln. Ihm wurde qualvoll bewusst, dass der
Kerl, ob Bulle oder nicht, verschlagen war und sein Handwerk mehr als gut
verstand. „Moment mal bitte. Sie stolpern hier herein, quatschen mich von der
Seite an und faseln was von Festnahme und Kiel! Wer sind Sie eigentlich und was
wollen Sie von mir? Langsam strapazieren Sie mein Toleranzpotential. Wenn Sie
Polizist sind, stellen Sie sich bitte vor und weisen Sie sich aus. Dann, und
nur dann bin ich überhaupt bereit, mich weiter mit Ihnen zu unterhalten.
Ansonsten ist für mich die Unterredung hiermit beendet. Habe ich mich klar und
deutlich ausgedrückt?“
„Ach, Sie hätten es gern etwas genauer, Oberst?,
gähnte Hanson gelangweilt zurück und zwang sich zur äußersten Gelassenheit.
„T´schuldigung, mein Name ist Hanson, ich bin
Kriminalhauptkommissar und leite die Ermittlungen in einer Mordserie in Kiel“.
Mist, dachte Schukow, doch die Polizei. Er
spürte den bohrenden Blick des Bullen, der ihn mit Augen ansah, die
offensichtlich mehr sahen als sie sehen sollten. Wie in Gottes Namen sind die
bloß auf meine Spur gekommen? In seiner Magengrube machte sich eine unangenehme
Übelkeit breit. „Und was habe ich damit zu tun, Herrn Kommissar?“
„Gestatten Sie mir, Ihnen in dürren Worten zu
erklären, dass Sie festgenommen sind. Wir können Ihnen beweisen, dass Sie in
Kiel waren. Es existiert ein Foto, dass Sie in der Hopfenstraße zeigt, vor
einem Haus, in dem die Morde verübt wurden“. Dann nickte Hanson seinen beiden
Kollegen unauffällig zu.
Schukow sah das Nicken und den Blickkontakt, ein
Zusammentreffen der Blicke, wie ein verabredetes Zeichen. „Okay, Okay,
vielleicht ein vages, bestenfalls ein schlüssiges aber mit Sicherheit kein
zwingendes Indiz, mich wegen meiner Anwesenheit in dieser Straße in Kiel, die
ich nicht mehr bestreite, mit den Morden in Verbindung zu bringen. Wenn Sie
nichts anderes vorweisen können, dann“ - in Schukows Schläfe hämmerte es,
Mantel ausziehen, gleich erfolgt die Festnahme, die Waffe darf nicht gefunden
werden, sie wird noch gebraucht – „ja dann, stehen Sie aber mit Ihren Beweisen
auf sehr dünnem Eis. Gott sei Dank hat sich dieser Staat die
Rechtsstaatlichkeit auf die Fahnen geschrieben, in dem solche fadenscheinigen
Beweise nicht für eine Festnahme, sondern nur für den Papierkorb taugen. Sie
werden es nicht schaffen, Ihre Illusion in Realität zu verkehren, nicht in
diesem Staat“.
Na, du wirst dich noch
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