Aurora Komplott (Thriller) (German Edition)
Bekleidungskammer der Berliner Polizei gesteckt worden. Die Dienstzeit
glich der eines Bürohengstes. Keinen Wechseldienst mehr, keine Überstunden,
keine Dienste mehr an Sonn- und Feiertagen. Weihnachten, Ostern und Silvester
konnte er nun im Kreise seiner Lieben verbringen. Nein, er hatte keinen Grund
zu grollen. Um so mehr erstaunte es ihn, dass kurz vor Mitternacht am heutigen
Sonntag das Telefon klingelte und er von der Einsatzleitstelle zur
Bekleidungskammer beordert wurde. Ein Kieler Kriminalhauptkommissar würde ihn
auf der Wache erwarten, hieß es.
Nun humpelte Dorfner durch die schwach
beleuchteten Katakomben des Berliner Polizeipräsidiums. Es war dreiviertel Vier
in der Früh. Es dauerte eben seine Zeit, sich als Invalide anzukleiden, den
Beinstumpf für die Prothese einzusalben, sie anzulegen und festzuschnallen, den
Wagen aus der Garage zu holen und von Falkenhagen in die Berliner Innenstadt zu
fahren. Der Kriminalhauptkommissar aus Kiel schien ein Morgenmuffel zu sein. Er
folgte schweigend. Nur bei der Begrüßung auf der Wache, faselte er etwas von
„Nähte auftrennen“ an sichergestellten Bekleidungsgegenständen, die schon in
Pappkartons im Asservatenraum bereitgestellt worden waren.
Tatsächlich sah Dorfner auf dem Tisch inmitten
des Asservatenraumes diverse Herrenbekleidungsstücke, alle in Schlauchfolie
eingeschweißt und penibel mit Etiketten versehen, als er die Tür aufschloss. Er
las den Namen „Schukow“ und erinnerte sich an die Schießerei im Ambera.
Ausführlich hatten die Zeitungen berichtet.
Bei der diffusen Beleuchtung erkannte er kaum
die Saumstiche von Schukows Garderobe, konnte kaum seinen rasierklingenscharfen
Fadentrenner ansetzen.
Neugierig sah der Kriminalhauptkommissar aus
Kiel zu, wie jetzt die Anzugssäume aufgetrennt wurden.
Würde der Alte wieder recht behalten, dachte
Pelka, war etwas in den Säumen versteckt? Bislang war die Suche ergebnislos
verlaufen. Hatte er doch nichts zu finden gehofft, wurde er nun bitter
enttäuscht. „Hier in den Revers dieses Jacketts ist etwas Hartes verborgen“,
schnaubte der Schneider und fuhr mit seiner linken Hand über seinen
schmerzenden Beinstumpf und befummelte mit der anderen Hand den Kragen der
Anzugjacke. Zwei kleine flache Sicherheitsschlüssel purzelten aus dem
geöffneten Futter heraus, als der Fadentrenner die Naht aufschlitzte. Bei
näherer Nachschau fand Pelka noch einen hauchdünnen Zettel mit einem
siebenreihigen Zahlenblock. Verdammt, dachte Pelka verärgert, diesen Fund hätte
ich gerne auf meiner Habenseite verbucht. Stattdessen könnte Hanson es auf
seiner Sollseite negativ für ihn vermerken, dass er bei der Durchsuchung der
Bekleidung nicht an die verfluchten Säume gedacht hatte. Nachdenklich
betrachtete Pelka den Zahlenblock.
Vielleicht wieder ein verflixter Code, überlegte
er und nahm die beiden Schlüssel wie auch das Papier in seinen Händen zu seinen
Unterlagen. “Einer der Schlüssel, der größere von beiden, gehört zu einem
gemieteten Schließfach der Deutschen Bank“, hörte er den Schneider sagen. „Die
edlen Preziosen meiner betagten Schwiegermutter lagern auch in einem
Schließfach dieser Bank. Sie hat uns einen gleichen Schlüssel zur Verwahrung
übergeben. Für den Fall, der Fälle, wenn Sie wissen, was ich meine“.
„Ja, ich verstehe“, murmelte Pelka und grub in
seinen Taschen nach seinem Handy, um den Fund seinem Chef anzuzeigen. Das Handy
in der Hand entschied er aber, den Anruf um zwei Stunden zu verschieben. Es war
noch zu früh. Er hatte nicht die Courage, den Alten um diese Zeit zu wecken.
Von Dorfner wurde Pelka zu einem Frühstückscafe
kutschiert. Nach einem opulenten Essen, wagte er den Anruf.
„Hm, ... zwei Schlüssel, einer eventuell von der
Deutschen Bank, und ein Fetzen Papier mit einem Zahlenblock? Ist ja
interessant, Jürgen“.
„Genau Chef“.
„Tja, Jürgen, dann fahren Sie doch in der Früh
gleich bei der Hauptgeschäftsstelle der Deutschen Bank vorbei und fragen sich
schlau, ob der Kollege mit seiner Vermutung Recht hatte. Und keine weiteren
Ermittlungen in der Bank. Wenn der Schlüssel zu einem Schließfach der Deutschen
Bank gehört, ist anzunehmen, dass auch der andere Schlüssel zu einem
Schließfach einer anderen Bank gehört. Jürgen, mein Instinkt sagt mir, dass uns
die Schlüssel einen Hinweis auf die Motivlage geben könnten“.
„Möglich, aber ohne die beiden Codewörter werden
wir den Inhalt nicht sichten können, da brauchen wir
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