Aurora Komplott (Thriller) (German Edition)
an mir sitzen
Sie für die Berliner Staatsanwaltschaft in Untersuchungshaft ein. Ich frage
mich daher, warum Sie sich mit ihrer Albernheit des Gebens und Nehmens an mich
wenden und nicht an die Berliner Polizei? Warum gerade ich?“
„Tja, Hanson, eine gute Frage“. Wieder machte
sich unbehagliches Schweigen breit.
„Es gehört nicht zur russischen Kultur, mit der
Polizei zu kooperieren. Ich aber habe Zutrauen zu Ihnen und traue Ihnen auch
einiges zu. Mein Misstrauen und meine Verachtung zu Ihnen hat sich in Vertrauen
und Achtung gewandelt“.
Schukow, du lullst mich nicht ein, dachte
Hanson.
„Daher ist mir daran gelegen“, fuhr der Oberst
fort, „dass Sie an dieser Sache aus unterschiedlichen Gründen dran bleiben. Sie
verstehen nicht nur ihr Handwerk, sondern vielleicht auch mich, wenn ich Ihnen
sage, dass ich nicht der Urheber, sondern nur das Instrument war“.
Jetzt durchschaute Hanson dieses verbale
Eingeständnis, jetzt wird aus einem reißenden Wolf auf wundersame Weise ein
zahmes Schoßhündchen, dass seine Schuld runterzupegeln versucht, wie jeder
Ganove der seinen Tatbeitrag kleinredet, wenn er zur Verantwortung gezogen
wird.
“Das, Schukow, ist eine Erklärung, kann aber
niemals eine Rechtfertigung sein. In der Wohnung sind noch zwei Schutzleute
gestorben, die ahnungslos das viele Geld des toten Pärchens sicherstellen
wollten“.
„Kollateralschäden, Hanson, pure
Kollateralschäden. Sie alle sind einen stillen Tod gestorben, ohne Schmerzen“.
Das darf doch nicht wahr sein, dachte Hanson,
verbrämt seine Morde als strategische Notwendigkeiten. Beginnt dieser entartete
Verstand nun tatsächlich zu glauben, dass sich alles seinen Zielen
unterzuordnen habe? Und was waren seine Ziele? Oder bastelte sich dieser
Psychopath nur eine Moral zusammen, vor der er selbst bestehen konnte?
„Schukow, Sie sind ja noch menschenverachtender,
als ich befürchtet habe“.
„Mensch, Hanson, vergessen Sie doch einmal diese
humanistisch philosophischen Nuancierungen und all die Toten. Die Trauer ist
nur ein Hemmnis auf unserem gemeinsamen Weg“.
Gemeinsamer Weg, repetierte Hanson im Geiste,
dafür musst du aber einiges bieten.
„Wir beide haben doch gelernt, solche
Situationen ohne Anteilnahme zu betrachten. Interessiert Sie denn nicht, wer
die Fäden gezogen hat?“
„Vergessen ist wohl heutzutage die beliebteste
Form der Vergangenheitsbewältigung“, erwiderte Hanson mit schroffem und verächtlichem
Unterton.
„Hanson, Sie sollten ihre Ressentiments hinter
sich lassen und sich hüten, mich zu verurteilen, bevor Sie nicht im Lichte
aller Fakten den Fall beurteilt haben“. Nach einer kleinen Pause zuckte Schukow
mit beiden Schultern: „Schade, Hanson, ich hoffte und glaubte, bei Ihnen eine
andere Denkweise gespürt zu haben. Dem ist aber leider nicht so. Sie sind nicht
das Alphatier in ihrer Organisation, Sie sind und bleiben Polizist, und sind
nicht fähig ...“ Schukow wusste, dass er jetzt fett auftragen musste, wollte er
diesen Kriminalbeamten für sich einspannen ... „nicht fähig, etwas für ihr
Land zu tun, wenn es gegen Dienstvorschriften verstößt“.
„Schukow, hören Sie, es ist immer schwierig, zu
sagen, wessen ein Mann fähig ist. Er sollte wissen, dass er nicht per saldo
drauf zahlt“.
„Hm ..., das, Hanson, ist wohl die
kapitalistische Logik des Profitdenkens?“
Das Gespräch hatte nun eine Ebene erreicht, auf
der es nicht mehr um Inhalte ging. Es ging einzig und allein um den Sündenfall,
der eintreten würde, ließe sich Hanson auf einen Handel mit Schukow ein. Hanson
wog die moralischen Aspekte eines Deals, wie auch immer der aussehen konnte,
gegen die Erfolgsaussichten zur Klärung des Falls gegeneinander auf. Was
soll`s, dachte er, Mordermittlungen sind keine Moralwettbewerbe und schon gar
nicht können solche Ermittlungen geplant werden. Urlaube oder Reisen können
geplant werden, Mordermittlungen aber sind zuhauf von einem improvisatorischen
Element durchwoben. Aus dem Stand, von jetzt auf gleich, muss Vieles viel zu
oft entschieden werden. Und genau jetzt musste er sich festlegen, musste
entscheiden, ob er einen Deal mit Schukow eingehen wollte.
Aber aus irgendeinem Grunde fühlte Hanson ein
schlechtes Gewissen in sich hochsteigen und sah mit einem Male die Gesichter
der toten Kollegen vor sich. Bachner, Rütter und die zwei
uniformierten Polizisten schienen ihn anklagen
zu wollen und stierten ihn vorwurfvoll an. Er konnte den toten Kollegen
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