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Aurora Komplott (Thriller) (German Edition)

Aurora Komplott (Thriller) (German Edition)

Titel: Aurora Komplott (Thriller) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stan Carry
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Licht seinen eignen Schatten vor ihm
auf dem Pflaster tanzen ließ, als wollte er ihn zur Vorsicht mahnen,
beunruhigte ihn sehr. Und dann noch der lateinische Leitspruch in kyrillischer
Schrift auf dem Uhrendeckel trug auch nicht zu seiner Entspannung bei, im
Gegenteil. Die kyrillische Gravur „Was immer du tust, tue es klug und denke ans
Ende“ hatte ihm Schukow übersetzt. Dieser weise Spruch nistete sich in Hansons
Gehirn wie ein ständiger Kassandraruf ein und vervielfältigte seine Unruhe und
das vage Gefühl einer Bedrohung.
    Angst vor der Angst beschlich ihn und stieg
langsam in ihm hoch und blockierte seinen Geist, der sich loszureißen schien,
um davonzuschweben.
    Dann war sie da, die Angst, als sei sie durch
seine Poren eingedrungen. Sie ließ die Zeit stillstehen, immer die gleichen
Gedanken wirbelten in seinem Kopf umher. Wusste er doch, sein Vorhaben war
rechtlich nicht zu vertreten. Was, wenn die Aurora-Protokolle gar nicht
existierten, der Oberst ein falsches Spiel spielte. Was, wenn nicht seine Frau,
sondern ein bewaffneter Typ auf ihn wartete und ihm unter Waffengewalt das
viele Geld raubte, das Hanson aus Schukows Bankschließfächern als zweites
Tauschpfand für die Protokolle in seinem Jackett bei sich trug.
    Es liegt in der Natur der Sache, dass sich im
Vorfeld Gefahren in der Regel nicht offenbaren.
    Lief Hanson nun Gefahr, ausgeraubt zu werden?
Ohne die Beweismittelunterschlagung einzugestehen, konnte er dann noch nicht
einmal polizeiliche Fahndungsmaßnahmen einleiten. Jetzt hatte er Angst, pure
Angst, in eine Falle zu tappen und ausgeraubt zu werden. Die unangenehme
Besorgnis vor einer lauernden Gefahr stahl sich heran, die sich umso mehr
steigerte, je öfter Hanson an Schukows Leitspruch dachte, der plötzlich einen
drohenden Klang hatte. Wie in einer Kettenreaktion flogen hundert Bilder aus
seiner Erinnerung heran und schoben sich auf seine Netzhaut, obwohl seine Augen
sie nicht sahen. Sein Hirn schien paralysiert. Es verarbeitete im Augenblick
nicht mehr die Informationen, die seine Sinnesorgane ihm lieferten. Die
Situation schien sich zu verselbständigen. Hanson ertrug es nicht, nicht alles
unter Kontrolle zu haben. Als sich jetzt noch der Schmerz in seiner verheilten
Schussverletzung in der linken Schulter zurückmeldete, halluzinierte sein
Gehirn die längst vergangene Situation von Schukows Festnahme. Er sah ihn vor
sich stehen, sah wieder den aufblitzenden 38er Derringer in Schukows Faust und
glaubte, den heftigen Einschlag in seine linke Brust zu spüren. Sein Magen
verkrampfte sich. Da war er wieder, der beißende Gestank des Pulverdampfs, den
er auf seiner Zunge schmeckte. War das der Geschmack der Angst? die jetzt
allgegenwärtig war und seinen Willen zersetzte, an die Aurora-Protokolle zu
gelangen. Die Wolken, die vom Westen herangejagt waren, hatten sich
geschlossen. Es regnete. Erfrischender Regen prasselte in dicken Tropfen auf Hanson
herab, der alle Hirngespinste fortzuspülen schien. Hanson zwang seine
Erinnerungen in die Tiefen seines Gedächtnisses zurück. „Bleib ruhig, alter
Junge“, hörte er sich murmeln. „Alles nur eine auditive Halluzination,
hervorgerufen durch hypothetische Annahmen. Wo auch immer sollte hier mitten in
Berlin eine Gefahr lauern?“ Den Deal über die Bühne zu ziehen, deswegen war er
hierher gekommen. Es musste vollbracht werden. Hanson atmete mehrmals tief
durch und mit jedem Atemzug verflüchtigte sich die panische Angst. Angst und
innere Spannung waren niedergerungen. Er hatte sich wieder beruhigt und seine
Logik hatte wieder die Regie übernommen. In seinem Kopf verblassten die
eingebildeten Bilder und verschwanden genau so schnell, wie sie gekommen waren.
Langsam kehrte Dag Hanson, der Kriminalist, in seinen Körper zurück. Es war wie
ein Schritt aus dem Grenzland der Albträume in die Wirklichkeit zurück. Hansons
Welt war wieder im Lot.
    Diese verdammte Schussverletzung schmerzt und
wird mich ständig mahnen, dachte er. In ähnlichen Situationen wird sie sich
immer wieder zurückmelden und die gleichen Bilder in meinem Kopf lostreten,
fürchtete Hanson. Die Schießerei mit Schukow würde er zig tausend Male
durchleben müssen, in jeder brenzligen Lage erneut. Und brenzlige Lagen bot
sein Beruf zuhauf. Die Nachwehen und die Erinnerung an den Schusswechsel hatte
er noch lange nicht verdaut. Immer wieder würde er sich erinnern
    Trotz allem, er wollte auf alle Eventualitäten
vorbereitet sein. Seine rechte Hand tastete sich zur linken

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