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Aurora

Aurora

Titel: Aurora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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mit einem einsamen Habitat anlegen wollten, hätten sie sauberer gearbeitet.«
    »Trotzdem...«
    »Jane kann sich recht genau vorstellen, wer das getan
    hat. Aber daraus ergeben sich Schlussfolgerungen, die ihr nicht gefallen.«
    Dreyfus und Sparver traten durch die Anzugwand des
    Kutters ins Vakuum und passierten eine Reihe von altmodischen, aber noch funktionsfähigen Luftschleusen. Dahin-
    ter schlössen sich mehrere zunehmend größere Empfangs-
    räume an, die jetzt alle dunkel und unbelüftet waren. Riesige Schuttwolken drehten sich hier langsam um sich selbst, doch Dreyfus konnte kaum etwas von den Trümmern zuordnen. Die Karte auf der Innenseite seines Helmvisiers ba-sierte auf den Angaben, die Ruskin-Sartorius bei der letzten Volkszählung gemacht hatte. Der Votenprozessor - der wahrscheinlichste Aufbewahrungsort für Beta-Kopien - befand sich vermutlich an der Innenfläche der Kugel nahe
    dem Äquator. Sie konnten nur hoffen, dass der Strahl nicht ihn getroffen hatte.
    Die Haupträume im Innern - die zwei Kilometer große
    Blase war in mehrere Zonen unterteilt - waren schwarz verkohlte Höhlen, die nur noch von der Hitze verformte oder vom Druck zermalmte Trümmer enthielten. Wo der tödli-che Strahl im Umkreis des Risses durch Metallteile gegangen war, breiteten sich immer noch Netzwerke aus glühenden Linien aus. Die Bewohner der Blase waren offenbar
    Anhänger der Schwerelosigkeit gewesen, Vorrichtungen
    zur Erzeugung künstlicher Schwerkraft waren nur begrenzt vorhanden. Es gab im Band viele solche Habitate, ihre Bürger wurden mit der Zeit gertenschlank und reisten nicht gerne.
    Sparver und Dreyfus schwebten durch das Zentrum der
    Kugel und steuerten mit ihren Anzugdüsen um die größe-
    ren Schrottteile herum. Die Anzüge warnten bereits vor er-höhter Strahlung, was Dreyfus' Verdacht, dass Aumonier
    die Täter richtig erkannt hatte, nicht unbedingt entkräftete.
    Aber für eine Anklage brauchten sie mehr als ein paar Mess-werte.
    Sie hatten sich zwanzig oder dreißig Meter voneinander
    entfernt, als Sparver plötzlich sagte: »Ich habe etwas gefunden.«
    »Was?«
    »Hier drüben schwebt ein ziemlich großes Stück. Könnte
    mal zu einem Schiff gehört haben.«
    Dreyfus war skeptisch. »Im Innern des Habitats?«
    »Sehen Sie selbst, Boss.«
    Dreyfus steuerte seinen Anzug näher an Sparver heran
    und richtete die Scheinwerfer auf das schwebende Objekt.
    Sparver hatte insofern recht, als das Ding auf den ersten Blick tatsächlich wie ein Schiffsteil oder ein undefinierba-res Stück einer großen Maschine aussah. Aber bei genauerer Betrachtung zeigte sich, dass das nicht zutraf. Der rußgeschwärzte Klumpen war vielmehr ein erst zur Hälfte fertiggestelltes Kunstwerk.
    Der Künstler hatte sich einen metallreichen Gesteinsbrocken vorgenommen, einen kartoffelförmigen Felsblock von zehn oder zwölf Metern im Durchmesser. Die Oberfläche
    schimmerte in einem tiefen Dunkelblau, das ins Olivgrün überging, wenn das Licht in einem bestimmten Winkel darauf fiel. Eine Seite des Blocks war noch rau und unbearbeitet, aber die andere ließ Ansätze einer kunstvollen Skulptur erkennen. Stellenweise befand sich die Arbeit auch hier noch im Anfangsstadium, doch in anderen Bereichen war
    sie bereits so weit fortgeschritten, dass nur noch wenige Zentimeter abzutragen waren. Um diese Abschnitte herum
    war das Gestein offensichtlich flüssig geworden und wieder erstarrt, der Künstler hatte wohl eher Fusionsbrenner eingesetzt als Hammer und Bohrmaschine. Die fließenden
    Formen hatten nichts Zufälliges, sondern waren ganz be-
    wusst in die Komposition mit einbezogen worden.
    Was das Ganze darstellen sollte, war Dreyfus allerdings ein Rätsel. Zwar konnte er in dem Felsen ein Gesicht erkennen, ein Männergesicht, aber es stand von ihm aus gesehen auf dem Kopf. Als er seinen Anzug drehte, kamen ihm die Züge für einen flüchtigen Moment bekannt vor, erinnerten ihn freilich eher an eine berühmte Persönlichkeit oder eine historische Figur als an einen Menschen, der ihm schon
    einmal persönlich begegnet war. Doch schon im nächsten
    Augenblick erschien ihm das Antlitz vollkommen fremd.
    Und das war vielleicht gut so. Der Ausdruck in den Zügen war schwer zu deuten, aber wenn es nicht höchste Verzü-
    ckung war, dann war es eine alles verzehrende Angst.
    »Was halten Sie davon?«, fragte Sparver.
    »Ich weiß es nicht«, antwortete Dreyfus. »Wenn wir ei-
    nige von den Beta-Kopien retten können, werden sie

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