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Aurora

Aurora

Titel: Aurora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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Darunter
    glühte das Innere kirschrot.

    »Wie viele Opfer?«, fragte Dreyfus. Er hatte Mühe, das
    Grauen zu unterdrücken.
    »Die letzte Volkszählung ergab eine Bevölkerung von
    neunhundertsechzig. Vermutlich sind alle tot, aber wir
    müssen sofort ein Team hinschicken, das den Tatort un-
    tersucht. Es ist nicht auszuschließen, dass es Überlebende gibt. Zumindest könnten sich Beta-Kopien finden, die sich wiederherstellen lassen.«
    »Warum ist das noch nicht im ganzen Band herum?«
    »Weil wir es unter der Decke halten. Es sieht nicht nach einem Unfall aus.«
    »Jemand muss doch bemerkt haben, dass Ruskin-Sartorius nicht mehr am Netz ist.«
    »Sie waren nur so oberflächlich in die Abstraktion eingebunden, dass wir mit unseren Netzwerkprivilegien vorerst auch weiterhin ein voll funktionsfähiges Habitat simulieren können.«
    »Und vorerst heißt... wie lange?«
    »Die optimistischste Schätzung? Weniger als sechsund-
    zwanzig Stunden. Dreizehn käme der Sache vielleicht näher.«
    »Und wenn die Geschichte rauskommt?«
    »Haben wir eine dicke Krise. Ich glaube zu wissen, wer
    das zu verantworten hat, aber ich muss erst völlig sicher sein, bevor ich tätig werde. Deshalb möchte ich, dass Sie Ruskin-Sartorius sofort anfliegen. Nehmen Sie sich mit, wen Sie brauchen. Sichern Sie Beweise und Beta-Kopien
    und kehren Sie nach Panoplia zurück. Dann müssen wir abwarten, was weiter geschieht.«
    Dreyfus sah sich das Bild des zerstörten Habitats noch
    einmal an. »Es gibt nur eines, was dazu fähig gewesen wäre, nicht wahr? Und das ist nicht einmal eine Waffe.«
    »Dann sind wir uns ja einig«, sagte Aumonier.
    Die Wände des Taktikraums bestanden aus fein gemaser-
    tem Teak unter einer abweisend glänzenden Firnisschicht.

    Es gab weder Fenster noch Bilder, um den Raum menschli-
    cher zu machen. Die schweren dunklen Möbel bestanden
    ausschließlich aus träger Materie: natürlich entstanden und von einem Tischler zurechtgeschnitten und zusammenge-baut. Die Doppeltüren waren mit gehämmertem Bronze-
    blech beschlagen und mit riesigen Messingnägeln gespickt, jede Tür zeigte in Einlegearbeit Panoplias Symbol, eine stilisierte Eisenhand, die sich nach oben reckte. Die Hand sollte ein Zeichen für Schutz sein, aber man konnte sie auch als drohend erhoben verstehen, als Warnung an alle Feinde oder Verräter.
    »Wir bitten um Ihren Bericht, Ng«, sagte Oberpräfekt Michael Crissel, der Thalia gegenübersaß.
    Sie schob die Disketten mit den gesicherten Daten an die Tischkante und hätte sie vor lauter Nervosität fast fallen gelassen. »Danke, Oberpräfekt. Das sind die Daten aus dem Votenprozessor von Perigal in dreifacher Ausfertigung.« Sie wies mit einer Kopfbewegung auf das Systemmodell des
    Taktikraums. Das Perigal-Habitat, ein winziges Symbol in Form eines Uhrenrädchens, schwebte in Vergrößerung über seiner Orbitalebene. »Die Daten von vollen tausend Tagen wurden inzwischen in unsere Archive kopiert. Ich habe
    mich vergewissert, dass die drei Ausfertigungen übereinstimmen und nicht in irgendeiner Weise manipuliert wur-
    den.«
    »Und was haben Sie festgestellt?«
    »Ich hatte nur ein paar Stunden, um mich damit zu be-
    schäftigen, und in dieser Zeit kann man eigentlich nur oberflächlich ...«
    Oberpräfekt Gaston Clearmountain wurde ungeduldig:
    »Machen Sie's nicht so spannend, Ng«, knurrte er. »Sagen Sie einfach frei heraus, was Sie haben.«
    »Sir ...« Thalia geriet ins Stammeln. »Die Voranalyse be-stätigt alles, was im Ausschlussbericht steht. Haus Perigal hat sich tatsächlich einer Manipulation des Demokratischen Prozesses schuldig gemacht. Wir konnten bei unbedeuten-den Voten in mindestens acht Fällen eine Beeinflussung
    der Abstimmungsmuster zugunsten von Perigal oder seiner Verbündeten feststellen. Es mag noch weitere Fälle geben.
    Nach ausführlicher Überprüfung aller Daten haben wir sicher ein klareres Bild.«
    »Ich hatte eigentlich schon jetzt ein klareres Bild erwartet«, sagte Clearmountain.
    Oberpräfekt Sheridan Gaffney beugte sich vor. Sein mächtiger schwarzer Ledersessel knarzte. »Nicht ganz so hart, Gaston«, brummte er. »Man hat sie mächtig unter Druck gesetzt, um den Bericht in so kurzer Zeit zu bekommen.«
    Gaffney war als aufbrausender Charakter bekannt, der
    für Begriffsstutzigkeit nicht das geringste Verständnis auf-brachte. Aber sowohl als Leiter der Inneren Sicherheit wie bei der Ausbildung an den Hundepeitschen hatte der barsche Gaffney Thalia stets fair

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