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Aurora

Aurora

Titel: Aurora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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bestrafte, zum Ausbrecher bestimmen,
    aber dann hätten wir am Ende zu viel Aufmerksamkeit
    auf unseren Plan gelenkt, wenn die nächste Strafe fällig wurde.«
    »Ich verstehe.«
    »Die Flucht war gar nicht so einfach. Sie erforderte um-fangreiche Vorbereitungen und geschickte Ablenkungsma-
    növer. Ich lernte dem Helm vorzugaukeln, ich befände mich noch im Zustand des Traumbewusstseins, während ich in
    Wirklichkeit völlig klar und wach war. Ich lernte, in seine Mechanik einzugreifen und ihn zu öffnen, ohne Alarm auszulösen. All das dauerte mehr als ein Jahr.«
    Was sie erzählte, war so ungeheuerlich, dass Dreyfus
    schwindelte. »Aber nach Ihrer Flucht... blieb da nicht dennoch eine Lücke?«
    »Das war weiter kein Problem. Ich erwähnte, dass unser
    Schiff in einen Kampf verwickelt gewesen war. Seither lagen überall Leichen herum, die zur Wiederverwertung ihrer Bestandteile ins Mutternest zurückgebracht werden sollten.
    Bevor meine Abwesenheit auffiel, holte ich eine dieser Leichen und schloss sie an die Traumapparatur an. Das System erhielt den Körper am Leben. Er war zwar unfähig zum
    Denken, aber das konnten die anderen Träumer vor Aurora verheimlichen.«

    Dreyfus schüttelte stumm den Kopf, entsetzt und von
    ehrfürchtiger Scheu erfüllt. Angesichts solcher Leiden erschien ihm jedes Wort wie Blasphemie. »Aber wenn Sie den Felsen nicht verlassen konnten ... war dann nicht alles umsonst?«
    »Das fürchtete ich bereits, ebenso wie die anderen Schlä-
    ft. Wir hatten verabredet, dass ich mit meinen Fähigkeiten eine Nachricht an das Mutternest absetzen sollte, falls es noch existierte. Aber das ließ die Kommunikationsmaschi-nerie dieses Habitats nicht zu. Ich kann spüren, wenn sich Türen öffnen und schließen und wenn Schiffe und Einzelpersonen eintreffen. Aber die Datenarchitektur beruht auf optischen Schaltkreisen, die ich mit meinen Implantaten nicht beeinflussen kann.«
    Dreyfus nickte grimmig. »Aurora wusste genau, mit wel-
    chem Gitter Sie einzusperren waren.«
    »Das ist richtig. Vielleicht hat Ihr Unterpräfekt die richtige Ausrüstung, dann könnte er mehr Erfolg haben. Ich war Jedenfalls stumm.«
    »Aber Sie haben nicht aufgegeben.«
    »Ich habe begonnen, einen eigenen Sender zu bauen.
    Das Schiff könnte eine solche Anlage binnen weniger Stunden herstellen, wenn ich ihm die entsprechenden Befehle schickte. Aber Aurora hätte die Veränderungen gespürt. Ich bin auch überzeugt, dass sie von Ihrer Anwesenheit unterrichtet ist, Präfekt. Ich konnte nicht riskieren, dass sie die Schläfer tötete. Deshalb musste ich zusammentragen, was sich im Felsen fand. Und in meinem Versteck Bauteile und Werkzeuge basteln.«
    »Wie lange noch, bis Sie fertig sind?«
    »Hundert Tage, tausend Tage.« Leise fügte sie hinzu:
    »Vielleicht auch länger. Nichts ist gewiss.«
    »Wie lange könnten Sie durchhalten?«
    »In einigen Jahren wäre die Grenze erreicht, ich könnte nichts mehr ernten, ohne die Betreffenden zu töten. Dann müssten harte Entscheidungen getroffen werden. Ich wäre auch dazu bereit gewesen. Es ist nicht unsere Art, vor dergleichen zurückzuscheuen. Doch dann hat sich etwas ver-
    ändert.«
    »Nämlich?«
    »Sie sind gekommen, Präfekt. Und jetzt kann endlich etwas vorangehen.«
    Meriel Redon wartete schon, als Thalia zu ihren vier Flucht-gefährten zurückkehrte. »Was haben Sie gesehen?«, fragte sie.
    Thalia hob die Hand. Sie musste erst wieder zu Atem
    kommen. Und sie hatte so lange hinter der Hecke gekauert, dass ihr der Rücken wehtat.
    »Nach dem, was uns der Vogel gezeigt hatte, mehr oder
    weniger das, was ich erwartet hatte.« Sie sprach leise und unterbrach sich immer wieder, um tief durchzuatmen.
    »Aber es ist nicht so schlimm, wie es anfangs aussah. Die Servomaten wurden nach einem Katastrophenprotokoll aktiviert. Ich hörte, wie die Stimme eines Gendarmen alle Bürger aufforderte, Ruhe zu bewahren.«
    »Ich dachte, wir hätten keine Gendarmen«, sagte Caille-
    bot. »Bis auf den einen in der Menge, der so behandelt
    wurde wie alle anderen.«
    »Ich glaube nicht, dass der das Recht hatte, ein Gendar-menarmband zu tragen«, sagte Thalia, während sie fie-
    berhaft überlegte, welche Fragen ihre Begleiter sonst noch stellen könnten. »Die Stimme kam ohnehin von einem Servomaten. Er sendete in einer Endlosschleife eine Erklärung von einem Mann namens Lucas Thesiger. Kann jemand von
    Ihnen mit dem Namen etwas anfangen?«
    »Thesiger wurde der Gendarmerie während der

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