Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Aurora

Aurora

Titel: Aurora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
Vom Netzwerk:
oben auf der Zeitlinie an die Exordium-Maschine angeschlossen waren. Nur mit dem Verstand genau dieser Träumer konnten die nebulösen Exordium-Daten in kohärente
    Prognosen über Dinge umgeformt werden, die geschehen
    würden.
    Dreyfus betrachtete die verletzten Schläfer. »Bitte sagen Sie jetzt nicht, sie wären bei Bewusstsein.«

    »Sie befinden sich in einem Zustand, der dem bewussten
    Träumen verwandt ist. Aurora hat den Geist der Schläfer für ihre Zwecke versklavt, das ist alles. Neben der Aufbereitung der Exordium-Bilder bleiben kaum noch Kapazitäten für
    das übrig, was Sie als normales Denken bezeichnen wür-
    den. Das hat Aurora unmöglich gemacht.«
    »Aber Sie sind ihr entkommen«, bemerkte Dreyfus.
    »Das geschah in vollem Einvernehmen mit den verbliebe-
    nen Schläfern. Wir nützten die Phasen, in denen ihr Denken nicht überwacht wurde, um einen Plan auszuhecken.
    Es dauerte Jahre. Wir wussten, dass nur einer von uns eine Chance hatte. Ich wurde durch das Los bestimmt, aber es hätte auch jeden anderen treffen können.«
    »Warum nur einer? Nachdem Sie entkommen waren, hät-
    ten Sie da die anderen nicht... befreien können?«
    »Wir hatten gehofft, dass es mir gelänge, in die Zivilisation zurückzukehren. Das hat sich als unmöglich erwiesen.«
    »Wie lange sind Sie schon frei?«
    »Hundert Tage. Tausend Tage. Ich weiß es nicht. Jetzt
    verstehen Sie wenigstens, wie ich mich am Leben erhalten konnte. Ich habe hier in diesem Felsen ein Versteck, wo Aurora mich nicht beobachten kann. Aber dort kann ich nicht bleiben. Ich muss immer wieder hierher auf das Schiff
    zurückkehren, um mir Verpflegung zu holen. Ich arbeite
    chirurgisch sauber und nehme immer nur wenig auf ein-
    mal. Genug, um mich ein paar Tage am Leben zu erhalten, aber nicht so viel, dass es beim Spender zu zusätzlichen Komplikationen führen könnte. Die gewonnene Verpflegung nehme ich mit in mein Versteck. Dort bereite ich sie mit einem Kauterisationsinstrument zu, so gut ich kann.«
    Sie sah Dreyfus herausfordernd an, ob er es wagte, über sie zu richten. »Ich esse nur wenig, und das langsam und dankbar. Danach kehre ich zurück.«
    »Das ist monströs.«

    »Wir hatten es so vereinbart.«
    »Wir?«
    »Die anderen Schläfer und ich. Hören Sie gut zu, Dreyfus.
    Wir hatten es von vornherein so geplant. Einer von uns
    sollte wachen. Nur einer allein. Aurora wollte von uns nicht mehr als einen ununterbrochenen Strom von Exordium-Daten. Wenn wir diese Aufgabe nicht erfüllten, wenn wir hinter ihren Erwartungen zurückblieben, wurden wir bestraft. Unsere Neuralblockaden können körperliche Schmerzen gut neutralisieren, aber gegen Schmerzen, die durch kortikale Stimulation direkt im Gehirn erzeugt werden, sind sie wirkungslos. Mit dieser Methode brachte uns Aurora
    dazu, ihren Befehlen zu gehorchen.«
    »Die Helme?«
    »Eine Abwandlung unserer eigenen Ausrüstung. Sie ver-
    binden uns mit Exordium, aber sie taugen auch zur Bestrahlung.«
    »Hat sie Ihnen wehgetan?«
    »Aurora hat uns allen wehgetan, allerdings nicht, weil sie der ganzen Gruppe Schmerzen zugefügt hätte. Damit hätte sie womöglich bewirkt, dass sich ein Gefühl der Einigkeit im Leid einstellte: eine Solidarität, die uns die Kraft zur Rebellion, zur Verweigerung der Träume gegeben hätte. Dafür war Aurora zu klug.«
    »Was hat sie denn getan?«
    »Auroras Methode bestand darin, einen Schläfer aus-
    zuwählen und ihn für das Versagen aller zu bestrafen. Sie nahm sich bestimmte Schläfer immer wieder vor. Da wir
    Synthetiker sind, spüren wir immer auch etwas vom Schmerz des anderen: nicht alles, aber einen Widerschein, der uns zeigt, wie sehr der andere leidet.«
    »Und das hat funktioniert?«
    »Wir haben gelernt, sie nicht zu enttäuschen. Doch gleichzeitig suchten wir nach Möglichkeiten, sie zu betrügen.
    Aurora überwacht unsere Gedanken, aber nicht unentwegt.

    Wenn sie anderweitig beschäftigt war, spürten wir die Lü-
    cken im Strom unseres Gruppenbewusstseins. In diesen
    Lücken entwickelten wir unseren Plan.«
    »Das muss Aurora doch irgendwann bemerkt haben?«
    »Aurora geht es nur um die Träume und um die Strafen.
    Wie die Exordium-Prognosen zu ihr gelangen, ist ihr mehr oder weniger gleichgültig. Hätte ich ihr Ärger gemacht ...
    dann wäre es wahrscheinlich anders gewesen.«
    »Wie wurden Sie ausgewählt?«
    »Die Ehre wurde nach dem Losverfahren vergeben. Ei-
    nige wollten zwar einen derjenigen Schläfer, die Aurora besonders gerne

Weitere Kostenlose Bücher