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Aurora

Aurora

Titel: Aurora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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embryogleich
    zusammengekrümmte Gestalt. Der Mann atmete, kam aber
    gerade erst zu Bewusstsein.
    Der Raumanzugträger nahm seinen Helm ab. »Sie sind in
    die Welt zurückgekehrt, Anthony Theobald Ruskin-Sartorius. Willkommen.«
    Der Mann in der Tarnhülle regte sich und stöhnte. Seine Augen waren mit Schutzgel verklebt. Er rieb sie frei und blinzelte, bis er wieder scharf sehen konnte.
    »Ich bin angekommen?«
    »Sie sind auf dem Schiff. Wie Sie es geplant hatten.«
    Er war sichtlich erleichtert. »Ich dachte schon, das nimmt nie ein Ende. Vier Stunden in dem Ding ... es kam mir vor wie eine Million Jahre.«
    »Es war sicher das erste Mal in Ihrem Leben, dass Sie
    körperliche Beschwerden ertragen mussten.« Der Mann im
    schwarzen Raumanzug hatte sich aufgerichtet und stemmte sich breitbeinig gegen den Beschleunigungsdruck von einer halben Ge.
    Anthony Theobald musterte die Gestalt mit zusammen-
    gekniffenen Augen. »Kenne ich Sie?«
    »Jetzt schon.«
    »Ich hatte Raichle erwartet.«
    »Raichle konnte nicht kommen. Ich bin an seiner Stelle
    Hier. Sie haben doch nichts dagegen?«
    »Natürlich nicht ...« Aber Anthony Theobald verlor zu-
    sehends die Fassung. Der Mann im Raumanzug spürte die
    Angst, die von ihm ausging. Wellen der Angst und des Misstrauens und eine Arroganz, die nicht wahrhaben wollte, dass seine Fluchtpläne doch nicht so narrensicher gewesen waren, wie er geglaubt hatte, als er in die Tarnhülle stieg.
    «Ist es wirklich geschehen? Ist Ruskin-Sartorius zerstört?«

    »Es ist zerstört. Die Ultras haben ganze Arbeit geleistet.
    Sie sind gerade noch rechtzeitig rausgekommen.«
    »Und die anderen? Der Rest?«
    »Es würde mich wundern, wenn in der Blase auch nur
    ein einziger DNA-Strang heil geblieben wäre.«
    »Delphine ...« Seine Stimme schwankte herzzerreißend.
    »Was ist mit meiner Tochter?«
    »Sie kannten die Bedingungen, Anthony Theobald. Nur
    Sie allein hatten Anspruch darauf, gerettet zu werden.«
    »Ich will jetzt wissen, wer Sie sind. Wenn Raichle Sie
    nicht geschickt hat, woher wussten Sie dann, wie Sie die Tarnhülle finden konnten?«
    »Er hat es mir gesagt. Beim Verhör.«
    »Wer sind Sie?«
    »Das tut nichts zur Sache, Anthony Theobald. Es geht
    vielmehr darum, wieso Sie dieses hässliche Ding in Ihrem hübschen kleinen Familien-Habitat versteckt haben.«
    »Ich habe gar nichts versteckt. Ich weiß nicht, wovon Sie reden.«
    Der Mann im Raumanzug fasste hinter sich, zog einen
    kleinen hanteiförmigen Gegenstand hervor und wog ihn
    in der Hand wie einen Schlagstock oder einen Totschlä-
    ger.
    »Ich denke, es ist an der Zeit, Sie mit einem guten Freund von mir bekannt zu machen.«
    »Sie irren sich. Das Ding unter der Erde war nur ...«
    Der Mann bewegte die Hantel kurz auf und ab, und eine
    Schnur schoss heraus und entrollte sich. Sie war so dünn, dass sie fast unsichtbar war, wenn nicht gerade das Licht darauf fiel. Sie glitt scheinbar selbsttätig über den Boden, als suchte sie etwas.
    Der Mann ließ die Hantel los, doch sie blieb, wo sie war.
    Die Schnur hatte sich versteift und stützte sie. Die Hantel bewegte sich hin und her, bis der schwarze Zylinder am
    vorderen Ende direkt auf Anthony Theobald gerichtet war.

    Der hob schützend die Hand. Ein Laser zog einen hellen, vibrierenden Streifen quer über seine Augen.
    Die Hantel hatte ihr Ziel erfasst, und der Mann in Schwarz nickte kaum merklich.
    »Nehmen Sie das weg.«
    »Das ist eine Hundepeitsche Typ C«, sagte der Mann im
    Raumanzug. »Im Vergleich zur Vorgängerversion hat sie
    einige zusätzliche Funktionen. Eine läuft unter der Be-
    zeichnung >Verhörmodus<. Wollen wir sie einmal ausprobie-ren?«
    Die Hundepeitsche kroch näher an Anthony Theobald
    heran.
    Dreyfus war allein in seiner Wohnung. Er hatte sich Tee ge-kocht und war in dieser Beschäftigung ganz aufgegangen.
    Als er fertig war, kniete er vor einem schwarzen Tischchen nieder und ließ die heiße ingwerbraune Flüssigkeit abkühlen. Das Klirren eines fernen, vom Wind bewegten Mobi-
    les erfüllte den Raum, scheinbar zusammenhanglose Töne
    fügten sich zu einer gespenstisch dünnen Melodie. Ge-
    wöhnlich passte diese Musik zu Dreyfus' Stimmung, aber
    heute stellte er sie mit einer Handbewegung leiser, bis sie kaum noch zu hören war. Dann nippte er an seinem Tee,
    aber der war immer noch zu heiß.
    Er hockte vor einer leeren Wand aus Reispapier. Nun hob er die Hand und machte eine einfache, tausendmal geübte Beschwörungsgeste. An der Wand erschienen

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