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Aurora

Aurora

Titel: Aurora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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sie weg.«
    Baudry schüttelte den Kopf, wie um einen bösen Gedan-
    ken zu verscheuchen, der ihr wie eine Wespe zwischen den Ohren surrte. »Ich kann nicht glauben, dass Gaffney sich gegen uns stellen würde. Und ganz konkret, warum sollte er Clepsydra aus dieser Zelle holen wollen?«
    »Weil sie einiges weiß, was wir nicht erfahren sollen.«
    Dreyfus beugte sich auf seiner Koje weit vor. »Baudry, hören Sie mir genau zu. Gaffney will, dass sie stirbt. Er wird sie finden und töten, wenn er es nicht schon getan hat. Sie müssen ihm zuvorkommen.«
    »Wir wissen nicht, wo sie ist.«
    »Dann fangen Sie an zu suchen: Gaffney leitet die Innere Sicherheit, aber Sie leiten Panoplia. Noch gibt es Hunderte von Präfekten, die er nicht im Schwitzkasten hat.«
    »Bei Sandra Voi, Tom. Wollen Sie allen Ernstes den totalen Krieg innerhalb Panoplias anzetteln?«
    »Es braucht nicht so weit zu kommen. Wenn Sie jetzt
    tätig werden, können Sie Gaffney zertreten und seinen Einfluss zunichtemachen. Die Innere Sicherheit muss loyal zu Ihm stehen, aber die Leute sind auch Ihnen zur Loyalität verpflichtet.«
    Ganz kurz hatte er den Eindruck, als weise sie den Vorschlag nicht von vornherein zurück, sondern ziehe ihn zumindest in Erwägung. Doch dann verhärteten sich ihre
    Züge, und sie lehnte rundheraus ab.
    »Das kann ich nicht tun.«
    »Dann schnappen Sie sich zumindest Clepsydra, bevor er
    Nie findet.«
    »Das könnte schwierig werden, besonders, wenn sie nicht gefunden werden will.« Ausgerechnet in diesem Moment
    piepste Baudrys Armband, ein schriller Ton, der in die
    nüchterne graue Zelle nicht passen wollte. Sie blickte irritiert auf ihr Handgelenk, dann hielt sie sich das Display vor die Augen. Dreyfus sah ihre Lider herabsinken.
    »Was gibt es?«
    »Die Universales Stimmrecht .« Eine Geisterstimme wie aus weiter Ferne. »Beim Anflug auf Haus Aubusson ist die Verbindung abgerissen. Genau zu dem Zeitpunkt, als die

    Verteidigungsanlagen des Habitats in Reichweite ihrer Geschütze kamen.«
    Dreyfus nickte. Er wusste, dass man geplant hatte, mit
    den Langstreckenraketen des Kreuzers die Kollisionsab-
    wehrsysteme des Habitats auszuschalten. »Die gesamte Kommunikation, oder nur die taktische Telemetrie?«
    »Alles. Kein Signal mehr.« Sie hielt inne, als wage sie das Offensichtliche nicht auszusprechen. »Ich fürchte, wir haben sie verloren. Ich glaube, sie sind alle tot. Crissel und die vielen jungen Präfekten.« Sie sah Dreyfus an, in ihren Augen glomm die Angst. »Was machen wir jetzt?«
    »Zuerst vergewissern Sie sich, dass das Schiff wirklich zerstört ist«, sagte Dreyfus. »Dann ziehen Sie alle Transportmittel zusammen, die irgendwo im System eingesetzt
    sind, ganz gleich, für welche Aufgaben. Jeden Kutter, jede Korvette, jeden Systemkreuzer.«
    »Wir können die Krise zwischen den Ultras und dem Glit-
    zerband nicht einfach ignorieren.«
    »Oh doch«, sagte Dreyfus. »Denn sie spielt keine Rolle
    mehr. Es war nämlich nie eine Krise. Ein Täuschungsmanö-
    ver vielleicht, um uns vom eigentlichen Problem abzulenken. Und es hat funktioniert, nicht wahr? Was waren wir doch für Narren!«
    »Wir haben immer nur unser Bestes getan«, seufzte Bau-
    dry.
    »Aber das war nicht gut genug! Jetzt müssen wir den Einsatz erhöhen. Die wahre Krise beginnt erst jetzt.«
    »Ich habe Angst, Tom. Man hat uns einen schwer be-
    waffneten Systemkreuzer abgeschossen. So etwas darf nicht passieren.«
    »Ich habe auch Angst«, gestand Dreyfus. »Aber noch sind wir nicht am Ende. Finden Sie Clepsydra. Und setzen Sie eine neue Abstimmung an. Diesmal können Sie die Karten offen auf den Tisch legen. Wir brauchen die Waffen. Und ob sich jemand darüber aufregt, ist mir im Moment völlig egal.«

    Gaffney betrachtete das surreale Schauspiel mit einer Mischung aus Entsetzen und Abscheu, die er für angemessen hielt. Er stand hoch aufgerichtet, die Beine in den Stiefeln leicht gegrätscht, die Hände hinter dem Rücken verschränkt.
    Seine eigene Erschütterung mochte gespielt sein, doch der Ausdruck auf den Gesichtern der anderen Innendienstpräfekten, die sich in Dreyfus' Privatwohnung versammelt hatten, war ohne jeden Zweifel ebenso echt wie die Gefühle von Generalpräfekt Lillian Baudry.
    »Das kann nicht sein«, sagte sie und schüttelte den Kopf, wie um klarer sehen und die Szene als psychologische
    Täuschung entlarven zu können. »Ich kenne Dreyfus. Wir
    haben in der Vergangenheit öfter die Klingen gekreuzt, aber das hätte er

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