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Aurora

Aurora

Titel: Aurora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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offenen Halsringen hinter sich herzogen, wusste er, dass die Servomaten zu morden begonnen hatten.
    »Rückzug«, rief Crissel über den Kampfeslärm, das Klir-
    ren von Panzerungen und Servomaten, die Panikschreie
    Heiner Präfekten hinweg. »Zurück zum Schiff! Sie sind in der Übermacht.«
    Doch da wurde er schon von starken Metallgliedern bei-
    seite gezogen. Vergebens versuchte er sich zu wehren. Die Servomaten waren über ihm und rissen, hektisch und aufgeregt wie Kinder beim Öffnen eines Geschenkpakets, an
    den Teilen seiner Panzerung.
    Sie arbeiteten schnell, das musste er ihnen lassen.

    Die Zelle, in der Dreyfus festgehalten wurde, war keine Kugel ohne Schwerkraft wie Clepsydras Vernehmungszelle, aber sie wirkte in ihrer Undurchdringlichkeit ebenso abstumpfend. Man hatte ihm seine Schuhe und sein Armband
    weggenommen. Von seiner Seite war das einzige Zugeständnis gewesen, dass er seinen Kragen lockerte, damit er nicht so sehr an seinem unrasierten Doppelkinn scheuerte. Hier drin war es völlig still, er konnte weder sagen, was draußen geschah, noch zuverlässig abschätzen, wie viel Zeit vergangen war. Um sich zu langweilen, war er zu wach und zu
    verängstigt. Durch seinen Kopf jagten die wildesten Spekulationen, er versuchte zu erraten, was mit Clepsydra geschehen sein mochte und wie die Mission zum Haus Aubusson
    abliefe. Wie es Thalia erginge. Wahrscheinlich hatte er sich nur eingebildet, den fernen Schlag zu hören, mit dem sich die Universales Stimmrecht von ihrem Parkschlitten löste.
    Dreyfus hatte oft genug Menschen in Zellen gesteckt,
    um sich Gedanken darüber zu machen, wie man sich wohl
    fühlte, wenn man sich auf der anderen Seite der verschlossenen Tür befand. Jetzt wurde ihm klar, dass er sich die er-drückende Hoffnungslosigkeit und die Scham eines Gefan-
    genen nicht annähernd hatte vorstellen können. Er hatte nichts Unrechtes getan, sagte er sich; nichts, wofür er sich auch nur die leisesten Selbstvorwürfe zu machen hätte.
    Aber die Scham hörte nicht zu. Ihr genügte die Tatsache seiner Gefangenschaft.

    Als nach Dreyfus' Schätzung zwei bis drei Stunden ver-
    gangen waren, entstand in der Zugangswand der Umriss
    einer Tür. Baudry trat ein, allein, und stellte die Wand auf >undurchlässig< zurück. Sie trug keine sichtbaren Waffen.
    »Ich hatte nicht mit einem weiteren Besuch gerechnet.
    Was gibt es Neues? Haben Sie von Thalia gehört?«
    Sie beachtete die Frage nicht. »Wenn Sie es getan haben, Tom, ist jetzt der Zeitpunkt für ein Geständnis.« Sie stellte sich mit gefalteten Händen neben seine Koje, ihr Rocksaum umfloss ihre Fersen wie Wachs, das von einer dünnen schwarzen Kerze herabtropfte.
    »Sie wissen doch, dass ich es nicht war.«
    »Gaffney sagt, Sie wären der Letzte gewesen, der Clepsydra gesehen hat. Hat sie irgendeine Bemerkung, vielleicht nur eine Andeutung gemacht, die darauf hinweisen könnte, dass sie fliehen wollte?«
    Dreyfus rieb sich die Augen. »Nein. Sie hatte auch keinen Grund dazu. Ich hatte ihr versprochen, mich um sie zu
    kümmern und dafür zu sorgen, dass sie zu ihrem Volk zu-
    rückkehren könne.«
    »Dennoch ist sie gegangen.«
    »Oder wurde entführt. Diese Möglichkeit haben Sie doch
    sicher bedacht?«
    »Gaffney sagt, nach Ihnen hätte den Raum niemand mehr
    betreten, bis Sparver kam und sah, dass sie verschwunden war.«
    »Hat Gaffney mich mit Clepsydra weggehen sehen?«
    »Er vermutet, Sie hätten die Einstellungen der Zugangs-
    wand so manipuliert, dass sie nach Ihrem Weggang die
    Zelle selbstständig verlassen konnte.«
    »Ich wüsste nicht einmal, wie ich das anstellen sollte.
    Und selbst wenn sie gegangen ist, warum hat sie niemand gesehen? Warum ist sie auf den internen Überwachungssystemen nicht aufgetaucht?«

    »Wir wissen immer noch nicht genau, wozu die Synthe-
    tiker tatsächlich fähig sind«, sagte Baudry.
    Dreyfus schlug die Hände vor das Gesicht. »Sie sind in-
    telligenter als wir, aber zaubern können sie nicht. Wenn sie ihre Zelle verlassen hätte, müsste sie jemand gesehen haben.«
    »Vielleicht hatte sie den Zeitpunkt geschickt gewählt. Sie hätten sie beraten können, wann die Gefahr einer Entdeckung am geringsten wäre.«
    Dreyfus lachte hohl. »Und die Kameras?«
    »Vielleicht konnte sie die beeinflussen oder ihr Bild aus den Aufzeichnungen löschen.«
    »Auch dann hätte sie ein Versteck gebraucht. Sonst wäre sie früher oder später jemandem über den Weg gelaufen.«
    »Gaffney vermutet, Sie hätten ihr

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