Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Aurora

Aurora

Titel: Aurora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
Vom Netzwerk:
müssen ebenfalls einge-
    schränkt werden. Wenn die Destabilisierung innerhalb des Glitzerbandes beginnt, können wir dadurch zumindest verhindern, dass sie sich ausbreitet.«
    »Das heißt, keiner kommt mehr von zu Hause weg.«
    Gaffney fand diesen Einwand offensichtlich unverständ-
    lich. »Aber wer sollte das denn wollen , Tom? Die Bürger bekommen doch alles auf dem Silbertablett serviert: alle Annehmlichkeiten, jeden Luxus.«
    »Bis auf die persönliche Freiheit.«

    »Die wird überschätzt. Wie oft machen die Menschen
    denn tatsächlich davon Gebrauch? Es sind doch immer nur Minderheiten, die die gesellschaftlichen Grenzen austesten wollen. Vernünftige Menschen machen keine Geschichte,
    Dreyfus. Die meisten Bürger sind mit ihrem Los zufrieden und wollen nur, dass heute alles so bleibt, wie es gestern war. Und innerhalb der Habitate wird an den alten Freiheiten kaum gerüttelt.«
    »Aber sie können ihr Habitat nicht verlassen. Sie können ihre Angehörigen und Freunde von außerhalb nicht mehr
    besuchen.«
    »Dazu wird es nicht kommen. Wenn Aurora erst die Kon-
    trolle über die Zehntausend hat, wird sie eine Übergangs-frist festsetzen, bevor die Einschränkungen in Kraft treten.
    In dieser Zeit dürfen die Menschen nach Belieben ihren
    Wohnsitz wechseln, so oft, bis sie sich schließlich entschieden haben, wo sie auf Dauer leben wollen. Erst danach werden die Tore geschlossen.«
    »Einige wird es immer geben, die ihre Entscheidung be-
    reuen«, sagte Dreyfus. »Aber Sie werden mir sicher gleich sagen, dass sie mit Hilfe der Abstraktion ja immer noch Reisen simulieren können.«
    Jetzt wurde Gaffney fast verlegen. »Nun ja ... auch die Abstraktion wird kontrolliert werden müssen.«
    »Womit Sie sagen wollen ...«
    »... dass die derzeitigen Bestimmungen verschärft wer-
    den. Natürlich nur aus Sicherheitsgründen. Es wäre näm-
    lich möglich, dass die Destabilisierung über die Daten-
    netze Fuß fassen kann. Dieses Risiko kann Aurora nicht
    eingehen. Die Habitate müssen voneinander isoliert wer-
    den.«
    »Allmählich scheint mir die Therapie schlimmer zu sein
    als die Krankheit«, sagte Dreyfus.
    »Oh, Sie sollten nicht übertreiben. Interne Abstraktionen in den Habitaten werden auch weiterhin aufrechterhalten.

    Für viele Bürger ist das genug. Und die Dateninfrastruktur bleibt bestehen, damit Aurora die zehntausend auch weiterhin überwachen und unterstützen kann.«
    »Damit wir uns nicht missverstehen«, sagte Dreyfus. »Wir reden von einer permanenten Ausgangssperre ohne Bewegungs- oder Kommunikationsfreiheit und ohne demokrati-
    sche Mitbestimmung über das eigene Schicksal?«
    Gaffney zuckte zusammen; ob ihm seine Verletzungen
    Schmerzen bereiteten oder ob ihn die Frage getroffen hatte, konnte Dreyfus nicht erkennen. »Aber dafür können die
    Menschen in Sicherheit leben, Tom. Nicht nur heute und morgen, sondern mindestens für die nächsten neunzig Jahre.
    Solange Aurora am Ruder ist, kann die Destabilisierung
    nicht eintreten. Das Glitzerband bleibt erhalten.«
    »Aber es liegt in Ketten.«
    »Wir sprechen von zeitlich begrenzten Sicherheitsmaß-
    nahmen, die nicht auf Dauer in Kraft bleiben müssen. Aurora wird sich bemühen, im Lauf der Jahre den wahrscheinlichen Kern der Destabilisierung ausfindig zu machen. Ist das Risiko erst quantifiziert, dann kann man den Menschen ihr Schicksal auch wieder in die eigenen Hände zurückge-ben.« Gaffney starrte so angestrengt an die Decke, als suche er dort nach Erleuchtung. »Ich werde es Ihnen an einem
    Bild erklären, Tom«, sagte er so sachlich, als wären er und Dreyfus nur um Haaresbreite von einer Einigung entfernt.
    »In einem Raum mit vielen anderen Menschen befindet
    sich ein Mann, der ein scharfes Messer in der Hand hat und kurz vor einem epileptischen Anfall steht. Wenn man ihm das Messer nicht abnimmt und ihn sogar festhält, könnte er sich und die Umstehenden verletzen. Was tun Sie in dieser Situation? Sehen Sie tatenlos zu, um ihn nicht in seinen Rechten zu beschneiden? Oder greifen Sie ein, um nicht nur ihn selbst, sondern auch alle Personen im näheren Umkreis vor Schaden zu bewahren?«
    »Ich bitte ihn höflich, das Messer fallen zu lassen.«

    »Wobei er erschrickt und das Messer erst recht festhält.
    Was nun?«
    »Ich entwaffne ihn.«
    »Dafür ist es zu spät. Er hat Sie bereits verletzt. Dann kommt der Anfall, und er sticht auch auf alle anderen ein.
    Das Messer ist die Demokratie, Tom. Es ist die schärfste Waffe des

Weitere Kostenlose Bücher