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Aurora

Aurora

Titel: Aurora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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fünfzig Millionen
    Tonnen nicht einfach auf Zuruf in einen anderen Orbit bringen können. Und wir können auch die Ströme nicht aufhalten: Einzelne Elemente wären vielleicht zu zerstören, aber es sind einfach zu viele. Bestenfalls kann man die Habitate warnen und ihnen raten, sich zur Verteidigung bereit zu machen und ihre wie auch immer gearteten Evakuierungs-programme einzuleiten. Was wir natürlich bereits getan
    haben. Aber die Zeit ist so knapp, dass wir froh sein können, wenn bis zum Eintreffen der Ströme mehr als zehntausend Bürger umgesiedelt werden.« Dreyfus beugte sich tiefer über das Bett. »Deshalb möchte ich unbedingt wissen, was uns bevorsteht, Sheridan.«
    »Da haben Sie aber verdammtes Pech, Tommy, mein
    Junge.«
    »Sie enttäuschen mich, Sheridan. Sie wissen besser als
    jeder andere hier, dass es zwecklos ist, Informationen zu-rückhalten zu wollen. Irgendwann kriegen wir alles raus, koste es, was es wolle. Ich habe zum Beispiel die Genehmigung für einen Tief-Kortex-Trawl. Ich könnte auch einen Versuch mit einer dieser C-Peitschen unternehmen, die
    Ihnen so sehr am Herzen liegen. Mal sehen, wie Sie auf eine Dosis erweiterter Kooperationsförderung reagieren.«
    »Was glauben Sie, wie lange ich in meinem Zustand
    durchhielte?«, krächzte Gaffney.
    »Das ist ein Argument«, räumte Dreyfus ein. »Der Trawl
    wäre vielleicht das bessere Mittel. Wofür würden Sie sich entscheiden, nur interessehalber?«
    »Ich bin altmodisch. Konnte mich mit den Trawls nie an-
    freunden.«
    Dreyfus nickte. »Das könnte Ihnen so passen, wie? Ich
    traktiere Sie mit der Hundepeitsche, Sie sterben mir unter den Händen, bevor Sie mir Ihr Herz ausgeschüttet haben, und das wäre das Ende der Geschichte.«
    »Ich finde, es gibt schlechtere Schlüsse.«
    Dreyfus löste die gefalteten Hände und tippte sich mit
    dem Finger an die Schläfe. »Eines verstehe ich nicht, Sheridan. Sie sind ein zuverlässiger Panoplia-Agent und als Prä-
    fekt so gut wie jeder von uns. Womit hat Aurora es geschafft, Sie zum Verräter zu machen?«

    Endlich verzog sich die Maske zu einem grimassenhaften
    Lächeln. »Sie sind der Verräter, Tom, nicht ich. Sie und all die anderen Feiglinge, die nicht sehen wollen, wie es im Glitzerband tatsächlich zugeht. Ich weiß Bescheid, seit wir damals Hölle-Fünf verließen. Die Menschen haben uns in
    demokratischer Abstimmung die Aufgabe übertragen, sie
    zu beschützen. Leider haben wir die Verantwortung schon vor Jahren abgegeben. Wir haben das Volk verraten.«
    »Ich sehe das etwas anders«, widersprach Dreyfus.
    »Wenn Sie den Überblick über das große Ganze hätten,
    würden Sie mich verstehen.«
    »Klären Sie mich auf, Sheridan. Sagen Sie mir, was ich
    nicht sehe. Könnte es etwas mit Auroras Zukunftsschau zu tun haben?«
    Nach einer Weile sagte Gaffney: »Sie wissen also von Exordium.«
    »Genug, um den Trawl an der richtigen Stelle anzuset-
    zen, wenn Sie jetzt nicht mit der Sprache herausrücken.«
    »Aurora hat gesehen, wie alles endet, was uns kostbar ist, Tom. Wir haben im Raum um Yellowstone ein Wunder voll-bracht, wir haben ein glorreiches Werk geschaffen, wie es in der ganzen Menschheitsgeschichte ohne Beispiel ist. Dieses Gebilde könnte tausend oder zehntausend Jahre halten.
    Und doch geht es zu Ende. In weniger als hundert Jahren ist alles vorbei. Die Menschheit hat ein Fenster zum Paradies geöffnet, und in achtzig oder neunzig Jahren wird dieses Fenster wieder geschlossen. Die Geschichte vom Garten Eden ist kein uralter biblischer Mythos, der von der Ver-treibung aus einem Paradies vor vielen tausend Jahren er-zählt. Diese Geschichte ist vielmehr ein Vorgriff auf die Zukunft.«
    »Und wie sieht das Ende aus?«
    »Alles bricht binnen weniger Stunden und Tagen zusam-
    men. Aurora ist in die Träume der Synthetiker eingedrungen. Sie sah Habitate brennen, sah Menschen in Todesqualen schreien, sah Chasm City zum Monster werden und sich gegen die eigenen Bewohner wenden.«
    »Eine große Seuche«, sagte Dreyfus.
    »Niemand sieht sie kommen. Man kann keine Vorkeh-
    rungen treffen. Sie schlägt zu, wenn wir uns völlig unverwundbar wähnen, wenn wir am stolzesten, am glücklichs-
    ten sind.« Gaffney hielt inne, um Atem zu holen. Die Luft strich rasselnd durch seine Kehle. »Das kann Aurora nicht zulassen, Tom. Sie findet, das Glitzerband hätte Besseres verdient, als im Feuer zugrunde zu gehen.«
    »Aber wir reden doch von einem Ereignis, das noch acht-
    zig oder neunzig Jahre

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