Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Aurora

Aurora

Titel: Aurora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
Vom Netzwerk:
aus-tritt. Mit einem kleinen Leck können wir leben. Die Retter müssten nach meiner Schätzung wenige Minuten, nachdem
    wir durchgebrochen sind, zur Stelle sein.«
    »Glauben Sie das wirklich?«, fragte Caillebot.
    »Vor allem glaube ich, dass wir keine Chance haben,
    wenn die Maschinen die Barrikade überwinden.« Thalia
    stemmte eine Hand in die Hüfte. »Reicht Ihnen das, oder soll ich es Ihnen schriftlich geben?«
    Meriel Redon räusperte sich. »Wenn man den Plan zum
    ersten Mal hört, klingt er wie Wahnsinn. Ich dachte anfangs genauso. Aber nachdem ich Zeit hatte, alles zu durchdenken, sehe ich ein, dass wir nur so überleben können. Es heißt rollen oder sterben, Leute.«
    »Wie bald schon?«, fragte Cuthbertson.
    »Sehr bald«, antwortete Thalia.
    »Wir müssen überlegen. Wir brauchen Zeit, um darüber
    zu sprechen. Vielleicht fällt uns ja noch etwas anderes ein.«
    »Sie haben fünf Sekunden«, sagte Thalia und sah ihn
    streitlustig an. »Ist Ihnen etwas eingefallen? Nein? Das dachte ich mir. Bedaure, aber das ist der Plan, und eine Rück-trittsklausel ist nicht vorgesehen. Ich möchte, dass Sie sich jetzt alle anschnallen. Ich helfe Ihnen, wenn Sie es selbst nicht können. Aber wir haben keine Zeit für lange Debatten.«
    »Es wird schon gut gehen«, sagte Redon und hob die
    Arme, um die anderen zum Schweigen zu bringen. »Aber
    wenn wir nicht schnell handeln, sind die Maschinen da.
    Thalia hat uns einen Ausweg gezeigt, wo bisher nichts war.
    Ich bin wahrhaftig nicht begeistert von dem, was wir da vorhaben, aber ich sehe ein, dass uns nichts anderes übrig bleibt.«
    »Was ist mit dem Votenprozessor?«, fragte Caillebot. »Sie wollten ihn doch sabotieren. Haben Sie das vergessen?«
    Thalia hielt mit behandschuhter Hand die Hundepeitsche
    hoch. »Ich werde ihn jetzt ausschalten. Dann steige ich hinunter und horche, ob sich hinter der Barrikade etwas tut.
    Falls ich nichts höre und auch nichts darauf hinweist, dass anderswo Maschinen durchzubrechen versuchen, überlege
    ich mir den Fluchtplan vielleicht noch einmal. Falls ich mich aber zum Weitermachen entschließe, werden wir
    schon fast rollen, bis ich wieder heraufkommen und Ihnen Bescheid geben kann. Also stellen Sie sich darauf ein, dass wir es wagen.«
    Sie trat durch die Lücke im Geländer, fuhr die Schnur der Hundepeitsche aus und ließ sie steif werden. Dann stieß sie die Klinge ohne weitere Umstände auf Brusthöhe in den Pfeiler des Votenprozessors und drückte sie hinein, bis der Widerstand zu stark wurde. Der Prozessor protestierte mit heftigem Flackern gegen diese Behandlung, rings um die
    Wunde breiteten sich scharf umrandete schwarze Finger
    aus. Sie zog die Schnur heraus und stieß sie noch einmal schräg hinein. Die Hundepeitsche surrte heftig, der Schaft vibrierte in ihrer Hand. Thalia schwitzte. Wenn sie den Prozessor nicht außer Betrieb setzen konnte, dafür aber der Granatenmodus der Hundepeitsche nicht mehr funktionierte, wäre alles umsonst gewesen.

    Wieder zog sie die Hundepeitsche heraus. Jetzt wurden
    große Teile der Säule von schwarzen geometrischen For-
    men verzehrt. Irgendwo funktionierte der Prozessor noch -
    ihre Spezialbrille zeigte ihr, dass auf niedriger Stufe auch weiterhin Abstraktionsdaten übermittelt wurden -, aber sie hatte ihn auf jeden Fall beschädigt, vielleicht sogar so schwer, dass er keine kohärenten Datenpakete mehr an die Servomaten schicken konnte. Das musste genügen. Der Aktivmaterie im Kern des Prozessors konnte die Hundepeit-
    sche nichts anhaben, die würde sich schließen, sobald die Schnur durchgegangen war, und sie durfte die Waffe nicht überlasten.
    Thalia ließ die Schnur erschlaffen und in den Schaft zu-rückfahren. Sie hatte getan, was möglich war.
    »Mal sehen, ob wir Schaden angerichtet haben«, sagte sie zu Parnasse.
    Sie verließ das Stockwerk des Votenprozessors und schau-te noch einmal zurück, um sich zu vergewissern, dass die Bürger sich auch wirklich an die Geländer schnallten. Zufrieden stellte sie fest, dass sie bereits dabei waren, auch wenn einige der Fesselungen wenig vertrauenerweckend
    aussahen. Es gab einiges Murren und eine gewisse Empö-
    rung, aber Meriel Redon bemühte sich nach Kräften, die
    Einsicht zu wecken, dass es keinen anderen Weg gäbe.
    Vielleicht würde es nicht nötig werden, dachte Thalia.
    Vielleicht setzte die Ausschaltung des Votenprozessors der Sache ein Ende.
    Doch als sie und Parnasse die Barrikade erreichten, er-
    kannte sie, dass die

Weitere Kostenlose Bücher