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Aurora

Aurora

Titel: Aurora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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geflüchtet, bevor ich ihn endgültig erledigen konnte. Aber er kann uns nichts mehr anhaben.«
    »Woher wissen Sie das?«
    »Weil ich an ihm vorbeikam, als ich nach unten ging, um Sie zu holen«, sagte Sparver und trug Dreyfus mehr, als dass er ihn führte, eine Treppe hinauf. »Jedenfalls an großen Teilen von ihm.«
    Als Dreyfus es trotz der sperrigen Beinschiene in seinen Anzug geschafft hatte, kehrten sie auf einem anderen Weg, als Sparver ihn zuvor genommen hatte, an die Oberfläche zurück. Manchmal ging es sehr eng zu, aber keiner von
    ihnen trug die taktische Panzerung, und nach einer Weile warf Sparver auch das Gewehr weg, weil er annahm, damit gegen den einzigen Feind, der ihnen noch geblieben war, ohnehin nichts ausrichten zu können.
    »Er ist nicht mehr da«, suchte Dreyfus seinen Untergebenen zu beruhigen. »Sie werden ihn nicht wiedersehen.«
    »Ich habe ihn ja noch nie gesehen.«
    »Das war nur so eine Redensart.«
    »Und wieso meinen Sie, dass ich ihn nicht sehen werde?«
    »Wohin er auch gegangen ist, wohin es ihn auch ver-
    schlägt, ich denke, er wird mich im Auge behalten. Deshalb hat er mich am Leben gelassen. Ich soll dafür sorgen, dass Gerechtigkeit geschieht.«
    »Gerechtigkeit wofür?«
    »Den Mord an Philip Lascaille. Es ist lange her, aber
    einige der Beteiligten könnten sich immer noch im Sys-
    tem befinden und vielleicht sogar für Haus Sylveste tätig sein.«
    »Sie wollen den Uhrmacher rächen?«
    »Er hat Anspruch auf Gerechtigkeit. Er ist ein Zerrbild des einstigen Philip Lascaille, das will ich nicht bestreiten.
    Man hatte einem Menschen, der von den Schleierwebern in den Wahnsinn getrieben worden war, sein Bewusstsein ent-nommen und es - das Bewusstsein eines Mannes, der den
    sicheren Tod vor Augen hatte und entsprechend verängs-
    tigt war - in eine Maschine eingesetzt, die Kontakt zu den Aliens aufnehmen sollte. Zurück kam ein Racheengel, ge-prägt von einer fremden Umgebung, die er nicht verstand.
    Ich will nicht sagen, dass diesem Wesen meine Sympathien gehören. Aber das ändert nichts daran, dass am Anfang ein Verbrechen steht.«
    »Und Sie sind der Mann, der es aufklären soll?«
    »Wer Gerechtigkeit fordert, ist mir egal, Sparv. Gerechtigkeit ist ein Wert an sich, unabhängig von der moralischen Integrität des Opfers. Der Uhrmacher mag Gräueltaten begangen haben, dennoch ist ihm Unrecht geschehen. Und
    ich werde mein Möglichstes tun, um ihm Gerechtigkeit zu verschaffen.«
    »Und was dann?«
    Dreyfus fuhr ein Stich durch das verletzte Bein, er verzog das Gesicht. »Dann werde ich natürlich den Uhrmacher verfolgen. Nur weil ihm Unrecht geschehen ist, kann er nicht straffrei ausgehen.«
    »Immer vorausgesetzt natürlich, dass sich unsere kleinen Probleme mit Aurora irgendwann in Luft auflösen. Oder
    haben Sie die vergessen?«

    »Auroras wegen mache ich mir keine allzu großen Sorgen
    mehr.«
    »Das sollten Sie aber. Nach meinen letzten Informationen werden wir da oben ganz schön verdroschen.«
    »Der Uhrmacher hat mich in die Mangel genommen«,
    sagte Dreyfus. »Er hat mir alles über ihr Wesen und ihre Fähigkeiten aus der Nase gezogen. Er wollte genau wissen, wer oder was sie ist. Dann ist er geflohen. Was schließen Sie daraus?«
    »Er will sie verfolgen.«
    »Er ist mindestens so intelligent wie sie, Sparv. Vielleicht noch intelligenter. Und er hat sehr gute Gründe, sie von der Bildfläche verschwinden zu lassen.«
    »Und von da an müssen wir uns mit dem Uhrmacher
    auseinandersetzen anstatt mit Aurora. Ist das wirklich eine Verbesserung?«
    »Er will Rache, keinen Massenmord. Ich will nicht sa-
    gen, dass wir ruhig schlafen können, solange dieses We-
    sen da draußen sein Unwesen treibt, aber zumindest
    werden wir schlafen. Unter Aurora wäre das nicht mög-
    lich.«
    Dreyfus und Sparver hatten auch die letzte Etappe ge-
    schafft und schleppten sich nun durch die Trümmer eines unterirdischen Landeplatzes, auf dem immer noch Saavedras Kutter parkte. Aus dem Schiebedach des Wetterschutzes über dem Landedeck war ein Deckenträger auf das
    Schiff gestürzt und hatte es eingeklemmt. Sparver ging an Bord und versuchte Verbindung zu Panoplia aufzunehmen,
    aber der Kutter war tot.
    »Keine Sorge«, sagte Dreyfus. »Man wird uns schon ab-
    holen.«
    Als sie an die Oberfläche traten, hatte sich der Sturm gelegt. Der Himmel war sternenlos, ein giftig schwarzes Ge-wölbe in ständiger Bewegung, aber, wie Sparver beteuerte, nicht zu vergleichen mit der tobenden Hölle,

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