Aurora
würde.
Kaum zu glauben, wie kleinkariert er sich anfangs das
Ergebnis der Ermittlungen vorgestellt hatte. Ein einfaches Verbrechen aus Rache oder Gehässigkeit. Was für ein lä-
cherlicher Irrtum.
Aber der Uhrmacher hatte recht. Am Beginn des Weges,
der ihn hierher geführt hatte, stand die Untersuchung eines einfachen Mordes, wenn auch mit neunhundertsechzig Opfern.
»Sozusagen.«
»Aurora muss einen Komplizen gehabt haben. Wer hat
für sie gearbeitet?«
»Ein Mann namens Gaffney. Ein Präfekt, genau wie ich.
Er führt auch den Angriff gegen diesen Stützpunkt, um dich zu vernichten.«
»Ein schlechter Mensch?«
»Ein Mensch, der an schlechte Dinge glaubt.«
»Ich würde diesen Gaffney sehr gerne kennenlernen.«
Der Tonfall des Uhrmachers war nachdenklich geworden,
fast verträumt. »Was wird jetzt aus dir, Präfekt?«
Dreyfus musste fast lachen. »Ich glaube nicht, dass ich dabei etwas mitzureden habe.«
»Nein, du hast recht. Ich könnte dich jetzt töten oder dir etwas antun, was unendlich viel schlimmer wäre als der
Tod. Aber ich könnte dich auch gehen lassen.«
Dreyfus musste an eine Katze denken, die mit der Maus
spielt, um sie dann aufzufressen. »Warum solltest du das tun?«
»Es wurden Morde begangen, Präfekt. Ist es nicht dein
Beruf, Morde zu untersuchen und die Schuldigen zur Ver-
antwortung zu ziehen?«
»Unter anderem.«
»Wie weit würdest du gehen, damit Gerechtigkeit ge-
schieht?«
»So weit wie nötig.«
»Ist das deine innerste Überzeugung? Überlege dir genau, was du antwortest. Dein Schädel ist für mich wie ein Glasfenster, ein offenes Buch, ich sehe jeden deiner Gedanken und kann Lüge von Wahrheit unterscheiden.«
»Es ist meine Überzeugung«, beteuerte Dreyfus. »Ich
werde tun, was nötig ist.«
Er sah noch, wie die mächtige Faust sich hob und einer verchromten Ramme gleich auf seinen Schädel niedersauste.
Als Gaffney die Gestalt erblickte, blieb er stehen. Der schmale Körper war vor der Leuchtwand nur in Umrissen zu erkennen. Sie hatte eine Hand in die Hüfte gestemmt und den
Kopf fast kokett zur Seite geneigt, als erwarte sie ihn zu einem Stelldichein.
»Wie Sie sehen«, ließ er seine Stimme monströs verstärkt aus dem Anzug dröhnen, »bin ich unbewaffnet.«
»Wie Sie sehen«, antwortete die Frau, »ich auch. Sie können die Waffe jetzt weglegen, Präfekt Gaffney. Sie haben von mir nichts zu befürchten.«
»Die Frage ist wohl eher, was Sie von mir zu befürchten haben. Sie sind doch Saavedra?«
»Erraten. Sollte ich mich geschmeichelt fühlen, weil Sie mich kennen?«
»Das liegt bei Ihnen.« Gaffney trat näher. Er humpelte. Er hatte sich beim Absturz verletzt, und die Leistungsverstärkung versagte allmählich den Dienst. »Ich möchte nur eines von Ihnen. Sie halten den Uhrmacher da unten fest.«
»Er ist entkommen«, sagte Saavedra. »Es ist zu spät. Gehen Sie nach Hause.«
»Und wenn ich Ihnen das nicht glaube?«
»Dann müsste ich es Ihnen wohl beweisen.«
»Wie wollen Sie das anstellen?«
Immer noch in dieser koketten Pose und ohne aus den
Schatten zu treten, antwortete die Frau: »Ich könnte Ihnen den Reaktor zeigen, den Tokamak, in dem wir ihn eingeschlossen hatten. Sie wissen doch, dass der Uhrmacher mit Magnetfeldern gefangen gehalten wird?«
»Natürlich.«
»Wir hatten ihn in sicherem Gewahrsam, bis Sie auftauchten. Hätten Sie uns nicht angegriffen, dann hätten Sie unbemerkt in unsere Anlage eindringen und sich in aller Ruhe überlegen können, wie Sie ihn zerstören wollten.«
»Als ob das in Ihrem Sinne gewesen wäre. Wo ist Drey-
fus?«
»Er wurde bei Ihrem Angriff getötet.«
»Dann ist heute doch kein völlig verlorener Tag.«
»Hassten Sie ihn so sehr, Präfekt Gaffney? Hassten Sie ihn genug, um ihm den Tod zu wünschen?« Jetzt bewegte sie
zum ersten Mal den Kopf, so steif und ruckartig wie eine schlecht geführte Marionette. Gaffney wurde es plötzlich unheimlich, aber er unterdrückte sein Unbehagen. »Hassten Sie ihn so, wie Sie Delphine hassten?«
»Delphine war nur ein unbedeutendes Hindernis, das be-
seitigt werden musste.« Er schwenkte den Lauf seiner Waffe.
»Möchten Sie auch wie ein solches Hindernis behandelt
werden?«
»Nicht unbedingt.«
»Dann zeigen Sie mir den Tokamak. Ich möchte mit eige-
nen Augen sehen, dass der Uhrmacher entkommen ist. Da-
nach werden Sie mir helfen, ihn aufzuspüren, bevor er den Planeten verlässt.«
»Wollen Sie ihn auch töten?«
»Das habe ich
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