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Aurora

Aurora

Titel: Aurora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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Druckver-
    lust entstanden war. Der bewegungsunfähige Dravidian war sodann entlang der Gliedmaßen und in der Mitte des Oberkörpers an das Raumschiff geschweißt worden. Durch die
    dicken, silbrigen Schweißnähte entstand eine feste Verbindung mit der Schiffsverkleidung, ein spaltfreier Übergang zwischen seiner Anzugpanzerung und dem Rumpfmate-rial. Dreyfus - er stand schwerelos, nur mit den Stiefelsoh-len am Rumpf verankert, neben Dravidian - betrachtete den spektakulär Gekreuzigten mit starrem Blick und erkannte, dass kein noch so fachmännischer Umgang mit dem
    Schneidbrenner seinen Zeugen in der noch zur Verfügung
    stehenden Zeit würde befreien können.
    Dravidian würde mit seinem Schiff untergehen, ob es
    nun innerhalb des Glitzerbandes mit einem Habitat kolli-dierte oder von einer Atomrakete getroffen wurde. Die
    Augen hinter dem Helmvisier folgten Dreyfus und Sparver.
    Sie waren groß und wach, aber ohne jede Hoffnung.
    Dravidian wusste sehr genau, wie es um ihn stand.
    Dreyfus wickelte mit der linken Hand ein faseroptisches Kabel von seinem rechten Handgelenk ab. Dravidians Anzug war ein unbekanntes Modell: wahrscheinlich im Eigenbau aus selbst gemachten und alten, womöglich noch aus
    dem Zeitalter der Chemieraketen stammenden Einzelteilen zusammengefügt. Aber fast alle Raumanzüge waren bis zu
    einem gewissen Grad kompatibel. Die Anschlussbuchsen
    für die Luft- und Energieversorgung passten schon seit
    Jahrhunderten zu einer begrenzten Anzahl von Standard-
    schnittstellen. Das Gleiche galt für die Kommunikationsverbindungen.

    Dreyfus fand die entsprechende Öffnung in Dravidians
    Ärmel und schob das Kabel hinein. Die Kontakte rasteten mit leisem Klicken ein, und gleich darauf drang das Zischen einer fremden Luftzirkulation in seinen Helm. Dravidians Lebenserhaltungssystem.
    »Captain Dravidian? Ich hoffe, Sie können mich hören.
    Ich bin Tom Dreyfus von Panoplia, Präfekt im Außen-
    dienst.«
    Das Schweigen dauerte länger, als Dreyfus erwartet hatte.
    Er wollte die Hoffnung auf ein Gespräch schon aufgeben, als Dravidian mühsam Luft holte.
    »Ich kann Sie hören, Präfekt Dreyfus. Und ich bin Dravidian. Sehr klug von Ihnen, das zu erraten.«
    »Ich wünschte, wir hätten Sie früher erreicht. Ich habe Ihren Funkspruch aufgefangen. Es hörte sich an, als litten Sie Höllenqualen.«
    Was jetzt durch die Leitung kam, klang wie ein Glucksen.
    »Das war auch so.«
    »Und jetzt?«
    »Ist wenigstens das vorbei. Sagen Sie mir: Was hat man
    mir angetan? Ich spürte heftige Schmerzen in allen Glied-maßen ... aber ich konnte nichts sehen. Man hatte mich
    nach unten gedrückt. Hat man mich in Stücke geschnit-
    ten?«
    Dreyfus betrachtete die angeschweißte Gestalt, als müsste er sich erst vergewissern, dass Dravidian noch vollständig vorhanden war. »Nein«, sagte er. »Man hat Sie nicht in Stü-
    cke geschnitten.«
    »Das ist gut. Dann hat man mir wenigstens einen Rest
    von Würde gelassen.«
    »Das verstehe ich nicht.«
    »Wenn man bei den Ultras eines Verbrechens beschul-
    digt wird, sind die Strafen gestaffelt. Bei mir hielt man es für sehr wahrscheinlich, dass ich schuldig war. Aber man war sich nicht sicher. Nur wenn man völlig ausgeschlossen hätte, dass ich unschuldig bin, hätte man mich in Stücke geschnitten.«
    »Man hat Sie ans Schiff geschlagen«, sagte Dreyfus. »Festgenagelt und dann angeschweißt.«
    »Ich habe das Licht gesehen.«
    »Ich kann Sie nicht aus diesem Raumanzug holen, und
    ich kann den Anzug nicht vom Rumpf trennen. Ich kann
    auch kein Stück aus dem Rumpf herausschneiden. Nicht in dreißig Minuten.«
    »Dreißig Minuten?«
    »Ich habe leider Befehl, dieses Schiff zu zerstören. Ich bedauere sehr, dass Sie leiden mussten, Captain. Ich kann Ihnen versprechen, dass mein Urteil rasch und sauber voll-streckt wird.«
    »Atomraketen?«
    »Es wird schnell gehen. Mein Wort darauf.«
    »Sehr freundlich von Ihnen, Präfekt. Nein, ich hatte mir nicht ernsthaft Hoffnungen auf eine Rettung gemacht. Wenn Ultras etwas tun ...« Er vollendete den Satz nicht.
    Dreyfus nickte. Er verstand auch so.
    »Aber Sie sprechen von einem Urteil«, fuhr Dravidian
    fort, als er entweder wieder zu Atem gekommen war oder
    klar denken konnte. »Das heißt doch wohl, dass Sie von
    meiner Schuld überzeugt sind?«
    »Ein grausames Verbrechen wurde verübt, Captain. Ich
    verfüge über Beweise, die wenig Zweifel daran lassen, dass Ihr Schiff daran beteiligt war.«
    »Ich bin geflüchtet«, sagte

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