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Aurum & Argentum (German Edition)

Aurum & Argentum (German Edition)

Titel: Aurum & Argentum (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Saskia V. Burmeister
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hatte er es nicht. Der alte Salazar kratzte sich nachsinnend am Kiefer. „Nun, was ich eigentlich damit sagen will, ist folgendes: Mut kommt aus dir selbst heraus. Angst kann ihn jedoch blockieren, das heißt, dass man seine Angst überwinden muss. Dann kann man wirklich mutig sein.“
    Leons Blick ging nun ins Leere, wie sollte ihm dies denn gelingen? Seine Furcht war viel zu groß, als dass er sie hätte überwinden können. Doch der alte Drache wollte davon nichts hören. „Es kommt der Tag, an dem jeder einmal über sich hinaus wächst“, war er sich sehr sicher, „auch für dich wird er kommen und dann wirst du wissen, was zu tun ist. Dein Herz wird es dir sagen, du wirst die Angst bezwingen und den Mut in dir finden, den du schon so lange suchst. Er ist da, ich kann ihn förmlich riechen. Vertraue auf deine verborgenen Kräfte. Ich bin ein Drache des Westens und du bist ein Kentaur, im übergeordneten Sinne gesehen sind wir beide Jäger und Kämpfer. Wir dürfen uns nicht zur Beute unserer Ängste machen. Ich kenne das Gefühl der Hilflosigkeit, wenn die Angst einem die Kehle zuschnürt und die Sinne schwinden. Du wirst es mir vielleicht nicht abnehmen, aber ich war einst sehr ängstlich. Damals war ich noch ein Jungtier, stets behütet von meiner lieben Mutter. Doch eines Tages, als sie auf die Jagd gegangen war, da wollte ich nicht länger in der Höhle verweilen. Ich war ein Jungdrache, der langsam flügge wurde, und kein Küken mehr. Also schlich ich mich hinaus, entfaltete meine Flügel und probierte sie aus. Bald schon hatte ich den Dreh raus und segelte hinunter zum Fuße des Berges. Dort war ich zuvor noch nie gewesen, alles war faszinierend und erschreckend zugleich. Einerseits wollte ich noch mehr sehen, andererseits jagte mir das Unbekannte Furcht ein.“ Salazar räusperte sich und Leon war tief bewegt, er hätte nie gedacht, dass dieses riesige Reptil so ein guter Geschichtenerzähler sein konnte. „Lange Rede, kurzer Sinn. Es kam natürlich, wie es kommen musste. In der Gegend hatten sich schon seit Wochen düstere Gestalten herumgetrieben: Drachenjäger, die unter dem Vorwand, eine gute Tat zu begehen, Drachen erschlugen. Aus einem Reptilienkönig wie uns kann man wahrlich Profit schlagen. Unsere Schuppen, Hörner, Klauen, Augen, Eingeweide – eigentlich lässt sich alles von uns verwerten. Meist für Zaubertränke, aber auch für verrückte Adlige, die meinen, durch ein Bad in Drachenblut oder das Konsumieren von Drachenfleisch länger zu leben oder gar unverwundbar zu werden. Das ist natürlich ein Märchen. Aber bekanntlich ist der Glaube an sich stark und Einbildung kann vieles bewirken, mit ihr lassen sich sogar Krankheiten heilen. Doch dies ist nicht das Thema des Gesprächs. Bitte entschuldige, ich bin auch im Geiste nicht mehr der Jüngste.“ Ein verlegenes Lächeln huschte über seine Schnauze und er zeigte seine Raubtierzähne. „Ich war bei den Drachenrittern stehen geblieben, nicht wahr? Nun, sie waren in der Überzahl und du kannst dir sicher denken, ich hatte kaum eine Chance. Sie trieben mich in die Enge und ich war schon kurz davor, ohnmächtig vor Furcht zu werden. Doch dann sah ich das Bild meiner Mutter vor mir. Sie würde unglaublich traurig sein, wenn sie zurückkehrte und mich nicht mehr fand. Ich war ungezogen gewesen und sie sollte nicht dafür leiden müssen. Ich war ihr Ein und Alles und ich wusste, wenn sie mich verlor, würde sie ihres Lebens nicht mehr froh werden. In diesem Moment dachte ich nicht an mich und was mir passieren könnte, sondern an meine arme Mutter und das hatte zur Folge, dass ich die Angst plötzlich gar nicht mehr spürte. Sie war wie hinweggepustet und da sie mich nicht länger blockierte, fand ich etwas Neues in mir: die Fähigkeit Feuer zu speien. Das hielt die Barbaren auf Abstand, außerdem machte es meine Mutter auf mich aufmerksam, als sie zurückkehrte. Ihr Schatten allein reichte, um die Männer in die Flucht zu schlagen, denn eine wütende Drachenmutter, die um ihr Kind kämpft, ist kaum mit etwas anderem vergleichbar. Vor ihr flüchten sogar Dämonen. Es war also kein Wunder, dass die Jäger rannten wie die Hasen.“ Dabei musste er selbst schmunzeln, als er sich daran erinnerte. „Natürlich schimpfte meine Mutter mit mir, aber nicht lange, denn sie war viel zu glücklich darüber, dass ich noch einmal ungeschoren davon gekommen war.“
    Gemächlich erhob sich Salazar nun, zum Horizont blickend, wo die Sonne sich bereits

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