Aurum & Argentum (German Edition)
ankündigte. „Hürden sind dazu da, überwunden zu werden“, verabschiedete er sich, denn er wollte gehen, um den Häuptling zu wecken, bevor jemand merkte, dass dieser sein Wächteramt leicht vernachlässigt hatte. Ein Gähnen kam aus dem Schnabel von Liselotte, die immer noch zwischen seinen Hörnern thronte: „Schon wieder Morgen? Bilde ich es mir ein, oder werden die Nächte immer kürzer?“
Leon sah dem Grauen noch lange hinterher und grübelte über das nach, was er ihm erzählt hatte. Würde er es tatsächlich eines Tages schaffen, seine Ängste zu bezwingen? War es eine Prophezeiung gewesen oder nur eine gut gemeinte Mär? Allein die Zeit würde dies Rätsel wohl lösen können.
Kapitel VIII
Verführerische Klänge
Beim Frühstück an diesem herrlichen Spätfrühlingsmorgen zeigten sich die Bes wieder einmal sehr großzügig. Die Frauen hatten noch am Abend, während des Festes, Brot gebacken und holten nun die letzten Marmeladengläser hervor. Den Häuptling lobte man für seine vorbildliche Wachsamkeit und auch die letzten Zweifler entschuldigten sich nun dafür, ihn unlängst einen Versager geschimpft zu haben. Salazar schmunzelte, zwinkerte dem Häuptling zu und die Wahrheit blieb ihr kleines Geheimnis.
Auch die Knaben wurden dazu ermuntert, kräftig zuzulangen. Außerdem waren sich die Bes zu allem Überfluss einig, ihnen etwas schuldig zu sein. So kam es, dass sie ihnen bald darauf ihren letzten gepökelten Schinken überreichten und keine Widerworte duldeten. Ein Großvater begann sofort von den schwarzen Schweinen zu schwärmen, die sie bis vor kurzem noch gezüchtet hatten. Prächtige, gesunde und sehr wohlschmeckende Tiere, was leider auch den plündernden Dämonen sehr behagt hatte. Leon schüttelte mit dem Kopf, das konnten sie nicht annehmen, Calep hingegen hatte keine Bedenken, schon hatte er den prächtigen Schinken im Vorratsbeutel verstaut.
„ Das können wir nicht tun!“, zischte Leon durch die Zähne.
„ Warum denn nicht? Sie bestehen darauf!“, widersprach der Hobgoblin.
Erst Flux fand einen Vorschlag zur Güte. „Für dies prächtige Geschenk möchten wir euch danken!“, verkündete er. „Und zwar mit einem kleinen Zauberkunststück.“ Behände zeigte er den Sack herum und förderte anschließend einen Schinken nach dem anderen daraus hervor, so lange, bis er einen großen Stapel aufgetürmt hatte. Den Bes fielen fast die Augen aus dem Kopf, erst recht, als auch noch mehrere Kilo Äpfel und anderes Obst, dazu noch Käse und Nüsse vor ihnen aufgetürmt wurden.
„ Ein Wunder, ein Wunder!“, riefen ein paar Frauen. „Das ist Magie!“, widersprachen ihre Mütter, den Kindern wiederum war das herzlich egal, sie schleppten nach Hause, so viel, wie sie tragen konnten.
„ Oh ihr Götter!“, fing nun wieder der Medizinmann an zu lobpreisen. „Eure Engel sind wahrlich himmlisch!“
„ Ist doch nicht der Rede wert“, gab Calep an, „so was machen wir mit links.“
„ In Wahrheit solltet ihr euch bei Morgana bedanken“, vermasselte Flux ihm gründlich die Tour, „sie hat uns diesen Beutel geschenkt.“
Sofort warf sich der Häuptling auf den Boden und dankte der großen Herrscherin überschwänglich.
„ Die lebt also immer noch?“, krächzte Liselotte wie ihr der Schnabel gewachsen war. „Da staunt der Laie und der Fachmann wundert sich!“
„ Schenken macht sogar noch mehr Spaß, als beschenkt zu werden“, stellte Flux fest, während der Häuptling verkündete, den heutigen Tag zum Ausruhen und Feiern nutzen zu wollen. Die Knaben waren selbstverständlich eingeladen, doch sie wussten, dass sie ihren Weg endlich fortsetzen sollten. Auch Beelzebub spürte das Fernweh in den Knochen, vielleicht war es aber auch nur die Sehnsucht nach Artgenossen.
„ Ihr habt den Häuptling gehört!“, dröhnte nun auch die Stimme des ranghöchsten Bergmanns. „Wir werden unser Glück morgen wieder versuchen!“ Die Kumpel waren einverstanden, anderseits aber auch ein wenig deprimiert. Alles, was sie gestern gefunden hatten, waren unansehnliche rundliche Stücke aus grauem Fels, sie hatten vor, mit ihnen eine Mauer um das Dorf zu errichten. Salazar beäugte die Schubkarre mit den unscheinbaren Gesteinsbrocken und ließ sich dann einen von ihnen reichen.
„ So, so“, murmelte der Drache und machte damit alle furchtbar neugierig, vor allem Flux, der Geheimnisse liebte, aber nur, wenn sie auch gelöst wurden. Nichts war schlimmer als ein Rätsel, über
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