Aurum & Argentum (German Edition)
wurde er von einem vielstimmigen Gebrüll übertönt. Der Geist lachte nur noch dumpf, gab seinem Pferd die Sporen und preschte davon.
„ Lasst uns später darüber diskutieren“, krächzte Orion zu seinen schockierten Verbündeten, „verschwinden wir lieber, so lange wir noch können!“
Er wetzte los und die anderen folgten ihm.
„ Und was wird aus meinem Vorschlag?“, wollte Calep wissen, doch nach diesem Erlebnis war der schöne Plan im Eimer. Orion hätte höchstens ihn und Flux gleichzeitig zum Rand des Sumpfes fliegen können, was bedeutet hätte, dass er Leon für kurze Zeit alleine zurücklassen musste, und das konnte er ihm nun nicht mehr zumuten. Trotz seiner guten Ohren hatte er den verkündeten Namen nicht gehört, es war also durchaus möglich, dass es einer der ihren war.
Sie stoppten erst wieder, als sich der verschlungene Pfad gabelte, hektisch sahen sie sich um, Leons Blick fiel dabei auf eine Kreatur im Morast, die giftige Gewächse abweidete und der es auch noch zu schmecken schien. Ihr Körper war der eines großen Büffels, die Beine stammten von einem Nilpferd, der unförmige Kopf eines Warzenschweins saß auf einem langen breiten Hals und der muskulöse, schlangenartige Schwanz peitschte hin und her.
„ Auch das noch!“, erschrak Flux, als er auf das Tier aufmerksam wurde, er kannte es aus seinem Schulbuch.
„ Ein Catoblepas!“, nahm Orion ihm das Wort aus dem Mund. „Schaut weg! Sein Blick kann tödlich sein!“
Ihr Geschrei hatte das schwerfällige Wesen offenbar gestört, es hob den Kopf und stierte sie an, Leon blickte ihm genau in die Augen und erstarrte.
„ Nein!“, Flux rüttelte ihn ohne Erfolg am Arm, Calep griff zu drastischeren Mitteln und trat dem Kentaur gegen ein Schienbein. Leon jaulte vor Schmerz und krümmte sich, das Catoblepas glotzte sie weiterhin aus milchiggrauen Augen an. Es war blind und grunzte ein wenig irritiert. Auf seinen Geruchssinn konnte es sich auch nicht verlassen, dafür war sein Körpergeruch zu abscheulich. Flux hielt sich würgend die Nase zu und erneut überschlugen sich die Ereignisse. Erst ertönte ein vielfaches Gebrüll, dann stürzte ein riesiger Drache aus dem Nebel heran, seine Arme schnellten vor und seine Klauen packten die Flanken des Catoblepas, das Tier schrie in Todesangst, ein Kopf seines Angreifers packte es am rechten Ohr, ein weiterer im Nacken. Insgesamt hatte der vierbeinige, flügellose Drache neun Köpfe auf ebenso vielen Schlangenhälsen. Die Hydra hatte ihnen nun wirklich noch in ihrer Mottensammlung gefehlt. Trotz seines üblen Geruchs tat Flux das Catoblepas leid und ohne groß zu überlegen, holte er Pfeil und Bogen hervor.
Die Hydra wollte soeben der Beute die Kehle durchtrennen, als sich ein spitzes Geschoss in ihre Hintertatze bohrte, mehrere Köpfe fauchten und brüllten und das Beutetier brach trotz aller Bemühungen sterbend zusammen. Ein wütendes Grollen kam aus den Kehlen der Widersacherin. Die Drächin hob ihren langen, muskulösen Schwanz und benutzte ihn wie eine Peitsche. Pfeifend zischte er durch die Luft. Mit einem beherzten Schubs brachte Leon seinen Bruder gerade noch aus dem Gefahrenbereich, dafür wurde er aber selbst voll getroffen, zurückgeschleudert und eh er sich versah, steckte er fast bis zur Taille im Morast. Unter sich konnte er keinen Boden mehr spüren und das Moor zog ihn unaufhaltsam hinab, Flux bemühte sich nach Kräften, er streckte ihm die Hand entgegen, erreichte ihn aber nicht. Calep ergriff das Nesthäkchen am Arm, um ihn vorm Stürzen zu bewahren. Mit wässrigen Augen sah Flux ihn an, doch auch sein Kumpel wusste keinen Rat. Leon war unterdessen bis zur Brust eingesunken, als Orion plötzlich genau über ihm war. Seine Hinterbeine tauchten in den Morast und packten Leons Pferdeleib, während seine Adlerklauen ihn an den Schultern ergriffen, mit mehreren kräftigen Flügelschlägen wuchtete Orion ihn aus dem Schlamassel heraus ans feste Land. Flux und Calep hatte der dabei erzeugte Wind von den Füßen gerissen, doch sie rappelten sich schnell wieder auf.
Einen Moment lang musste Orion verschnaufen und sah zu, wie die Brüder sich in den Armen lagen. Missbilligend und nachtragend zischte die Hydra und lenkte die Aufmerksamkeit wieder auf sich. Demonstrativ hob sie die leicht betäubte Pranke, zog den Pfeil heraus und zerbiss ihn. Die Wunde war für ihre Körpergröße nun wirklich keiner Rede wert, dennoch hielt sie es für angebracht, sich auch noch drohend auf den
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