Aurum & Argentum (German Edition)
mehr Zeit zu verlieren, hob Leon den Kleinen grinsend auf seinen Rücken.
„ Ich will doch schließlich kein Spielverderber sein, also ziehen wir weiter.“
Dem Elf fehlten vor Freude die Worte.
„ Ich würde euch gerne einen Vorschlag unterbreiten“, der Mantichora erhob sich und trat zu ihnen, „als Wiedergutmachung für meinen Angriff würde ich euch gerne eine Zeit lang begleiten. Solltet ihr attackiert werden, könnte ich euch verteidigen.“
Flux und Leon sahen sich lange an. Der Löwenmann war sicher sehr stark und konnte sie gut beschützen, aber andererseits war er selbst eine beträchtliche Gefahr.
„ Freunde waren für mich schon immer als Futter tabu“, beeilte sich die Raubkatze mit dem Menschengesicht und dem Skorpionschwanz zu sagen, „ich werde euch nicht noch einmal bedrängen, das ist ein Versprechen.“
Die Brüder zögerten jedoch noch immer. Auf der einen Seite war es ein Risiko, auf der anderen wollten sie den Löwenmann aber auch nicht dadurch verärgern, dass sie seinen Vorschlag ablehnten.
„ Wir nehmen dein Angebot gerne an“, beeilte sich Leon daher zu sagen.
„ Wirklich?“, der Mantichora war höchst erstaunt. Er senkte sein Haupt: „Es wird mir eine Ehre sein, euch mit meinem Leben zu beschützen. Der Elf sagte, Morgana persönlich habe euch auf die Reise geschickt. Selbst ein verachtenswertes Raubtier wie ich kennt ihren Namen. Sie hat viel für diese Welt getan. Für ihre Auserwählten würde ich mein Leben mit Freude hergeben.“
Die ungleichen Brüder wussten nicht, was sie daraufhin erwidern sollten, also schwiegen sie und Leon setzte sich langsam in Trab. Der Mantichora konnte leicht mit ihm Schritt halten, trotz seines augenscheinlich beträchtlichen Alters war er noch gut in Form.
„ Die Grasebene ist die Heimat vieler verschiedener Wesen“, erklärte ihnen der Mantichora unterwegs und tatsächlich, bald schon sahen sie am Himmel einen ganzen Schwarm von Jaculus, das waren Schlangen mit Vogelflügeln, und am Boden eine Herde von grasenden Pegasi. Flux bestaunte die edlen Rösser mit den prächtigen Vogelschwingen mit offenem Mund. Er hatte nur ein einziges Mal zuvor einen Pegasus gesehen. Damals war ein Hexenmeister auf einem Flügelross ins Dorf geritten. Er hatte allerlei Tinkturen, Salben und Heilmittel verteilt, die auch alle die gewünschte Wirkung erzielt hatten. Ein wenig Proviant, ein Dach für die Nacht über dem Kopf und ein Dankeswort waren ihm Lohn genug gewesen.
„ Sie sind ganz wundervoll, nicht wahr?“, fand auch der Mantichora. „Sie sind eigentlich recht sanft und nett, aber wenn man sie bedroht, können sie richtig fuchsteufelwild werden.“
Flux konnte sich gut vorstellen, dass der alte Fleischfresser schon Bekanntschaft mit ihren Hufen gemacht hatte. Der schwarze Leithengst der Herde sah ihnen nach und wieherte leise, offenbar um den Karnivoren auf Abstand zu halten.
Kapitel III
Ein Spaßvogel
Zwischenzeitlich sahen Leon und Flux abwechselnd immer wieder prüfend auf den Kompass, die Nadel zitterte zwar leicht, zeigte aber grob gesehen immer in dieselbe Himmelrichtung.
„ Wo wird uns dieser Kurs hinführen?“, erkundigte sich der Mantichora nach einer Zeit des Schweigens.
„ Zu einem Verbündeten, wenn wir Glück haben“, antwortete ihm Flux.
Leon spürte inzwischen schon lange keinerlei Nachwirkung mehr in seinem Hinterbein, die Lähmung war überwunden.
„ Bestimmt hat Morgana einen gigantischen Riesen ausgewählt“, fantasierte Flux, „oder vielleicht einen Dämonenjäger. Gut wäre auch ein Drachenritter oder ein breitschultriger Minotaurus.“
„ Na hoffentlich nicht“, murmelte Leon vor sich hin, ihm wäre ein harmloserer Verbündeter lieber gewesen.
„ Sie wird ihre Entscheidung weise getroffen haben“, machte ihm der Raubkater Mut, „schließlich sagt man nicht ohnehin, dass sie die weiseste aller Frauen von ganz >Aurum & Argentum< sei. Man sagt allerdings auch, sie sei das älteste aller Lebewesen hier und noch einige andere Dinge mehr.“
Flux horchte auf: „Was denn zum Beispiel?“
„ Nun“, so der Mantichora, „man erzählt sich viele Märchen über Morgana. Der Volksmund nennt sie ‚die Wissende’, da sie niemals etwas vergisst. Ihre Verehrer glauben, sie sei ein himmlischer Engel und ihre Feinde behaupten, sie sei das Böse in Person.“
Flux runzelte die Stirn. „Neider gibt es überall und Dankbarkeit ist dünn gesät“, fand er und der Raubkater nickte.
„ In
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