Aurum & Argentum (German Edition)
der Tat. Nicht alle Bewohner von >Aurum & Argentum< heißen es gut, dass sie einst den Großteil aller Goldschätze im zentralen Salzsee versenkte.“ Flux verstand, was der Löwenmann meinte. „Seit diesem Tage an gibt es immer mehr Zauberer, Hexen und andere Personen, die sich in der Alchimie versuchen. Sie experimentieren mit minderwertigem Metall, aus dem sie Gold machen wollen. Viele von ihnen suchen nach dem Stein der Weisen, einer Substanz, die dies angeblich ermöglicht. Jene Alchimisten, die nicht der Suche nach der Goldformel frönen, beschäftigen sich seit Generationen damit, das Lebenselixier zu brauen, das jedem Unsterblichkeit bringt, der es trinkt“, berichtete der Alte.
Die weite Grasebene zog sich hin bis zum Horizont. In der Ferne graste ein ochsenähnliches Qilin mit bärtigem Drachenkopf und einem einzelnen fleischigen und stumpfen Horn auf der Stirn. Strahlend blau schimmerten die Schuppen, die seinen Leib bedeckten, und mit lautem Schnauben gestikulierte es den Reisenden, ja nicht anzuhalten. Trotz der schlechten Laune des Tieres versuchte Flux es als segensreiches Zeichen zu deuten, dass er nun schon zum zweiten Mal an diesem Tag einem einhornartigen Tier begegnet war.
Vereinzelte Bäume streckten ihre Äste weit von sich und auch große Flächen mit Heidekraut gediehen prächtig.
„ Neid ist tatsächlich weit gesät“, hob der Mantichora an, „denn schließlich sprechen die alten Legenden davon, dass nicht nur der prächtige Palast des Königs auf der Insel Manoa steht, der von Morgana bewohnt wird. In ihrem Zentrum erhebt sich wohlmöglich auch der Palast der Götter, das größte Bauwerk von ganz >Aurum & Argentum<. Es ist legendär und dort sollen sich Schätze verbergen, die noch nie ein sterbliches Auge erblickt hat. Diamanten, so groß wie Elefanten, und Gold in rauen Mengen. Auch an Rubinen, Smaragden, Saphiren, Opalen und Amethysten soll es dort nicht mangeln. Da Morgana für sich allein das Privileg erhebt, dort zu residieren, heißt es, sie würde auch all die Reichtümer für sich selbst beanspruchen und sie aus purem Egoismus niemandem sonst zugänglich machen. Ihr Nebel der Verwirrung, der sich über die Insel und weite Teile des Salzsees legt, verhindert schließlich schon seit vielen Generationen erfolgreich, dass kein Schatzsucher zum goldenen Zentrum von >Aurum & Argentum< vorstößt.“
Flux machte den Mund auf und nicht wieder zu. „Riesige Diamanten?“, ging es ihm durch den Kopf. „Gold und Edelsteine in solchen Mengen, dass man darin baden könnte?“
Der Mantichora sah das Funkeln in seinen Augen und schmunzelte. Flux fasste einen Entschluss: „Wenn wir getan haben, was Morgana von uns verlangt, dann werde ich sie bitten, mir die Insel zu zeigen!“
„ Wirklich raffiniert“, fand Leon und der kleine Elf griente von einem Ohr zum anderen.
„ Und die Schätze sind nicht der einzige Grund, wieso man Morgana für selbstsüchtig hält. Auch ihre Unsterblichkeit weckt die Missgunst. Sie soll sie von nichts Geringerem als dem Baum des Lebens beziehen. Man erzählt sich, dass das Fleisch seiner Früchte Heilung bringt. Seine Samen wiederum bedeuten Wiederauferstehung und seine Blätter beugen der Altersschwäche vor. Wenn man Fruchtfleisch, Blätter und Samen zusammen nimmt, kann man daraus das Lebenswasser brauen, das Unsterblichkeit verleiht. Auch aus diesem Grund versuchen Abenteurer immer wieder auf die Insel zu gelangen. Aber wer weiß, wenn ihr Morgana einen genügend großen Gefallen tut, dann zeigt sie euch vielleicht tatsächlich ihr Reich.“
Flux freute sich schon jetzt wie verrückt darauf, sein Kentaurenbruder war eher misstrauisch. Ihn interessierten die Schätze keineswegs, viel wichtiger war es ihm, Flux heil und gesund zurück zu seinen Eltern zu bringen. „Hoffentlich zieht sich die ganze Angelegenheit nicht allzu sehr in die Länge“, denn wenn Leon ehrlich war, hatte er schon jetzt die Nase gestrichen voll von der Weltreise.
„ Ja, so ist das“, sinnierte der Löwenmann, während sie weiterreisten, „mächtig zu sein ist auch nicht immer einfach und meist macht es einsam. Morgana ist ohne jede Frage sehr mächtig, so wie jedes ätherische Wesen. Ich denke, es gibt kein zweites Volk, über das man sich so viele Mythen erzählt und über das gleichzeitig so wenige Fakten existieren. Wenn es um ätherische Wesen geht, kann man kaum ergründen, was wahr ist und was nur Erzählung. Sie sind so ungreifbar wie der Wind und am ehesten
Weitere Kostenlose Bücher