Aurum und Argentum (2) - Die magischen Avatare (German Edition)
Jungtiere. Es ist ein Besucher.“ Die Rotfüchsin staunte und wollte gerade etwas sagen, als jemand schnellen Schrittes nahte. Alle wandten den Kopf dem Mädchen zu, das auf sie zukam. Ihre Haare waren kurz und schwarz, sie trug ein hellblaues Oberteil mit Stickereien und eine dunkelblaue Hose. Sie hatte weder spitze Ohren noch tierische Merkmale, sondern sah aus wie ein gewöhnlicher Mensch.
„Wieso haben die Torwächter und all die anderen Statuen den Eindringling nicht gemeldet?“, fluchte sie zur Begrüßung. Die Tanuki und die Kitsune legten die Ohren an und die Welpen verkrümelten sich unter dem Teetisch.
„Vermutlich schlafen die verzauberten Statuen alle“, bemerkte ihre Mutter, „hier passiert doch nicht viel … ab und an kommt ein Löwe oder Marozi zum Tor und wird von den Statuen vertrieben.“
Das Mädchen schnaubte und starrte Flux wütend an. „Ich habe den Knaben schon über Meter gewittert! Warum habt ihr ihn nicht hinausgeworfen?“
„Aber er tut doch gar nichts“, murmelte die Tanuki, in diesem Moment packte das Mädchen Flux an seinem linken Ohr.
„Er hat hier trotzdem nichts verloren! So lange die Frauen auf der Jagd sind, passe ich auf das Dorf auf! Fremde sind hier nicht erwünscht!“ Gerade wollte Flux etwas zu seiner Verteidigung sagen, als sein Blick auf den Kompass fiel, dessen Nadel wie wild im Kreis rotierte. Verdutzt hob er den Kopf und nun stutzte auch sein Gegenüber.
„Wo hast du das her?“, zischte das Mädchen und starrte auf sein Amulett, während Flux Blick auf ihrem Taiji haftete, das sie an ihrem Hosenbund befestigt hatte. Es war gelb und weiß.
„Du bist von Morgana auserwählt?“, fragten beide fast gleichzeitig. Das Mädchen ließ ihn los und trat einen Schritt zurück. Weil Flux höflich war, stellte er sich sogleich vor.
Fassungslos starrte sie ihn an. „Ich bin Akiko, die Amazone“, sie holte tief Luft und stand kerzengerade da, als hätte sie einen Besen verschluckt, „ich bin Magierin und Jägerin von Dämonen und Monstern. Meine Mutter hat mir alles beigebracht, sie ist eine der mächtigsten Amazonen dieses Dorfes.“ Flux starrte das Mädchen mit großen Augen an, in der Schule hatte er schon einmal etwas über die Amazonen gehört, die wilden Kriegerinnen, die keine Männer in ihren Dörfern duldeten. Sie waren die Nachfahren einiger Menschen, die einst in diese Welt gekommen waren. Da sich diese allerdings mit Zauberern, Magiern und Hexen vermischt hatten, wagte es niemand mehr, die Amazonen als Menschen zu bezeichnen, was diese als Beleidigung empfanden. Denn Menschen waren dafür bekannt, völlig unmagisch zu sein und man sagte ihnen viele Schwächen nach. Amazonen hingegen hielten sich für fehlerlos und überlegen.
„Du bist also auserwählt“, die Amazone schien es nicht so recht fassen zu können, „und du bist hier, weil …“
„Weil mir Morganas Kompass den Weg wies“, Flux musste nun an seinen Bruder denken, sicher wurde er schon vermisst.
„Und du kamst ganz alleine her?“ Der Elf schüttelte mit dem Kopf, erzählte ihr, dass es noch andere Auserwählte gab und bot ihr an, mitzukommen. Akiko überlegte einen Moment intensiv und sah zu den Verwandlungskünstlern.
„Ihr bewacht das Dorf“, befahl sie und die Anwesenden nickten. Oben auf dem Dach erschien wieder der neunschwänzige Fuchs:
„Mach’ dir keine Gedanken! Ich werde das Dorf mit meinem Zauber und meiner Magie schützen!“ Die Kitsune und die Tanuki rollten mit den Augen, Akiko folgte derweil Flux zum Tor. Alle Figuren, denen sie auf ihrem Weg begegneten, stieß sie mit dem Fuß an. Ein Ruck ging durch die Statuen und sie begannen sich zu bewegen. Auch sie erhielten den Befehl aufzupassen, besonders deutlich betonte es die Amazone bei den Torwächtern. Die steinernen Löwentiere zogen die Köpfe ein und winselten leise.
„Man bekommt einfach kein vertrauenswürdiges Personal mehr“, zischte Akiko leise, „nicht einmal verzauberte Statuen sind noch das, was sie einmal waren!“ Flux schluckte, lächelte verkniffen und schwieg. Dieses Temperamentsbündel war ihm ein wenig unheimlich, daher erzählte er lieber auch nicht, wer die anderen Auserwählten waren. Sie konnten sich schließlich selbst vorstellen.
„Endlich bist du wieder da“, freute sich Leon, der bis zur Brust im trüben Wasser stand und Flux stellte ihn schnell als seinen Bruder vor.
„Angenehm“, erwiderte Akiko und ein Lächeln huschte über ihr Gesicht. Allerdings wurde es sofort
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