Aurum und Argentum (2) - Die magischen Avatare (German Edition)
Dämonenjäger wäre.“ Dabei sah sie entschuldigend zu Flux, welcher sie aber gar nicht mehr hörte, da er schon eingeschlafen war. „Ich bin sicher, eure Wege werden sich eines Tages kreuzen“, bemerkte die Kentaurin, „ihr seid Brüder, habt den selben Vater und dieselbe Mutter. Das Schicksal und meine Wenigkeit trennten euch. Ich habe nicht die Macht, euch wieder zusammen zu bringen – die Götter schon.“ Leon nickte verständig, ohne Frage, er wollte seinen großen Bruder gerne kennenlernen und erfahren, wie es ihm ergangen war. Hatte sich der alte Mann wirklich gut um ihn gekümmert? Hatte er vielleicht sogar schon eine Familie gegründet? Immerhin musste er inzwischen schon einundzwanzig Jahre alt sein.
Seine Tante versicherte Leon nun, er sei jederzeit hier gerne gesehen und dass sie ihn auch stets in die Herde aufnehmen würde. Er bedankte sich dafür und sah kurz zu Orion. „Mein Platz ist aber in der Gruppe. Wenn dieses Abenteuer vorbei ist, werde ich dich wieder besuchen.“ Seine Tante lächelte. Auch seine Eltern waren stets pflichtbewusst gewesen, was sie angefangen hatten, hatten sie auch immer zu einem Ende gebracht.
„So gefällst du mir, mein Junge. Ich werde in Gedanken immer bei dir sein, so wie bisher.“
Leon nickte, er war glücklich, wenigstens diesen Seitenzweig seiner Familie gefunden und so viel erfahren zu haben. Doch er wusste auch, dass man manchmal im Leben loslassen musste. Denn bereits am folgenden Nachmittag brach die Gruppe wieder auf. Der Kompass zeigte noch immer in dieselbe Richtung, sie mussten endlich herausfinden, wohin er diesmal führte. Brunhilde verstand es und verabschiedete sich wortreich von Leon. Sie gab ihm auch noch etwas Wegzehrung mit und verpflichtete ihre Tochter dazu, ebenfalls Lebewohl zu sagen.
„Halte die Ohren steif, dann schaffst du das schon, Großer“, grinste Camilla und auch ihr Freund gab ihm noch den guten Rat, nicht auf das Geseiere anderer Rassen zu hören.
„Wir Kentauren sind und bleiben die Krone aller Wesen. Wir sind stark und unzähmbar wie eine Naturgewalt. Wir haben Kultur, wir lieben und wir sterben, so wie alle anderen. Trotzdem sind wir etwas Besonderes.“
Der Greif schmunzelte: „Jeder ist etwas Besonderes.“ Doch der junge Kentaur grinste nur etwas abfällig, da ließ es sich Orion nicht nehmen, sich auf die Hinterbeine zu erheben und laut zu brüllen. Lachend ergriffen daraufhin Camilla und der Ihrige die Flucht.
„Gut gebrüllt“, lobte Kleopatra und fügte leise hinzu, „und nun lasst uns verschwinden von diesem nach Pferdemist riechenden Ort.“ Zuvor wurde Leon aber noch kräftig von seiner Tante gedrückt.
„Du bist ein Prachtbursche und wirst schon schaffen, was du dir vorgenommen hast. Deine Eltern wären stolz auf dich, ich bin es allemal.“ Sie winkte ihnen noch lange nach und freute sich bereits auf ein Wiedersehen. Sie fragte sich, ob wohl auch Bruno irgendwann einmal bei ihr wie aus heiterem Himmel auftauchen würde.
Die Vier setzten ihren Weg nun fort, natürlich wurde Leon gefragt, ob er nicht nach seinem leiblichen Bruder suchen wollte, doch er schüttelte mit dem Kopf. Morganas Reise war im Moment das Wichtigste, war sie erst überstanden, konnte er Bruno immer noch aufspüren. Flux war erleichtert, er hatte schon ein klein wenig befürchtet, sein Bruder könne nun eigene Wege gehen. „Wie sollte ich allein zurechtkommen?“, schmunzelte Leon. „Du musst doch auf mich Acht geben. Ohne dich wäre ich dort draußen in der weiten Welt verloren.“ Dies erfüllte Flux’ Herz mit großem Stolz.
„Alles kommt zu dem, der warten kann. Ohne direkt zu suchen führte dich das Schicksal zu deiner Tante“, sinnierte Orion, während sich Kleopatra auf Leons Rücken langweilte.
„Vielleicht finden wir ja endlich meinen Traumprinzen, der mit mir zu Morganas Schloss reitet.“
„Oder der Kompass bringt uns direkt zu einem feuerspeienden Ungetüm, das den Schatz bewacht, den wir bergen sollen“, warf Flux ein und verdarb ihr ein wenig die Laune.
„Wir werden es ja sehen“, glaubte Orion, doch bis es soweit war, lag noch ein Gewaltmarsch vor ihnen. Nacht und Tag wechselten, die Landschaft änderte sich kaum. Elefantenherden zogen von Wasserloch zu Wasserloch, ab und an sahen sie ein Löwenrudel oder andere größere Tiere. Geier kreisten über das Land und auch ein junger Donnervogel, der sie aber zum Glück nicht beachtete.
Kapitel VIII - Die wilden Amazonen
An einem besonders heißen Tag
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