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Aus Dem Dunkel

Aus Dem Dunkel

Titel: Aus Dem Dunkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marliss Melton
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schüttelte den Kopf. »Ich mache mir keine Sorgen um mich, Helen«, erklärte er ihr. »Ich kann auf mich aufpassen.«
    Bei diesen Worten klang er so sehr wie der alte Gabe, dass sie lächeln musste.
    »Ich mache mir Sorgen um dich und Mallory. Solange ich in eurer Nähe bin, ist euer Leben in Gefahr. Euch ist in dem Jahr ohne mich nichts passiert. Also hat man es nicht auf euch abgesehen, sondern auf mich. Deshalb muss ich erst mal von hier verschwinden.«
    »Aber was ist, wenn du dir die Gefahr nur einbildest?«, wagte sie behutsam einen Vorstoß. »Dr. Terrien sagt … «
    »Dr. Terrien weiß einen Dreck«, fiel ihr Gabe ins Wort. Er sprang auf und ging zu seinem Schreibtisch. »Er hat versucht, mich davon zu überzeugen, dass ich paranoid bin – und bei dir ist ihm das offenbar gelungen. Ich weiß, woran ich mich erinnere, Helen, und ich weiß, wenn etwas nicht stimmt. Ob du mir das glaubst oder nicht, ist mir egal.«
    Erschrocken hörte Helen, dass seine Stimme brach. Anscheinend war es ihm doch nicht so egal. Er wollte, dass sie ihm glaubte. Sie stand auf, ging zu ihm und legte ihm die Arme um die angespannten Schultern. Sie wollte ihm ja glauben, aber zugleich wollte sie es auch nicht. Die Möglichkeit, dass jemand Gabe umbringen wollte, stand im krassen Gegensatz zu der Freude über ihre Versöhnung, sie konkurrierte mit der Möglichkeit ihrer neugefundenen Nähe.
    Aber Helen wusste, dass es sinnlos war, zu versuchen, Gabes Meinung zu ändern, wenn er erst einmal einen Entschluss gefasst hatte. Vor Bedauern stiegen ihr Tränen in die Augen, während sie ihn festhielt. »Ich wollte doch nur, dass wir eine normale Familie sind«, sagte sie.
    Er seufzte und drückte sie, wie um ihren Kummer in sich aufzunehmen. »Es tut mir leid«, flüsterte er. »Ich habe auch nicht gewollt, dass es so kommt. Aber es muss sein – so lange, bis ich sicher bin, dass ich keine Gefahr mehr für euch darstelle.«
    Unvermittelt ließ er sie los, trat ans Fenster und schob eine Lamelle der Jalousie hoch, um nach draußen zu spähen. Helen hatte ein Auto vorbeifahren hören. Sie beobachtete Gabe, wie er dem Wagen argwöhnisch nachsah, und es tat ihr im Herzen weh. Wie konnte er denn nicht paranoid sein, wenn er ein solches Verhalten an den Tag legte? Vor Mitleid stiegen ihr erneut Tränen in die Augen. Die Vergangenheit hatte ihm schon grausam genug zugesetzt. Warum konnte er nicht einfach zur Ruhe kommen?
    Er drehte sich um und bemerkte ihre Tränen. »Bitte, wein nicht«, flehte er. Er ging zu seiner Kommode, zerrte T-Shirts und Socken heraus und stopfte sie eilig in den Segeltuchsack. »Ich muss gehen.«
    »Wie kommst du denn morgen zu deinem Termin?«, fragte sie und dachte, dass Dr. Terrien vielleicht in der Lage sein würde, ihm zu helfen.
    »Ich nehme ein Taxi.« Seine knappe Antwort klang nicht ­einmal so, als habe er vor, seinen Psychiater überhaupt aufzusuchen.
    »Du wirst Ärger bekommen, wenn du nicht hingehst.« Wenn es um vorgeschriebene medizinische Behandlungen ging, war das Militär ziemlich pingelig.
    Er lächelte sie schief an. »Meinen Job haben sie mir doch eh schon weggenommen. Was könnten sie mir also sonst noch antun?«
    Damit zog er den Reißverschluss des Seesacks zu und warf ihn sich über die Schulter. »Ich werde zurückkommen«, versprach er. Er trat vor sie und gab ihr einen heißen Kuss auf die Lippen.
    Sie war zu deprimiert, um ihn zu erwidern.
    Er wandte sich um und ging.
    Helen hörte, wie die Haustür ins Schloss fiel. Sie hätte ihm vielleicht anbieten sollen, ihn zu Sebastian zu fahren. Der Master Chief wohnte drüben in Sandbridge. Aber nein, sie wollte nicht an seinem Weggang beteiligt sein. Sonst würde Mallory noch glauben, es wäre ihre Idee gewesen.
    Oh Mallory! Helen schüttelte den Kopf und ließ ihren Tränen freien Lauf. Was sollte sie ihrer Tochter nur sagen?
    Mallory trocknete Priscillas Pfoten mit einem alten Handtuch ab, das im Hauswirtschaftsraum hing. Als sie hörte, wie die Haustür auf- und zuging, hängte sie den Lappen wieder auf und scheuchte den Hund die Treppe hinauf durch den Nieselregen. Gabe erschien auf dem Treppenabsatz, wo die Stufen eine Kehre machten. Über seiner Schulter hing ein großer Navy-Seesack, an dem Mallorys Blick regelrecht kleben blieb. Sie erstarrte bei dem Gedanken daran, was dies bedeuten konnte.
    Er stieg die restlichen Stufen mit leisen Schritten herunter. Der Ausdruck in seinen Augen bestätigte ihre schlimmsten Befürchtungen.
    Sie wusste,

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