Aus Dem Dunkel
genannt hatte.
»Ja«, bestätigte er, erleichtert darüber, dass sie mit ihm sprach – und beeindruckt, dass sie die Weinsorte erkannt hatte.
»Einen guten Kaffeegeschmack hast du auch«, fügte sie hinzu und erinnerte damit an jenen Morgen, als sie Gabe in seinem Haus aufgesucht hatte.
Sebastian entsann sich seines peinlichen Auftritts und errötete, was man ihm, dank seiner mexikanischen Gene, die ihm eine dunkle Haut beschert hatten, nicht ansah. »Stimmt«, sagte er ruhig. »Ich achte sehr darauf, was ich esse und trinke.«
Leila runzelte die Stirn. »Ich auch«, räumte sie ein und trank noch einen Schluck.
Er erkannte die Gelegenheit und nutzte sie. »Dann haben wir ja etwas gemeinsam«, meinte er.
»Glaubst du?« Ihr Tonfall war plötzlich ebenso kühl wie das Glas in seiner Hand.
»Wie kannst du daran zweifeln?« Er nahm einen Schluck, weil er rasch Mut fassen musste. Das Thema »gemeinsame Zukunft« war schneller zur Sprache gekommen, als er sich darauf vorbereiten konnte. »Du weißt doch, dass wir gut miteinander harmonieren.« Herrje, seine Jungs würden sich totlachen, wenn sie ihn so reden hörten.
Leila musterte ihn mit zusammengekniffenen Augen. »Du hast mir versprochen, dass wir miteinander essen würden, sonst nichts.«
»Ah, du hast Hunger«, erkannte er, froh über die Gnadenfrist. Er stellte ihre beiden Gläser vorsichtig im Sand ab, dann machte er sich daran, ihr Abendessen aufzutischen: gegrillte Hähnchenbrust, Kartoffelsalat und gebackene Bohnen.
Leila inspizierte das Mahl. »Hast du das alles selbst gemacht?«, fragte sie.
»Ich koche gern.« Sebastian hob die Schultern. »Und du?«
Sie zuckte ebenfalls mit den Schultern, als wollte sie ausdrücken, dass es ihr gleichgültig war, aber er vermutete, es stimmte nicht. Mit einem selbstgefälligen Grinsen griff Sebastian nach einem Teller und tat ihr auf.
»War dein Mann ein Chauvi?«, fragte er. Ihr Vorwurf nagte noch immer an ihm.
Sie nahm ihren Teller entgegen und stach die Gabel in den Kartoffelsalat. »Er war Türke«, antwortete sie kurz angebunden. »Diese Kultur ist männerorientiert.«
»Aber du bist auch Türkin«, sagte er. »Also hast du doch gewusst, auf was du dich einlässt.«
Sie funkelte ihn an. »Ich bin Amerikanerin«, erwiderte sie. »Ich wurde in Virginia geboren und bin dort aufgewachsen.«
»Ich bin Mexikaner«, sagte er und führte einen Löffel Bohnen zum Mund. »Ich bin in Puerto Vallarta geboren und dort aufgewachsen.«
»Noch so eine männerorientierte Kultur«, murmelte Leila.
Sebastian zuckte mit den Schultern, nicht im Geringsten gekränkt. »Mein Vater starb, als ich zwölf war. Danach hat meine Mutter uns, meine sieben Geschwister und mich, allein großgezogen. Das war nicht leicht für sie. Ein Mann kann im Leben auch ein Partner sein.«
Langsam setzte Leila ihre Gabel ab. »Es tut mir leid, dass dein Vater gestorben ist«, sagte sie, womit sie bewies, dass sie doch ein Herz hatte. Lange Wimpern verbargen ihre Augen, während sie in ihrem Hühnchen herumstocherte.
»Und deine Eltern?«, fragte er. »Wo leben die?«
»Sie sind in ihre Heimat zurückgegangen, an das klare Wasser des Mittelmeers.«
»Geschwister?«
»Ich habe einen Bruder, der in Kalifornien lebt. Wir sehen uns einmal im Jahr.«
Ihre Antwort führte ihm vor Augen, wie einsam sie war. Zwar lebte auch er nicht in der Nähe seiner Brüder und Schwestern, die sich alle in Texas niedergelassen hatten, aber er besuchte sie häufig und rief sie so oft wie möglich an, wenn er nicht gerade auf See oder auf einer Mission war.
Er wollte sie nach ihrem Mann fragen, der sie offenbar verlassen hatte, aber er spürte, dass dieses Thema in Anbetracht der kurzen Zeit, die sie einander erst kannten, immer noch ein Tabu darstellte.
»Hör mal«, sagte sie auf einmal und bestätigte damit seine Vermutung, »Ich bin heute Abend nicht mit dir ausgegangen, um dich besser kennenzulernen.«
Er schenkte ihr ein grimmiges kleines Lächeln. »Warum bist du dann mit mir ausgegangen?«, spielte er das Spiel mit.
»Um mich zu entschuldigen.« Sie trank schnell einen Schluck Wein. »Ich hatte kein Recht, dir meinen Namen vorzuenthalten an … an jenem Abend.« Trotz ihres olivfarbenen Teints blieb ihm nicht verborgen, dass sie rot wurde. »Auch wenn es Männer immerzu so machen, heißt das nicht, dass es in Ordnung ist. Ich hätte dir meinen Namen sagen sollen.«
Er hatte sie danach gefragt. Viele Male. Nenn mich, wie du willst, war ihre kehlige
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