Aus Dem Dunkel
Antwort gewesen. Zuerst hatte es ihn heißgemacht, dass sie alles sein konnte, was er wollte. Für eine Weile war er davon ausgegangen, sie sei eine Nutte. Warum sonst hätte sie sich weigern sollen, ihm ihren Namen zu verraten? Aber später an jenem Abend, als er überrascht festgestellt hatte, wie selbstbewusst sie war, hatte er erkannt, dass sie keine Prostituierte war. Sie war ein braves Mädchen, das mit dem Feuer spielen wollte. Von da an war es sein unbedingter Wunsch gewesen, ihren Namen zu erfahren, aber sie gab ihn einfach nicht preis.
»Entschuldigung angenommen«, erwiderte er, auch wenn es ihn immer noch ärgerte, Monate damit zugebracht zu haben, sie ausfindig zu machen. Er hatte Leute befragt, die im Shifting Sands gewesen waren, und sogar das Sicherheitspersonal, das am Tor Dienst tat. Er hatte es über ihr Autokennzeichen versucht und festgestellt, dass sie an jenem Abend mit einem Mietwagen gefahren war, und die Autovermietung hatte ihm ihren wahren Namen nicht genannt. Unterm Strich war es ihr gelungen, ihre Spuren so gründlich zu verwischen, dass er sich drei Monate lang gefragt hatte, ob er nicht von einer Spionin übers Ohr gehauen worden war.
»Sag mir nur, warum du es getan hast«, verlangte er, obwohl er den Grund zu kennen glaubte. Sie war einsam. Sie hatte Bedürfnisse und Angst vor einer Beziehung.
Seine Frage brachte sie unübersehbar aus der Ruhe. Sie verschränkte ihre Finger. Die Armreife klimperten. »Ich musste … Ich musste es tun«, sagte sie und hob dabei eine Schulter. »Bitte frag mich nicht weiter.«
»Für dich selbst?« Er wollte Klarheit. »Oder für jemand anderen?«
Verständnislos sah sie ihn an. »Was meinst du damit?«
»Hat dich jemand auf mich angesetzt?«
»Natürlich nicht.« Ihre Ratlosigkeit schlug in Belustigung um. »Was denn? Denkst du, ich wäre eine Geheimagentin oder so was?« Sie lachte auf und überraschte ihn damit.
Das Lachen verwandelte ihr Gesicht von einem hübschen in ein atemberaubend schönes. Sebastian hielt die Luft an. Da war sie! Die Frau, die er in den Armen gehalten und die zu ihm aufgelächelt hatte, als sie langsam über die Terrasse des Klubs geschwebt waren, der leuchtende Mond über ihnen, das sanfte Rauschen des Meeres in ihren Ohren.
»Leila«, raunte er und gab auf, so zu tun, als könne er seine Leidenschaft für sie beherrschen. »Du bist die schönste Frau, die mir je begegnet ist. Bitte stoß mich nicht weg. Ich muss dich näher kennenlernen.«
»Nein!«, sagte sie, und ihr Lächeln verflog. Sie rückte von ihm ab, als fürchtete sie, er könnte sich auf sie werfen.
Er war ernstlich versucht, es zu tun. Aber sein Ehrgefühl war stärker als dieser Drang. Sollte sie ihn jemals wieder ermutigen, sie zu berühren, wollte er, dass es mit derselben Wärme geschah, die sie ihm vor drei Monaten gezeigt hatte.
Dennoch wuchs seine Enttäuschung. »Ich werde dich nicht anrühren«, versprach er, als er sah, dass sie im Begriff war, kurzerhand davonzulaufen. »Ich möchte nur deine Gründe hören. Wenn man bedenkt, wie gut wir zusammenpassen, ergibt es doch keinen Sinn, dass du nicht mit mir zusammen sein willst.«
Damit brachte er sie aus der Fassung. Ihr innerer Aufruhr spiegelte sich in ihren Augen wider. Sie war eine komplizierte Frau, das gefiel ihm an ihr, auch wenn ihr Stolz ihn frustrierte.
»Na schön«, sagte sie, nachdem sie stumm mit sich gerungen hatte. »Ich nehme an, ich bin dir eine Erklärung schuldig.« Sie holte zitternd Luft. Ihr Essen und ihr Weinglas standen vergessen auf der Decke. Jetzt würde es ihm nicht mehr gelingen, sie so betrunken zu machen, dass sie ihr Kleid auszog.
»Meine Ehe war kurz und stürmisch«, begann sie. »Ich war nicht die Art von Ehefrau, die mein Mann erwartet hatte, obwohl ich es versucht habe. Weiß Gott, das habe ich. Eines Tages kam ich dann nach Hause und fand mein Haus leer vor. Bis auf meine Kleidung hatte Altul alles mitgenommen. Ich habe ihn nie wiedergesehen. Er ist in die Türkei gegangen«, fügte sie niedergeschlagen hinzu. »Er hatte mir schon damit gedroht, dass er sich eine Frau suchen würde, die besser für ihn sorge … « Sie stockte. »Er hat mir nur einen Haufen Schulden hinterlassen«, ergänzte sie bitter.
Und ein gebrochenes Herz, dachte Sebastian. Er wünschte sich von ganzem Herzen, er könnte diesen Bastard aufspüren und ihm eine Lektion erteilen. Er hatte Leilas ungezügeltes Temperament untergraben, indem er ihr das Gefühl gab, weniger zu sein,
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