Aus Dem Dunkel
Lungenentzündung?«
»Pneumonie«, rief Mallory, aber der Junge aus dem roten Team gab eine falsche Antwort. »Oh, mein Gott. Wie blöd kann man denn sein?«, stöhnte sie.
Helen hielt es nicht länger aus, sich anzusehen, wie Gabe und Mallory vor dem Fernseher ihren Spaß hatten. So wird es nicht bleiben , hätte sie ihre Tochter am liebsten gewarnt. Mach dir keine Hoffnungen, dass er dir jetzt plötzlich ein Vater sein wird. »Mallory, würdest du bitte den Tisch decken?«, bat sie und spürte die Anspannung in ihrer Stimme.
Zu ihrer Überraschung sprangen sowohl ihre Tochter als auch Gabe sofort auf.
»Ich mach das schon«, sagte Mallory zu ihm.
Gabe kam in die Küche geschlendert, und Helens Blutdruck schoss in die Höhe. Sie fühlte sich ohnehin schon wie ein hormonelles Wrack. Das Letzte, was sie jetzt noch gebrauchen konnte, war seine körperliche Nähe.
»Kann ich bei irgendwas helfen?«, erkundigte er sich und warf einen besorgten Blick auf die brutzelnden Schweinekoteletts, die gerade dabei waren, zu verbrennen, wie Helen erkannte.
»Nein, danke«, erwiderte sie und beeilte sich, die Fleischstücke umzudrehen. Als sie den Deckel von der Pfanne nahm, spritzte heißes Öl gegen Helens Unterarm, sodass sie den Glasdeckel beinahe hätte fallen lassen. Scheppernd knallte er zurück auf die Pfanne, während Helen zur Spüle lief, um ihren Arm unter kaltes Wasser zu halten.
Gabe war sofort bei ihr. »Alles okay?«, erkundigte er sich mit offensichtlicher Besorgnis.
War er schon immer so groß gewesen, so aufmerksam? Schnell trat Helen zur Seite und riss ein Küchentuch von der Rolle. »Mir geht’s gut«, erklärte sie und presste das kühle Papier auf die Verbrennung.
Er folgte ihr hinüber zum Herd. »Vielleicht solltest du die Temperatur etwas runterstellen«, schlug er vor und tat es auch schon.
Sie fuhr zu ihm herum. »Schreib mir nicht vor, wie ich zu kochen habe«, warnte sie ihn und zerknüllte das Papiertuch.
Er stand einfach nur da, offensichtlich überrascht von der Vehemenz ihrer Reaktion. »Ich schreibe dir doch gar nichts vor«, erwiderte er. »Ich will nur nicht, dass du dich noch einmal verbrennst.«
»Ich weiß schon, was ich tue«, beharrte sie. »Da brauchst du mir nicht mit deinem autoritären Führungsstil zu kommen.«
Gabe warf Mallory, die wie erstarrt und mit traurigem Gesicht neben dem Tisch stand, einen verblüfften Blick zu.
»Ich dachte, ich hätte dich genug in Ruhe gelassen«, meinte Gabe leise.
Das hatte er tatsächlich. Tage und Wochen und Monate hatte er in irgendwelchen Ecken der Welt verbracht und alle Zeit, die ihm zur Verfügung stand, seinem Team gewidmet. Helen brachte vor Selbstmitleid kein Wort heraus, ihre Kehle schien wie zugeschnürt zu sein. Sie wandte sich von ihm ab, damit er ihren Gesichtsausdruck nicht bemerkte, und rührte sinnlos im Reis herum.
Das Schweigen, das plötzlich in der Küche herrschte, wog so schwer wie das Gefühl der Verzweiflung in Helens Herz. Warum mussten sie das durchstehen, fragte sie sich. Gabes Rückkehr brachte nicht nur ihre Gefühle durcheinander, sondern veranlasste ihre Tochter dazu, sich Dinge zu wünschen, die niemals eintreten würden. Seine Anwesenheit in diesem Haus war vollkommen unsinnig. Er hatte in der Vergangenheit zur Genüge bewiesen, dass er sich weder als Ehemann noch als Vater eignete. Und es war nur eine Frage der Zeit, bis er diesen Beweis erneut antreten würde. Für keinen von ihnen war es fair, diese herzzerreißende Situation noch einmal durchleben zu müssen.
Da Gabe Helens Aufregung spürte und begriff, dass er der Auslöser dafür war, ging er ins Wohnzimmer und ließ sich in einen Sessel fallen. Es würde leichter für Helen sein, wenn er ihr einfach aus dem Weg ging. Ihn um sich zu haben, verunsicherte sie offensichtlich genauso tief, wie ihn die Tatsache, seine Erinnerung verloren zu haben.
Im Fernsehen lief gerade Werbung. Gabe griff nach der Fernbedienung und zappte durch die Programme. Als er zu CNN kam, hielt er inne. Der Gedanke daran, wie viel er im letzten Jahr verpasst hatte, verstörte ihn – Herrgott, in den letzten drei Jahren!
»Die Beziehungen zu Nordkorea bleiben weiterhin angespannt«, verlas der Nachrichtensprecher gerade. »Südkoreas Präsident bemüht sich weiter darum, den Frieden zwischen den beiden Ländern zu erhalten, aber der nordkoreanische Führer Kim Jong-il müsste dafür zunächst das Atomprogramm herunterfahren. Präsident Towers erklärte am Abend,
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