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Aus Dem Dunkel

Aus Dem Dunkel

Titel: Aus Dem Dunkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marliss Melton
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Mal gesehen haben?«
    Mist. Sie zwang sich, ihre verkrampften Hände zu entspannen und locker in den Schoß zu legen. Ein Schnappschuss des anderen Gabe blitzte vor ihrem geistigen Auge auf. »Er war … wie ein junger Gott«, gestand sie ohne jeglichen Spott in der Stimme. »Er sah gut aus, war intelligent und strahlte so eine … Selbstsicherheit aus.« Sie war versucht, es Arroganz zu nennen, aber dann wagte sie es doch nicht. »Ich habe mich einfach zu ihm hingezogen gefühlt«, fügte sie hinzu und spielte damit herunter, wie sehr er sie sofort in seinen Bann geschlagen hatte. Sie war von Gabes Charisma und seinem göttlich guten Aussehen einfach überwältigt gewesen. Seinen Ehrgeiz, der beste SEAL aller Zeiten zu werden, hatte sie voll unterstützt – damals. Er war so anders gewesen als Zachary, Mallorys Vater.
    »Haben Sie damals gewusst, dass er so oft fort sein würde?«, erkundigte sich Dr. Terrien. »Und wenn ja, wie sind Sie damit umgegangen?«
    Was das anging, fand Helen, musste auch sie sich Fehler eingestehen. »Ich nehme an, ich habe mir gedacht, ein Teilzeitvater wäre für meine Tochter immer noch besser, als überhaupt keinen Vater zu haben«, erklärte sie und erweckte dadurch bei beiden Männern den Eindruck, dies wäre der Hauptgrund für sie gewesen, zu heiraten. Die Wahrheit wollte sie unter keinen Umständen verraten: dass sie unsterblich verliebt gewesen war. Aus den Augenwinkeln beobachtete sie, dass Gabe sie völlig überrascht anblickte.
    »Was ist aus Mallorys leiblichem Vater geworden?«, wollte der Arzt wissen.
    Helen seufzte. »Nichts. Ich habe keine Ahnung, wo er ist. Auf jeden Fall hat er sich nie um sie gekümmert.«
    Der Arzt legte die Fingerspitzen aneinander und stützte das Kinn darauf. »Dieser Fall ist wirklich sehr ungewöhnlich«, gestand er. »Viele traumatisierte Opfer wollen einfach die Gewalt vergessen, die sie durchleiden mussten. Das ist völlig normal, vielleicht sogar wünschenswert. Aber Gabriel hat auch die Erinnerung an die beiden Jahre vor seinem Verschwinden verloren. Die Röntgenaufnahmen legen den Verdacht nahe, dass er einen Schlag gegen die rechte Seite seines Schädels abbekommen hat. Verletzungen des Stirnlappens könnten zum Verlust seiner Erinnerung beigetragen haben. Wir wissen es einfach nicht. Aber wir werden Folgendes tun: Ich empfehle, dass wir Gabriels verborgene Erinnerungen an seine Gefangenschaft vorerst ruhen lassen.« An Gabe gewandt fuhr er fort: »Es ist absolut möglich, dass Sie ein ganz normales Leben führen können werden, sich aber nie wieder an diese Zeit erinnern. Woran Sie sich allerdings erinnern müssen , sind die zwei Jahre davor, denn sonst werden Ihr Beruf und Ihre Ehe schwer darunter zu leiden haben. Sind wir uns da alle einig?«
    Gabe nickte kurz, senkte dann aber den Blick. Die Worte des Arztes hatten ihn eindeutig nervös gemacht.
    »Helen?«
    »Ja, natürlich«, sagte sie schnell. Der Arzt hatte offensichtlich sofort erkannt, dass ihre Ehe auf dem Spiel stand.
    »Gut«, meinte dieser. »Ich habe eine Hausaufgabe für Sie beide.«
    Oh, oh! Gemeinsame Aufgaben erforderten einen gewissen Grad an Nähe, und danach war Helen überhaupt nicht zumute.
    »Ich möchte«, fuhr der Arzt fort, »dass Sie heute Abend alle Ihre alten Fotoalben herausholen und sie sich gemeinsam ansehen. Wenn Sie sich an nichts erinnern, was Sie auf den Fotos sehen, Gabriel, dann ist das okay. Ihre Frau wird Sie an ihren eigenen Erinnerungen teilhaben lassen. Mal sehen, ob die Bilder nicht irgendwelche Erinnerungen oder sogar spontane Flashbacks hervorrufen. Wir werden dann in unserer morgigen Sitzung darüber sprechen.«
    Helen hob abwehrend eine Hand. »Das wird ein Problem«, sagte sie. »Ich kann ihn nicht jeden Tag um 14 Uhr hierher bringen. Ich muss arbeiten.« Sie versuchte, nicht zu angespannt zu klingen.
    »Wie wäre es dann mit 16 Uhr?«
    Helen seufzte innerlich. Den Töpferkurs am Nachmittag konnte sie absagen, dann war der Termin um 16 Uhr ohne Weiteres zu schaffen. »Gut«, stimmte sie also zu. »16 Uhr ginge.«
    Der Arzt nickte und sah zu Gabe hinüber. »Möchten Sie noch irgendetwas sagen, Gabriel? Haben Sie irgendwelche Fragen?«
    Helen wandte sich ebenfalls Gabe zu, um seine Reaktion zu sehen. Seit sie hereingekommen war, hatte er nicht besonders viel von sich gegeben. Er hatte seinen Mund grimmig verzogen und hielt die Arme fest vor der Brust verschränkt. »Wie ist Ihre Prognose?«, fragte er ohne Umschweife.
    Dr. Terrien hob die

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