Aus dem Feuer geboren (German Edition)
darüber nachdachte, wie lange er schon dort stand, und wie viel Zeit er den Menschen im Hotel noch geben musste, um zu entkommen. Es gab mehrere Treppenhäuser, und er war sich sicher, dass nicht alle Evakuierungen so gut gelaufen waren, wie die, die er kontrolliert hatte. Waren schon alle draußen? Was war mit den körperlich Behinderten? Sie würden Hilfe brauchen, die Treppen hinunterzukommen. Wenn er jetzt aufhörte, würde das Feuer vorwärtsstreben und das Hotel vereinnahmen – also konnte er nicht aufhören. Solange das Feuer nicht unter Kontrolle war, konnte er nicht aufhören.
Er konnte es nicht löschen, nicht ganz. Aus irgendeinem Grund, sei es, dass er geschwächt war oder abgelenkt, oder dass etwas an diesem Feuer etwas anders war, konnte er es nicht löschen. Das hatte er jetzt akzeptiert. Alles, was er tun konnte, war, die Flammen im Zaum zu halten, bis die Feuerwehr sie unter Kontrolle hatte.
Also konzentrierte er sich darauf, das Feuer zu kontrollieren, statt es zu löschen. Das schonte seine Kräfte, und Dante brauchte jedes bisschen davon. Denn das Feuer hörte nie auf, sich zu wehren, hörte nie auf, um seine Freiheit zu kämpfen. Zeit hatte ihre Bedeutung verloren. Egal, wie lange es dauerte, egal, wie sehr sein Kopf schmerzte – er musste es aushalten.
Irgendwann verlor er die Grenze zwischen sich und dem Feuer aus den Augen. Es war ein Feind, aber es war wunderschön in seiner Zerstörungskraft, es tanzte für ihn, magisch in seinen Bewegungen und Farben. Er spürte dessen Schönheit wie heiße Lava durch seine Adern fließen, spürte, wie sein Körper mit blinder Lust reagierte, bis seine Erektion schmerzhaft gegen seinen Reißverschluss drückte. Lorna musste es auch spüren, aber es gab nichts, was er dagegen tun konnte. Unter diesen Umständen konnte er sich gerade davon abhalten, sich an ihr zu reiben.
Endlich drangen heisere Rufe durch den leiser gewordenen Lärm des Biestes. Dante drehte den Kopf ein wenig zur Seite und sah Feuerwehrmänner, die mit ihren Schläuchen auf ihn zukamen. Schnell löste er die schützende Blase um sie herum auf, auch wenn er damit sich und Lorna dem Rauch und der Hitze auslieferte.
Mit seinem ersten Atemzug brannte sich der Qualm bis ganz hinunter in seine Lungen. Er verschluckte sich, hustete, versuchte, noch einen Atemzug zu nehmen. Lorna fiel leblos auf die Knie, und er ließ sich neben sie fallen, als die ersten Feuerwehrmänner bei ihnen ankamen.
5. KAPITEL
L orna saß auf dem Stoßdämpfer eines der Rettungswagen und hatte eine kratzige Decke eng um sich geschlungen. Die Nacht war warm, aber sie war klatschnass, und sie schien nicht mit dem Zittern aufhören zu können. Sie hatte gehört, wie der Sanitäter sagte, dass sie keinen Schock hatte; auch wenn ihr Blutdruck – verständlicherweise – ein wenig hoch war, war ihr Puls fast vollkommen normal. Sie war nur durchgefroren wegen der Nässe.
Und trotzdem erschien ihr alles um sie herum wie … gedämpft, als gäbe es eine Glasscheibe zwischen ihr und dem Rest der Welt. Ihre Gedanken waren wie betäubt, sie war kaum in der Lage, einen klaren Gedanken zu fassen. Als der Sanitäter sie nach ihrem Namen gefragt hatte, hatte sie sich beim besten Willen nicht daran erinnern können, geschweige denn, ihn auszusprechen. Aber sie hatte sich daran erinnert, dass sie aus Angst vor Dieben nie eine Handtasche mit ins Kasino nahm und stattdessen ihr Geld in eine Hosentasche steckte und ihren Führerschein in die andere, also hatte sie den Führerschein hervorgezogen und ihn dem Sanitäter gezeigt. Es war ein in Missouri ausgestellter Schein, einen anderen hatte sie nicht. Um eine Fahrerlaubnis in Nevada zu bekommen, musste man einen festen Wohnsitz und einen Arbeitsplatz vorweisen. Der Arbeitsplatz war es, der ihr Schwierigkeiten bereitete.
„Sind Sie Lorna Clay?“, hatte der Sanitäter gefragt, und sie hatte genickt.
„Tut Ihr Hals weh?“, war seine nächste Frage gewesen, und das erschien ihr eine genauso gute Erklärung für ihr Schweigen wie alle anderen, also nickte sie noch einmal. Er hatte sich ihren Hals angesehen, kurz einen verwirrten Eindruck gemacht, und ihr dann Sauerstoff zum Atmen gegeben. Sie sollte sich im Krankenhaus untersuchen lassen, hatte er gesagt.
Ja, sicher. Sie hatte bestimmt nicht vor, in ein Krankenhaus zu gehen. Der einzige Ort, an den sie wollte, war weit weg.
Und trotzdem blieb sie genau dort, wo sie war, während Dante Raintree untersucht wurde. Sein Gesicht war
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