Aus dem Jenseits verfolgt (German Edition)
wies tiefe Löcher auf, wie von einer Spitzhacke oder einem ähnlichen Werkzeug. Die Tatwaffe war nirgends zu sehen.
Das Fell des Hundes war blutverkrustet. Fliegen umsummten ihn. Phoebe presste die Hand auf den Mund und wankte zur Seite. Sie musste sich übergeben. Der Tod des treuen vierbeinigen Freundes und die grässliche Weise, auf die er umgebracht worden war, versetzte ihr einen Schock.
Erst nach einer Weile war sie fähig, wieder in den Schuppen zu gehen und eine Zeltplane über den toten Hund zu legen. Sie fragte sich, wer ihn umgebracht hatte, einen Pit Bull, der sich normalerweise nicht so leicht mit Beil oder Hacke erschlagen ließ. Das silbergerahmte Bild aus Randys Zimmer, das jetzt verschlossen war, redete eine klare Sprache.
»Es kann«, flüsterte Phoebe, »nur Randys Geist gewesen sein.«
*
Als Ted Addams von der Arbeit zurückkehrte, fand er Phoebe fassungslos und tieftraurig vor. Der Pit Bull Old Grub war für sie ein vierbeiniger Kamerad gewesen, ein Lebensgefährte, an dem sie sehr hing. Nur jemand, der selbst einen Hund hatte und ihn liebte, wie man zu so einem Tier eine Zuneigung fasste, konnte das verstehen.
»Wer hat das getan?«, fragte Addams, als er den toten Pit Bull sah.
»Randy«, flüsterte Phoebe.
»Der Geist?«, fragte der Farmer sofort.
Phoebe nickte.
»Ich... ich kann mir nichts anderes vorstellen. Old Grub hätte keinen normalen Menschen an sich herangelassen und sich von ihm erschlagen lassen. Der Geist muss ihn überrascht oder gebannt haben.«
Phoebe begrub ihren Hund in der Abenddämmerung unten am Creek. Sie setzte ihm ein kleines Kreuz, auf das sie seinen Namen schrieb. Ihr war es gleich, ob das eine Blasphemie war oder nicht. Ohne den Pit Bull, der ihr auf Schritt und Tritt gefolgt war, würde auf der Farm etwas fehlen. Zudem hatte Phoebe jetzt keinen Wachhund mehr.
»Leb wohl, Grub«, sagte sie. »Es ist schade um dich. Ich weiß nicht, ob ein Hund eine Seele hat, aber wenn du eine hattest, dann bete ich, dass es ihr gut geht. Tschau.«
Damit stand Phoebe ab. Sie hatte ein blaues Kleid angezogen und trug eine Schleife im Haar. Zum Schluss legte sie noch einen Blumenstrauß auf den Grabhügel. Old Grubs Halsband und den Gummiknochen, an dem er öfter genagt hatte, hatte sie ihm mit ins Grab gegeben.
Die Hundeleiche samt Knochen und Halsband war in eine alte Decke gewickelt. Phoebe kehrte zum Haus zurück, in dem schon Licht brannte. Ted Addams trieb gerade die Kühe zu dem Stall, in dem sie gemolken werden sollten. Die Pferde galoppierten noch auf der Weide umher. Die Schweine mussten gefüttert werden. Die Hühner hatten ihr Futter schon aufgepickt und schliefen im Hühnerhaus auf der Stange.
Auf einer Farm gab es immer Arbeit, außer vielleicht im tiefsten Winter, wenn alles zugeschneit war. Phoebe hatte keine Zeit, sich in ihren Kummer zu vergraben. Old Grubs Tod war nach der Trennung von Bill Jackson ein weiterer schwerer Schlag für sie gewesen.
Dazu kam die Angst, die sie plagte. Die Ermordung von Old Grub war ein klarer Beweis, dass der Geist weitere Attacken plante.
Phoebe fütterte das Vieh und ging dann ins Haus, um Ted Addams das Abendessen zuzubereiten. Sie musste ihn nötigen, damit er bei ihr aß.
Phoebe kochte Irish Stew, wieder auf dem Mikrowellenherd, weil es da am schnellsten ging. Die junge Farmerin hatte keine Zeit, sich noch stundenlang an den Herd zu stellen, jetzt, wo sie allein war, schon gar nicht.
Ted Addams saß in der großen Küche, schaute der jungen Frau zu und kaute an seiner kalten Maiskolbenpfeife. Aus Rücksicht auf Phoebe wollte er sie erst nach dem Essen auf der Veranda rauchen.
»Ich will dir nicht noch mehr Arbeit machen, Phoebe«, sagte er.
»Ach was, Ted, ich esse ungern allein und bin dir dankbar für die Gesellschaft. Jetzt habe ich sowieso schon für zwei auf den Herd gestellt. Vor der Arbeit her ist es gleich, ob ich für eine Person oder für zwei koche. Der Energieverbrauch ist ebenfalls der gleiche. – Also zier dich nicht, Ted. Oder musst du dringend zu deiner Farm?«
»Wozu denn? Meine Leute kommen dort schon zurecht. Auf mich wartet niemand, zu dem es mich unbedingt hinziehen würde. Und wenn ich an den Fraß denke, den meine Haushälterin mir auftischt, wundert es mich sowieso, dass ich noch kein Magengeschwür habe. Würde ich nicht ab und zu auswärts essen, wäre ich schon längst eingegangen.«
»Warum suchst du dir denn keine andere Haushälterin?«, klopfte die Farmerin auf den Busch.
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