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Aus dem Leben eines plötzlichen Herztoten - Tagebuch eines Tagebuchschreibers

Aus dem Leben eines plötzlichen Herztoten - Tagebuch eines Tagebuchschreibers

Titel: Aus dem Leben eines plötzlichen Herztoten - Tagebuch eines Tagebuchschreibers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: FUEGO
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mit rissiger Glasur oder einer merkwürdigen gelblichen Eiterbeule, die Ende März als »Osterei« verkauft wird. Den pfeif ich mir natürlich auch rein. Am besten drei hintereinander. Die Wirkung setzt umittelbar ein, zunächst ein gewisses Völlegefühl, dann eine leichte Überzuckerung und schließlich eine große Zufriedenheit mit den herrschenden Zuständen. Doch sobald die Wirkung nachlässt und mir bewusst wird, dass ich nirgendwo mehr Nachschub bekommen werde, schlägt meine Stimmung um in eine große Unzufriedenheit mit den herrschenden Zuständen. Wir Amerikanerjunkies sind natürlich nur hinter dem reinen weißen Stoff her. Amerikaner mit dunkler Unterseite oder Schwarzweiße können mir gestohlen bleiben. Guter Stoff ist immer Weiß, ob es sich nun um Kokain, Heroin, Aspirin oder Ammoniakaner handelt.
    Frag nicht, was du für andere tun kannst, frag lieber, wann sie was für dich tun
    Im Frühjahr blieb mein Auto auf der A45 stehen, weil ein Riemen, der, wie mir später erklärt wurde, praktisch die Hauptschlagader oder die Leber oder Lunge des Fahrzeugs ist, durchgerissen war. Ich stand hinter der Leitplanke bis über die Knie im Schnee und wartete zwei Stunden auf einen Abschleppwagen, der mich in einen Ort namens Waldbröl brachte.
    Das war der Moment, wo ich mich ernsthaft fragte, ob ich eigentlich noch die richtigen Leute kenne. Früher hätte ich in so einer Situation Hamu angerufen. Und wenn Hamu nicht gerade in der Milchbar in Uetze gesessen hätte, wäre er sofort gekommen. Er hätte seinen riesigen, schlecht erzogenen Hund in seinen riesigen, alten Passat gepackt und wäre ohne zu zögern von der Zonengrenze bis ins Sauerland gefahren. Und das alles nur mit einer Kassette von Ten Years After. Ich fahre heute nicht mal mehr in den Baumarkt, ohne fünf verschiedene CDs mitzunehmen, aber es geht hier um die richtigen Leute und nicht um die richtige Musik.
    Hamu hätte etwas länger gebraucht, weil ihm unterwegs noch das Benzin ausgegangen und der Auspuff abgefallen wäre. Das stellt aber für ihn als gelernten KFZ-Mechaniker kein Problem dar, er kann alles reparieren, was einen Motor hat. Vor dreißig Jahren hätte ich also ihn angerufen, und das größte Problem dabei wäre gewesen, im Sauerland ein Telefon zu finden. Heute arbeitet Hamu als Landschaftsgärtner, und ich würde es nicht mehr wagen, ihn nach Waldbröl zu zitieren.
    Die Frage stellte sich mir immer dringender: Wen kenne ich eigentlich noch, der mir wirklich nützlich sein könnte, ohne dass hinterher umfangreiche moralische und handwerkliche Verpflichtungen auf mich zukommen? Es ist nämlich wichtig, dass man selber keine allzu großen Gegenleistungen erbringen muss. Man sollte am besten zwei linke Hände haben oder zumindest den Eindruck erwecken, als könne man keinen Dübel in die Wand bringen. Mir geht dieser Ruf glücklicherweise voraus, obwohl ich gerade erst die Birne in der Kühlschrankbeleuchtung ausgewechselt habe. Da war ich vorher nie drauf gekommen, und unsere vierköpfige Familie irrte acht Jahre lang in einem finsteren Kühlschrank herum, warf Sahnebecher um und legte erstaunliche Schimmelkulturen an, weil man im Dunkeln den Joghurtbecher hinter den Silberzwiebeln nicht mehr sah. Ich habe es aber vermieden, damit anzugeben, weil ich sonst als Kühlschrankexperte ständig von angeblichen Freunden angerufen würde.
    Mein Schwiegervater besitzt insgesamt drei Töchter, und als ich ihn kennenlernte, hatte er die erste mit einem Architekten und die zweite mit einem Orthopäden verheiratet und starrte mich entsetzt an, weil ich kein Jurist war. Damals fand ich das reaktionär, heute leuchtet es mir ein. Ich hätte nichts dagegen, wenn meine Tochter einen KFZ-Mechaniker bzw. Mechatroniker und mein Sohn eine Rechtsanwältin heiraten würde oder auch umgekehrt, also der Sohn die Mechatronikerin und die Tochter den Juristen. Gut wäre auch, wenn beide jeweils einen reichen Erben heiraten würden, weil Geld brauche ich auch oft, und ich kenne keinen, der mir einfach mal welches geben würde.
    Jeder weiß, dass man wenigstens zehn Leute zu seinen Freunden zählen sollte: einen Juristen, einen Zahnarzt, am besten auch einen Zahntechniker, einen Automechaniker, einen, der ein Haus auf Sylt hat und einen, der ein Haus in St. Jean Luz hat, einen Schreiner, einen Trockenbauer, einen Installateur und einen Elektriker. Kennen kann man außerdem: einen Makler, einen Steuerberater, einen Friseur und jemand, der ein Auto mit

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