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Aus dem Überall

Aus dem Überall

Titel: Aus dem Überall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Jr. Tiptree
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während ihm das Lachen in der Kehle erstarb. Es war nur ein kurzer Augenblick gewesen, aber sie fand es eine faszinierende Gelegenheit, abzumessen, wieviel Kraft sie aufbringen konnte – wenn sie wollte, was im Augenblick jedoch nicht der Fall war. Nur – die Nicky Bensons dieser Welt würden ihre gelben Haare nie wieder durch Paulas Abwehrmechanismen zurückgewinnen.
    »Ich zeig das lieber gleich meinem Daddy. Er wird bestimmt Blumen schicken wollen. Vielleicht irgendeine Art, die besonders stark riecht?«
    Ellis stolperte davon und gab sich Mühe, gesetzt auszusehen.
    Aber als Paula ihren Vater aufsuchte, sprachen sie nicht über die Bensons. Er machte einen ganz ungewöhnlich trübsinnigen Eindruck; er ging auf und ab, unterbrach sich mitten im Satz, um auf die Autobahn zu starren, goß sich einen Jack Daniels ein und schob ihn dann, ohne ihn angerührt zu haben, wieder weg. Letzteres weckte in ihr die Überzeugung, daß er nicht nur an den Folgen von Tehatchapi litt. Vielleicht machte er sich Sorgen, daß seiner geliebten Firma nicht wieder gutzumachender Schaden zugefügt worden war? Früher schien er sich nie um das öffentliche Image gekümmert zu haben, allerdings hatte es ein derartiges Problem auch noch nie gegeben. Bestimmt würde es gut sein, noch mehr PR-Arbeit zu leisten.
    Dennoch hatte Paula das merkwürdige Gefühl, daß sie mit all dem nicht den Kern der Sache traf. Er benahm sich ganz genau so, wie sie sich selbst fühlte. Aber was war dann der Kern der Sache? Sie hatte keine Ahnung.
    In diesem Augenblick betrat Girta Grier, Pauls neue junge Assistentin, das Zimmer, um Paul daran zu erinnern, daß heute der Nachmittag war, an dem er und Paula immer Gloria Emstead besuchten.
    »Gut – ja. Ein bißchen frische Luft wird uns gut tun. Gute kalte Nordluft.«
    »Fühlst du das auch, Daddy?« fragte ihn Paula im Auto.
    »Was soll ich fühlen?«
    »Daß wir so etwas brauchen – ein bißchen Nordluft.«
    Anstatt zu antworten, sah er sie nur an, und sie kannten beide die Antwort darauf.
    »Irgendwas verfolgt uns«, murmelte Paul schließlich. »Ich meine, mehr als dieser ganze Mist. Das ist jetzt aus und vorbei. Aber es ist – es ist wie irgend etwas, das wir tun sollten.«
    »Ja.« Und Paula hatte eine ihrer merkwürdigen Inspirationen, die keinen logischen Sinn zu ergeben schienen: »Wir werden Gloria fragen. Ich glaube nicht, daß es sie zu sehr aufregt. Vielleicht weiß sie, was es ist.«
    »Gut. Ich weiß nicht, wieso, aber das scheint eine gute Idee zu sein, mein Kind.«
    Als sie ankamen, war Gloria von ihrer Liege aufgestanden und wanderte mit zittrigen Beinen durchs Zimmer. Sie war ganz atemlos und lachte entschuldigend, als sie ihr beim Hinlegen halfen.
    »Ich bin einfach noch nicht fit genug für sowas.«
    »Aber Sie haben doch nichts zu tun. Machen Sie es sich doch nicht so schwer!«
    »Wirklich? Hab ich nichts zu tun?«
    »Gloria, was meinen Sie? Ist es das, was ich glaube?«
    Es stellte sich bald heraus, daß sie ebenfalls an dem unerklärlichen Unbehagen litt; diesem Unbekannten, das immer dringender getan zu werden verlangte.
    Aber was? Sie konnten es nicht mit Worten definieren, nur mit halben Sätzen und im gemeinsamen Schweigen diskutieren.
    In das Schweigen hinein erzählte Paula plötzlich, wie sie und Paul einmal von einem Gletscher fasziniert gewesen waren und wie sie sich vorgenommen hatten, einmal das Eisland im Norden zu erleben.
    »Wir haben sogar daran gedacht, daß Sie vielleicht gern mitkämen. Natürlich ist das eine verrückte Idee.«
    »Nein«, sagte Gloria mit ruhiger Stimme. »Das ist überhaupt nicht verrückt. Natürlich kann ich nicht jetzt sofort mitkommen. Aber – seht mal, hier!« Sie griff nach einer zusammengefalteten Zeitschrift, die hinter ihr lag, und reichte sie Paula. Darin war ein Bericht über eine Reihe von Erdbeben in der Gegend von McKinley Range, nördlich von Fairbanks, durch die mehrere Gletscher zum Meer geschoben wurden. Ein Foto von einer von Eis umgebenen Bucht mit den Konturen großer Eisberge, die sich spalteten und kalbten, zog Paulas Augen wie ein Magnet an. Als sie es Paul reichte, merkte sie, wie ihr Herz klopfte.
    »Was … was haben wir damit zu tun?« fragte Gloria Emstead, nur halb im Spaß, und wartete neugierig auf ihre Reaktion.
    Sie wußten es nicht. Wer konnte es wissen?
    Aber plötzlich nahm eine Idee in Paulas Kopf Gestalt an, so intensiv, daß es ihr vorkam, als wäre in ihrem Innern eine helle Lampe angeknipst

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