Aus dem Überall
fein geschnitten – einen Zug, den er stets bewundert hatte. Er merkte, daß er ein paar Worte sagen mußte.
»Ich heiße Jakko. Und du?«
»Jakko.« Sie ließ den Laut auf der Zunge zergehen. »Hallo, Jakko. Ich bin Pfirsichdiebin.« Sie verzog das Gesicht zu einem flüchtigen Lächeln, aber dieses Lächeln verwandelte sie völlig.
»Pfirsichdiebin.« Etwas drängte ihn, ihr mit ausgestreckten Armen entgegenzugehen. Sie klemmte ihr Bündel mit dem Ellbogen an den Körper und nahm seine Hände in ihre. So standen sie einen Moment lang, vermieden es jedoch, sich in die Augen zu schauen. Jakko war erregt. Nicht sexuell – er hatte eher das Gefühl, als sei die Luft elektrisch geladen.
»Schön.« Sie löste die Hände und began ein blätterumhülltes Paket zu öffnen. »Ich habe dir ein Stück von einer Wabe mitgebracht, auch wenn sie noch nicht ganz fertig ist.« Sie zeigte ihm einen klebrigen Rahmen, an dem zwei tote Bienen hingen. »Komm!«
Sie betrat jetzt einen anderen Gang und führte ihn in einen blitzenden Raum, der an ein Labor erinnerte.
»Meine Vorratskammer«, erklärte sie. Wieder zeigte sich Jakko verwirrt. Sie besaß einen Speisen-Synthesizer, aber daneben standen Regale mit Töpfen, Säcken, Gläsern und sonstigen Behältern. Überall lagen Geräte herum, mit denen er nichts anzufangen wußte. Sogar einen Kamin gab es, der allerdings zum Teil zugemauert war. Von Deckenleisten hingen Büschel mit getrockneten Pflanzenteilen, und in einer Schüssel fand er bräunliche Ovale, die wohl Eier darstellten. Von den Hühnern?
Pfirsichdiebin schabte die Honigwabe mit einem Handmesser aus. »Ich brauche das Wachs für meinen Webstuhl und für Kerzen. Kerzen geben Licht.«
»Funktioniert die Beleuchtung hier nicht?«
»Doch.« Sie drehte sich um und fuchtelte mit dem Messer. »Aber versteh doch – eines Tages werden all diese Maschinen stillstehen. Sie laufen nicht ewig. Entweder sie gehen kaputt oder werden vom Alter brüchig – oder sie haben ganz einfach ihre Energie verbraucht. Und wenn es keine Maschinen mehr gibt, werden wir auf die Natur angewiesen sein.«
»Aber das dauert doch noch Jahrhunderte!« widersprach er. »Zumindest Jahrzehnte. Bis jetzt funktioniert noch alles, und für uns reicht das längst.«
»Für dich vielleicht«, sagte sie verächtlich. »Nicht für mich. Ich habe die Absicht, hierzubleiben. Mit meinen Kindern.« Sie kehrte ihm den Rücken zu und meinte dann etwas freundlicher: »Außerdem sind die alten Dinge schön. Du wirst es selbst sehen, sobald es dunkel ist.«
»Aber du hast gar keine Kinder, oder?« Er war völlig verwirrt.
»Bis jetzt noch nicht.« Sie schaute ihn immer noch nicht an.
»Ich habe Hunger«, meinte er und betätigte den Speisen-Synthesizer. Er wählte eine Stange mit harter Füllung; aus irgendeinem Grund wollte er etwas Festes zwischen den Zähnen spüren.
Sie schabte die Honigwabe fertig und drehte sich dann um. »Hast du je Naturkost probiert?«
»O doch«, erwiderte er kauend. »Einer meiner Onkel hat das versucht. Es war gar nicht so schlecht«, fügte er höflich hinzu.
Sie musterte ihn scharf, und ein flüchtiges Lächeln huschte über ihre Züge – an, aus. Sie verließen die Vorratskammer. Über dem Hof verblaßte der Nachmittag in orangegoldenen Streifen, die an Pfirsichdiebins Seidentücher erinnerten.
»Du kannst hier schlafen.« Sie öffnete eine aus Holzleisten zusammengenagelte Tür. Der Raum dahinter war klein und karg eingerichtet, mit einem Fenster, das zum Meer ging.
»Da steht ja kein Bett«, wandte er ein.
Sie öffnete eine Truhe und holte ein großes Schnürebündel hervor. »Befestige das eine Ende an dem Haken da drüben!«
Als sie das andere Ende an der gegenüberliegenden Wand verankert hatte, erkannte er eine grobmaschige Hängematte.
»Ich schlafe auch in sowas. Die Dinger sind bequem. Versuch es mal!«
Er kroch ungeschickt hinein. Das Netz hüllte ihn ein wie ein Sack. Pfirsichdiebin lachte kurz auf.
»Nein, andersherum – so!« Sie zerrte an seinen Beinen, und ein Schauer durchfuhr ihn. »Auf diese Weise spannt sie sich, siehst du?«
Zur Not ging es, entschied Jakko und kämpfte sich wieder zu Boden. Pfirsichdiebin deutete auf einen zugedeckten Kübel.
»Wenn du mußt! Die Exkremente kommen später in den Garten.«
Er war entsetzt, sagte aber nichts. Sie führte ihn durch einen Raum mit Glastanks in den Wänden zu einer großen, geschützten Veranda, die einen weiten Ausblick über das Meer bot. Der Ort
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