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Aus dem Überall

Aus dem Überall

Titel: Aus dem Überall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Jr. Tiptree
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wirkte nicht gerade sauber. Schimmernde Kuppeln und Türme ragten in den Himmel, Reflexionen des Sonnenuntergangs, der herrliche Farben auf das Wasser zauberte.
    »Hier esse ich meist.«
    »Was ist das für ein Haus?«
    »Zuletzt diente es wohl als Beobachtungsstation – Station Juliet. Von hier aus überwachte man die Fischschwärme und den Schiffsverkehr, rettete Menschen aus den Fluten und so weiter.«
    Er achtete nicht so recht auf ihre Antwort, denn er hatte ein paar langgezogene, taubenblaue Streifen entdeckt, die wie geheimnisvolle Straßen am Horizont zusammenliefen – über die Welt geworfene Wolkenschatten. Schönheit des Staubes. Warum mußte ihn das so bewegen?
    »… sogar ein Erste-Hilfe-Posten«, sagte sie gerade. »Ich könnte wirklich Babies kriegen, selbst wenn nicht alles glatt verläuft.«
    »Das meinst du doch nicht im Ernst.« Er spürte imMoment nur Ärger. »Außerdem habe ich jetzt keine Lust mehr auf Sex«, erklärte er ihr.
    Sie zuckte die Achseln. »Ich auch nicht. Wir sprechen später darüber.«
    »Lebst du schon immer hier?«
    »Aber nein.« Sie begann Töpfe und Schüsseln aus einer Isolierbox zu holen. Die drei Mondhunde hatten sich lautlos zu ihnen gesellt. Pfirsichdiebin stellte gefüllte Näpfe vor sie hin. Sie fraßen und warfen Jakko dazwischen verstohlene Blicke zu. Er wußte, daß sie trotz ihres extrem schlanken Körperbaus ungemein kräftig waren.
    »Setzen wir uns hierher!« Sie ließ sich in einer Ecke der Veranda nieder und biß herzhaft in ein krustiges Etwas, das an Trockenkost erinnerte. Er bemerkte, daß sie prachtvolle Zähne hatte. Sie hoben sich weiß von ihrer dunklen Haut ab und ließen ihre Augen strahlen. Er war noch nie jemandem begegnet, der so völlig anders aussah als er und seine Familie. Er schwankte zwischen Interesse und einer vagen Unruhe.
    »Versuch mal den Honig!« Sie reichte ihm einen Behälter und einen Löffel, der durchaus sauber aussah. Jakko kostete neugierig. Von Honig war in alten Schriften oft die Rede. Anfangs spürte er nichts außer einem weichen Gleiten, aber dann hüllte eine überwältigende Süße seine Zunge ein, ganz anders als bei den Süßspeisen, die er kannte. Sie verschwand nicht, sondern schien in die Nase aufzusteigen, zu den Ohren vorzudringen – er spürte sie fast körperlich. Ein tierisches Produkt! Er nahm vorsichtig noch einen Löffel.
    »Mein Brot biete ich dir lieber nicht an. Ich glaube, da fehlt irgendein chemischer Zusatz, der es lockert.«
    »Hast du denn keinen Lebensmittel-Terminal?«
    »Mit dem stimmt was nicht«, erklärte sie mit vollem Mund. »Vielleicht kann ich auch nicht richtig damit umgehen. Meine Leute waren ein Wanderstamm, die besaßen nie so Riesenapparate. Sie glaubten außerdem an das sinnliche Erleben.« Pfirsichdiebin nickte und leckte sich die Finger ab. »Sie gingen zum Fluß, als ich vierzehn war.«
    »So früh haben sie dich allein gelassen? Meine Familie wartete bis zu meinem achtzehnten Geburtstag.«
    »Ich war nicht allein. Ich hatte zwei ältere Vettern. Aber die wollten mit einem Luftauto nach Norden, zu jenem Teil des Flusses, der den Namen ›Zuflucht‹ trägt. Da machte ich nicht mit. Weißt du, wir waren immerzu gewandert, ohne irgendwo richtig zu bleiben. Ich wollte Wurzeln schlagen – wie die Pflanzen.«
    »Ich könnte das Programm mal überprüfen«, schlug er vor. »Ich war fast ein Jahr in den Städten und kenne die verschiedensten Modelle.«
    »Was ich brauche, ist eine Kuh. Oder eine Ziege.«
    »Warum?«
    »Wegen der Milch. Ein Paar wäre noch besser.«
    Schon wieder Tierprodukte! Er schüttelte sich insgeheim. Aber es war angenehm, hier in der tiefblauen Dämmerung neben ihr zu sitzen und weit unten das gleichförmige Branden des Meeres zu hören.
    »Ich habe eine Menge Pferde gesehen«, erzählte er. »Geben die nicht auch Milch?«
    »Ich glaube nicht, daß sich Pferde als Milchtiere eignen.« Sie seufzte ein wenig übertrieben, so als müßte sie für alles gleichzeitig sorgen. Er hatte den Eindruck, daß in ihrem Kopf Pläne und Absichten kreuz und quer schossen.
    Plötzlich schaute sie auf und preßte einen hohen, schrillen Pfeifton zwischen den Vorderzähnen hervor: »Sssswwt! Sssswwt!«
    Verblüfft sah er am Himmel ein weißes Fluggeschöpf auftauchen, gefolgt von zwei Gefährten. Sie umflogen die Veranda in so engen Kreisen, daß er den Kopf einzog.
    »So ist es brav!« lobte Pfirsichdiebin die Vögel. »An die Arbeit!«
    »Was sind das für Tiere?«
    »Meine

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