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Aus dem Überall

Aus dem Überall

Titel: Aus dem Überall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Jr. Tiptree
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hierbleiben und Kinder großziehen will? Vielleicht bin ich die allerletzte, die das tut.«
    »Das ist sehr wichtig«, sagte er langsam. Er fühlte eine tiefe Verwirrung in seinem Innern. »Aber ich kann es nicht glauben, verstehst du, ich …«
    »Ich meine es ernst!« Sie sprach mit ungeheurer Überzeugungskraft. »Ich werde hier leben und Kinder bekommen, entweder von dir oder von einem anderen Mann, wenn du nicht bleibst, und ich werde ihnen beibringen, im Einklang mit der Natur zu leben.«
    Plötzlich glaubte er ihr. Eine vollkommen neue Empfindung erfaßte ihn; sie barg Sonnenaufgänge und Erdfesseln, die keinen Namen besaßen, die weh taten, ohne daß er den Schmerz zu fassen bekam. Es war, als ob sich in ihm eine eingerostete Tür öffnete. Vielleicht war es das, wonach er so lange gesucht hatte.
    »Vielleicht – vielleicht kann ich dir doch helfen. Vielleicht bleibe ich bei dir, eine Zeitlang zumindest. Bei unseren – unseren Kindern.«
    »Du willst einen Monat warten?« fragte sie verwundert. »Im Ernst?«
    »Nein, ich meine – ich könnte länger bleiben. Ich will mehrere Kinder machen und sie sehen und sie großziehen helfen, wie es Vater tat. Wenn ich Abschied von ihm genommen habe, komme ich wieder her, und dann bleibe ich.«
    Ihre Miene veränderte sich. Sie neigte sich zu ihm und nahm sein Gesicht zwischen die schmalen, dunklen Hände.
    »Jakko, hör zu! Wenn du zum Fluß gehst, wirst du nie zurückkehren. Keiner hat das je geschafft. Ich werde dich nie wiedersehen. Wir müssen es jetzt versuchen, ehe du gehst.«
    »Aber ein Monat ist zu lang!« protestierte er. »Der Geist meines Vaters wird nicht mehr da sein. Ich komme ohnehin schon viel zu spät.«
    Sie starrte ihm eine Minute lang in die Augen und ließ ihn dann mit einem leisen, sanften Lachen los. »Ja. Außerdem ist es höchste Zeit zum Schlafengehen. Komm jetzt!«
    Sie nahm die Kerze und führte ihn zurück zu seiner Kammer, und er staunte von neuem über die vielen merkwürdigen Dinge, die sie zusammengetragen hatte. »Was ist das da?«
    »Meine Webstube.« Gähnend griff sie nach einem groben Stück Tuch und hielt es hoch. »Das habe ich selbst gemacht.«
    Es war häßlich, fand er. Häßlich und armselig. Warum solche sinnlosen Dinge herstellen? Aber er war zu müde zum Diskutieren.
    Sie ließ ihn allein, damit er sich am Brunnen im mondhellen Hof waschen konnte, nachdem sie ihm einen weiteren Platz im Garten gezeigt hatte, an dem er seine Bedürfnisse verrichten konnte. Die Exkremente anderer Leute rochen schlecht, stellte er schläfrig fest. Ob das die Ursache für all die Kriege in der Vorzeit gewesen war?
    In seiner Kammer angelangt, taumelte er in die Hängematte und schlief auf der Stelle ein. Seine Träume in dieser Nacht waren chaotisch – Menschenmengen, Stürme, die durch fremde Dimensionen drängten und tobten. Das letzte Bild, an das er sich erinnerte, war das eines gewaltigen Wirbelwinds, der einen Edelstein in seine Stirn bohrte, und dieser Edelstein war eine schlafende Frau, zusammengekauert wie ein Embryo.
    Er wachte im rosigen Dämmerlicht auf; ihr braunes Gesicht beugte sich mit einem Koboldlächeln über ihn. Er gewann den Eindruck, daß sie ihn bereits eine Weile beobachtete, und er sprang rasch aus der Hängematte.
    »Faulpelz!« rief sie. »Ich habe das Segelboot entdeckt. Iß schnell und komm!«
    Sie reichte ihm einen Holzteller mit glänzenden Naturfrüchten und führte ihn dann in den Garten. Die Morgensonne strahlte.
    Drunten am Strand wandte sie sich ein Stück nach Süden, und dort schaukelte das kleine Boot umgekippt in den Wellen, umgeben von einem Gewirr aus Segeln und Leinen. Der Kiel war immer noch herausgeklappt. Sie rollten das Segel ungeschickt zusammen und zerrten das Boot in tieferes Wasser, um es dort aufzurichten.
    »Ich möchte es für die Kinder«, erklärte Pfirsichdiebin aufgeregt ein um das andere Mal. »Mit den Dingern kann man auch auf Fischfang gehen. Oh, sie werden begeistert davon sein!«
    »Stemm dein ganzes Gewicht auf den Kiel und zieh an der Seitenreling!« meinte Jakko und tat das gleiche. Er sah, daß sich ihre seidenen Tücher lösten. Sie hatte hohe Brüste mit einem breiten Hof, ganz anders als die Frauen seines Stammes. Der Anblick lenkte ihn ab, seine Schenkel verweigerten den Dienst, und er rutschte mit der Hand vom Geländer ab; das Boot richtete sich auf und drückte ihn unter Wasser. Als er wieder auftauchte, sah er Pfirsichdiebin gerade noch katzengewandt an Bord

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