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Aus dem Überall

Aus dem Überall

Titel: Aus dem Überall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Jr. Tiptree
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des Todes – all das glitt ab von ihm, und er fühlte sich unsäglich leicht und froh. Er wußte, daß er berührt wurde, daß er für alle Zeiten in jenen unsterblichen Strom hinausschwimmen konnte. Aber noch während das Verlangen ihn umfaßt hielt, erinnerte ihn sein Menschenverstand daran, daß dies nur die erste Phase war, daß man den Fluß aus diesem Grunde auch BEATA nannte. Er dachte an das Geistergeschöpf, das zu lange geblieben war. Er mußte jetzt umkehren, rasch! Mit unendlicher Mühe trat er einen Schritt zurück, aber er fand nicht die Kraft zur Umkehr.
    »Jakko! Jakko! Komm zurück!«
    Jemand rief, schrie seinen Namen. Endlich wandte er sich um und sah sie auf dem Hügelkamm stehen. Ganz nahe und doch so weit weg. Die normale Erdensonne fiel hell auf sie und die beiden weißen Tiere.
    »Jakko! Jakko!« Sie rannte ihm mit ausgestreckten Armen entgegen.
    Es war, als riefe die schöne Erde selbst nach ihm, als wollte sie ihn zurückholen, damit er die Last des Lebens und des Todes auf sich nehme. Er wollte es nicht. Aber Pfirsichdiebin durfte nicht hierherkommen, das wußte er, ohne sich erinnern zu können, weshalb. Er begann ihr unsicher entgegenzuwanken, sah die Frau, die er liebte, und ein unbekanntes Geschöpf, das seltsame Schreie ausstieß.
    »Herrin Tod«, murmelte er, ohne zu merken, daß er stehengeblieben war. Sie lief schneller, stolperte, wäre um ein Haar in die Abfallberge gestürzt. Wieder kam ihm zu Bewußtsein, daß sie nicht bis zu ihm kommen durfte; er tat ein paar Schritte, und der Druck von seinen Schläfen wich.
    »Jakko!« Sie erreichte ihn, umklammerte ihn, zerrte ihn mit aller Kraft fort vom Rande des Flusses.
    Mit ihrer Berührung kehrte die Wirklichkeit seines Menschendaseins zurück, sein Herz pumpte Menschenblut, alle Sterne flohen. Er begann unbeholfen zu laufen, schleppte sie mit sich in die Sicherheit des Hügelkamms. Endlich sanken sie keuchend neben den Tieren nieder, umarmten und küßten sich mit Tränen in den Augen.
    »Ich dachte, du seist verloren, ich dachte, ich hätte dich verloren«, schluchzte Pfirsichdiebin.
    »Du warst meine Rettung.«
    »H-hier«, stammelte sie. »Wir m-müssen etwas essen.« Sie kramte in ihrem Rucksack und nickte entschieden, als könnten diese einfachen Menschengewohnheiten sie gegen die unirdischen Kräfte schützen. Jakko stellte fest, daß er sehr hungrig war.
    Sie aßen und tranken im weichen, blumenübersäten Gras, während die weißen Tiere in ihrer Nähe ästen. Pfirsichdiebin musterte den breiten, von Menschengegenständen überhäuften Talboden und runzelte die Stirn.
    »Soviel nützliches Zeug liegt hier herum. Eines Tages, wenn der Fluß fort ist, werde ich wiederkommen und alles durchsuchen.«
    »Ich dachte, du legst besonderen Wert auf die Dinge der Natur«, neckte er sie.
    »Es gibt hier Sachen, die halten ewig. Schau!« Sie holte ein winziges Werkzeug hervor. »Eine Ahle! Zum Ledernähen. Damit kann man Kindersandalen machen.«
    Viele der Menschen, die zum Fluß gepilgert waren, hatten sicher ein einfaches Leben geführt. Vielleicht gab es wirklich noch einige nützliche Geräte. Metall. Und Bücher. Beschreibungen bestimmter Herstellungsverfahren. Er legte sich verträumt ins Gras und sah sich bereits als geschickten Handwerker, der sein Wissen und Können an die Kinder weitergab. Das schien durch und durch gut.
    »Oh, mein Milchtier!« unterbrach Pfirsichdiebin seinen Traum. »Nein! Das darfst du nicht!« Sie sprang auf.
    Jakko hob den Kopf und sah, daß sich das weiße Muttertier bis an den unteren Rand des Grashanges vorgewagt hatte. Pfirsichdiebin lief hinterdrein und rief: »Komm zurück! Halt!«
    Stur wanderte das Tier weiter und rupfte hier und da an einem Büschel Gras. Pfirsichdiebin rannte schneller. Das Tier warf den Kopf hoch und verließ den Grashang, suchte zwischen den Abfallhaufen umher.
    »Nein! Die Milch! Komm hierher zurück, komm!«
    Sie folgte dem Tier jetzt etwas ruhiger und versuchte es vorsichtig an sich zu locken.
    Jakko war besorgt aufgestanden.
    »Kehr um! Du darfst da nicht hinunter!«
    »Die Milch für unsere Babies!« wimmerte sie und warf sich auf das Tier. Sie verfehlte es, und es lief ein paar Schritte weiter.
    Zu seinem Entsetzen sah Jakko, daß die flimmernde Säule des Flusses ihre Form leicht verändert hatte. Dicht vor dem Tier tauchte ein silbriger Lichtfinger auf.
    »Kehr um! Laß es laufen!« schrie er und rannte selbst los, so schnell er konnte. »Pfirsichdiebin – komm

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