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Aus dem Überall

Aus dem Überall

Titel: Aus dem Überall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Jr. Tiptree
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entfernt war.
    Eine Reihe heftiger Stöße weckte sie. An den Fenstern flogen rosa Nebelfetzen vorbei. Das Luftschiff schien in eine Landebucht zu gleiten. Jakko schaute in die Tiefe und sah Gras und Sträucher. Offenbar steuerten sie einen Berghang an.
    Der Computer erwachte wieder zum Leben. »BITTE PROGRAMM AUF UMKEHR ZUR BASIS EINSTELLEN!«
    »Nein«, erklärte Jakko. »Wir brauchen das Schiff noch für den Heimflug.« Pfirsichdiebin lächelte ihn dankbar an; er spürte, daß sie ihm jetzt Glauben schenkte. Jakko schaltete die Steuerung auf Standby, während Pfirsichdiebin den Speisen-Synthesizer bediente. Die Luft entwich zischend aus den Gasbehältern. Jakko sah, daß Pfirsichdiebin neben der Toten stand.
    »Wir schaffen ihren … ihre Leiche ins Freie, ehe wir zurückfliegen«, sagte Pfirsichdiebin. »Vielleicht nimmt der Fluß sie irgendwie auf.«
    Jakko bezweifelte es, aber er nahm schweigend sein Proteinfrühstück zu sich.
    Als sie das kleine Wasch- und Toilettenabteil aufsuchten, um sich herzurichten, merkte er, daß er keine Lust hatte, die Spuren der Nacht zu tilgen. Pfirsichdiebin schien ähnliches zu empfinden, denn sie wusch sich nur Gesicht und Hände. Er warf einen Blick auf ihren biegsamen Körper, den jetzt wieder Seidentücher verhüllten. Wuchs in ihr bereits jetzt ein Kind, sein Kind? Von neuem flammte Verlangen in ihm auf, aber er wußte, daß eine Menge Arbeit vor ihm lag. Das Versprechen, das er seinem Vater gegeben hatte, mußte eingehalten werden. Je eher er es erfüllte, desto besser.
    »Ich liebe dich«, sagte er zögernd, und die sonderbaren Worte klangen echt und wahr.
    Sie lächelte strahlend, nicht so flüchtig wie sonst. »Ich glaube, ich liebe dich auch.«
    Das Licht in der Bodenluke begann zu blinken. Die beiden entriegelten sie und fanden eine Klapptreppe, die in die Tiefe führte. Die Hunde liefen voraus in eine Welt rasch dahinziehender, graurosa gefärbter Nebelfetzen. Wolken umströmten sie, und der Wind schien zum Gipfel hin zu wehen, der ein Stück über dem Landeplatz aufragte. Der Boden unter ihren Füßen wirkte uneben. Das kurze weiche Gras war allem Anschein nach von Tieren abgefressen.
    »Alle Winde wehen zum Fluß«, zitierte Jakko.
    Sie begannen den Hang zu erklimmen, gefolgt von den Mondhunden, die nervös die Ohren aufrichteten. Vielleicht störte es sie, daß sie nicht wittern konnten, was vor ihnen lag, dachte Jakko. Pfirsichdiebin hielt seine Hand ganz fest, als sei sie entschlossen, ihn vor jeder Gefahr zu schützen.
    Als sie die flache Hügelkuppe erreichten, teilten sich die Nebel unvermittelt, und sie schauten hinunter in ein weites, sonnenhelles Tal. Unwillkürlich blieben beide stehen, erstarrt von dem bizarren Anblick, der sich ihnen bot.
    Zu ihren Füßen breitete sich ein Abfallberg aus, Kilometer um Kilometer zurückgelassener Dinge, die den Talboden beinahe unter sich begruben. Gegenstände jeglicher Beschreibung häuften sich auf. Jakko erkannte Kleider, Bücher, Spielzeug, Geschmeide, Myriaden von Instrumenten und Geräten. Das war wohl die Habe, welche die Menschen bis zuletzt mitgeschleppt hatten, bis hin zum Fluß. Auf halber Höhe entdeckten sie einen Ring von Boden- und Luftautos. Sogar Lastwagen standen umher. Alles wirkte gut erhalten, das Metall blitzte, als habe der Verfall in der Nähe des Flusses haltgemacht.
    Jakko stellte fest, daß der Ring aus Zelten und Fahrzeugen einige ältere und allem Anschein nach größere Ringe schnitt. Die Müllhalde schien kein Zentrum zu haben.
    »Der Fluß hat sich verlagert – oder ist geschrumpft«, meinte er.
    »Beides, glaube ich.« Pfirsichdiebin deutete nach rechts. »Siehst du, eine alte Verteidigungsanlage!«
    Ein großer, grasbedeckter Buckel beherrschte die Anhöhe, auf der sie standen. Jakko sah, daß sich in seine Flanken metallgeränderte Schlitze befanden. Er kannte die historischen Fakten: Als die ersten Flußausläufer die Erde berührten, waren viele Menschen noch von Herrschern regiert. Und manche dieser Herrscher hatten versucht, ihre Untertanen am Fortgehen zu hindern. Sie hatten Wachen um die Flußstationen aufgestellt und sogar Tötungsmaschinen im Boden vergraben. Aber die Wächter waren selbst zum Fluß gegangen, oder der Fluß hatte sich ausgedehnt und sie mitgerissen. Und die Menschen hatten Tiere über den verminderten Boden getrieben und waren ihnen in einigem Abstand gefolgt, um sich in den Strudel der Ewigkeit zu werfen. Am Ende waren die Herrscher entweder gestorben oder

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